Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft

Translating Digital Transformations

Zur Relevanz kulturanthropologischer Übersetzungen technologischer Transformationen

 

28. Februar 2023 bis 02. März 2023

Bilinguale Tagung (Deutsch/ Englisch) am Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft, Universität Tübingen

 

Call for Papers:

Die Einbindung neuer digitaler Technologien und Medien in die Gesellschaft ist selten reibungslos. Vielmehr erzeugt sie soziale, kulturelle sowie emotionale Transformationen und führt zu Prozessen hochgradig konfliktreicher Aushandlung. Immer wieder stehen wir als Gesellschaft vor der Frage: Wie wollen wir gemeinsam in einer Welt leben, in der wir von digitalen Technologien umgeben und durch sie verbunden sind? Ausgehandelt werden die Antworten auf diese Frage selten explizit, sondern vielmehr im Alltag selbst. Sie werden sichtbar in den Praktiken des Umgangs mit digitalen Technologien, den damit verbundenen Erfahrungen und gegenwärtigen Diskursen, die wiederum Einstellungen, Wertvorstellungen und Imaginationen technologischer Zukünfte prägen.

Die Empirische Kulturwissenschaft/Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie – dabei insbesondere die Digitale Anthropologie – ist prädestiniert, um sich diesen konfliktreichen Aushandlungsprozessen analytisch zu widmen und die technologischen Transformationen mittels kulturanthropologischer Übersetzung verstehbar zu machen. Sowohl gegenwartsorientierte (ethnografische und qualitative) als auch kulturhistorische Methoden eröffnen hier differenzierte und empirisch fundierte Einsichten, die einerseits ein emisches Verstehen technologisch geprägter Lebenswirklichkeiten ermöglichen, dabei aber zugleich die alltäglichen Ambivalenzen und gesellschaftlichen Widersprüche in der Aneignung digitaler Technologien aufzeigen.

Die mit diesen Zielen verbundene Forschung der Empirischen Kulturwissenschaft möchte damit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden. Sie will Grundlagenwissen erschließen, auf dessen Basis gesellschaftliche Debatten über die sogenannte "Digitalisierung" auf differenziertere Weise geführt werden können. Dabei versteht sie ihre Rolle nicht als die einer wertenden Instanz. Als kulturanthropologische Übersetzerin macht sie die alltagskulturellen Verflechtungen zwischen Menschen und digitalen Technologien für diejenigen nachvollziehbar, denen sie fremd erscheinen.

Die Disziplin muss sich aber zugleich selbstkritisch die Frage stellen, ob sie genug tut, um diesen Anspruch auch zu vertreten. Inwiefern und für wen wird die Analyse jener konfliktreichen Aushandlungsprozesse konkret relevant? Was lässt sich bewegen, indem wir das Leben mit und durch digitale Technologien in bestimmten alltagskulturellen Bereichen für andere nachvollziehbarer machen? Welche Art des gesellschaftlichen Diskurses über die "Digitalisierung" hofft die Empirische Kulturwissenschaft dadurch mitzugestalten?

Diesen Fragen möchte sich die bilinguale Tagung “Translating Digital Transformations” stellen und lädt Wissenschaftler*innen aus kulturanthropologisch arbeitenden Disziplinen dazu ein, sich an der Diskussion zu beteiligen. Wir bitten um die Einreichung von deutsch- oder englischsprachigen Tagungsbeiträgen zu abgeschlossenen oder laufenden Forschungsprojekten (ethnografischen, historischen, medienanalytischen), die sich der konfliktreichen Einbindung digitaler Technologien in unterschiedliche alltagskulturelle Bereiche widmen. Außerdem begrüßen wir theoretische, methodische und programmatische Beiträge, die beispielsweise die Schnittstellen zwischen Digitaler Anthropologie, Public Anthropology und/oder Design Anthropology mit Blick auf die Übersetzung technologischer Transformationen beleuchten. Die Beiträge können u.a. folgende Punkte adressieren, sind aber nicht auf diese beschränkt:

  • digitale Technologien im Kontext von musealen und erinnerungskulturellen Räumen
  • die gesellschaftliche Aneignung von "Künstlicher Intelligenz"
  • die digitalen Transformationen des Bildungswesens
  • der zunehmende Einsatz digitaler Technologien in der Arbeitswelt
  • die Veränderung politischer Meinungsbildung im Kontext von Social Media
  • digitale Informationszirkulation und Wissensproduktion
  • Formen gesellschaftlicher Partizipation im digitalen Raum (z.B. Citizen Science/ Crowdsourcing)
  • Online Gaming Kulturen

Die Schwerpunkte der Beiträge liegen entweder auf theoretischen/methodologischen Reflexionen oder auf der Präsentation empirischer Analysen, die zur Bereicherung und Ausdifferenzierung gesamtgesellschaftlicher Diskurse zur "Digitalisierung des Alltags" beitragen. Die Frage nach den Potenzialen von "Wissenschaftskommunikation" und kulturanthropologischer Übersetzung im Feld der Empirischen Kulturwissenschaft wird dadurch auf neue Weise gestellt. Es geht nicht nur darum, wie anthropologisches Wissen interessant dargestellt wird, sondern wie es in einer von technischen Transformationen geprägten Gegenwart gesellschaftliche Relevanz beanspruchen und dieser auch gerecht werden kann.

 

Organisatorische und formale Anmerkungen:

  • Die Abstracts sollten 2000 Zeichen (mit Leerzeichen) nicht überschreiten
  • Wir bitten auch um die Zusendung eines Kurz-CVs
  • Beiträge können sowohl in deutscher wie in englischer Sprache eingereicht werden
  • Einsendeschluss ist der 30. September 2022

Einreichungen und mögliche Rückfragen richten Sie bitte an folgende E-Mail-Adresse: tagungspam prevention@lui.uni-tuebingen.de

Die Tagung wird organisiert von Felix Masarovic, Tim Schaffarczik, Sarah Ullrich, Berit Zimmerling, Christoph Bareither und Thomas Thiemeyer (Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft, Universität Tübingen) in Zusammenarbeit mit den Projekten “ViRAI: Virtual Reality in der universitären Ausbildung im Ingenieurswesen” (MWFK) und „Curating Digital Images: Ethnographic Perspectives on the Affordances of Digital Images in Heritage and Museum Contexts“ (DFG).

Für Teilnehmer*innen ohne eigene institutionelle Mittel wird eine Teilfinanzierung der Reisekosten angeboten.