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Grimoires : „Das Geheimnis aller Geheimnisse“

Der Begriff Grimoire ist eine Verballhornung des frz. Grammaire (=Grammatik) und steht für Zauberbücher, die praktische magische Handlungsanweisungen und Rezepte enthalten. Nicht zu dieser Literaturgattung gehören rein theoretische okkultistische Betrachtungen.

Zauberbücher sind von der Antike bis in die Gegenwart durchgehend nachweisbar, mit den Anpassungen der jeweiligen Epochen. Die Ziele allerdings sind seit Anbeginn die gleichen: Geld, Auffinden von Schätzen, Macht, Geld, Gesundheit, Schatzgräberei, Liebe, Geld, Glück, Rache, Unsichtbarsein, Geld, Erfolg, Hellsehen, Reichtum, Schutz vor Schaden und Hexen … ach ja – und Geld.

Stephan Bachter stellt in seiner Dissertation die These auf:
„Magie ist eben immer auch eine rituelle (imaginierte?) Verarbeitung von Ohnmachts- und Minderwertigkeitserfahrungen: Daher sind Fantasien von Macht, Reichtum, Erfolg und höherem Wissen so wichtig.“

Gedruckte Magie erscheint in drei Formen:

  1. Schwer zugängliche Drucke für die magische Praxis, die Lateinkenntnisse voraussetzen und viele Rituale enthalten, die kompliziert sind und kostspielige Zutaten oder Gerätschaften erfordern. Die Zielgruppe sind Männer mit Bildung und einem höheren sozialen Status (Ärzte, Juristen, Lehrer, Kaufleute, Pfarrer …).
  2. Drucke von geringem Umfang für den heimlichen, aber möglichst massenweisen Verkauf an jedermann. Die Texte und deren praktische Anwendung sind teils schlecht nachvollziehbar. Bäuerliche Zauberbücher enthalten überwiegend Rezepte gegen Krankheiten des Viehs.
  3. Aufklärerische und pseudo-dokumentarische Werke gegen Magie und Aberglaube, die im Anhang zur Verdeutlichung das geschmähte Zauberbuch enthalten.

Zauberbücher weisen mehrere der folgenden Merkmale auf, die eine geheimnisvolle Aura erzeugen sollen und den Absatz steigern:

Äußere Merkmale

  • Schlechte Papier- und Druckqualität
  • Stark überhöhte Verkaufspreise
  • Verkauf „unter der Ladentheke“, durch Kolportage-Händler oder andere Quellen jenseits des regulären Buchhandels

Bibliographische Merkmale

  • Anonyme oder fiktive Verfasser, sehr oft werden große Namen als angebliche Autoren genannt, gerne biblischer Herkunft:
    König Salomon, Moses, Doktor Faust, Paracelsus, Jesus, König David, Albertus Magnus, Merlin, Agrippa von Nettesheim …
  • Fiktive und fingierte Erscheinungsorte. Gerne Ägypten.
  • Falsche Erscheinungsjahre. Überwiegend bleibt der tatsächliche Verlag (und der Verfasser) anonym.
  • Immer wieder gleiche/ähnliche Titel, deren Inhalt jeweils aber abweichen kann. Gerne was mit Ägypten, seit Jahrhunderten der Garant für reißenden Absatz.
    • Das 8. und 10. Buch Moses, Das 6. und 7. Buch Mosis
    • Herpentils Schwarze Magie
    • Höllenzwang
    • Le véritable Dragon Rouge, Der wahrhaftig feurige Drache
    • Der goldene Habermann
    • Arbatel de magia veterum
    • Clavicula Salomonis
    • Grimorium Verum
    • Das Christopherus-Gebet
    • Das Romanus-Büchlein
    • Das Gertrudenbüchlein
    • Der vollständige egyptische Magische Schild
    • Ägyptische Geheimnisse
    • uvm.

Inhaltliche Merkmale

  • Kokettieren mit dem Geheimnis: Der Verfasser ziert sich, die Geheimnisse preiszugeben, tut es dann aber doch aus lauter Menschenfreundlichkeit.
  • Versatzstücke und Namen aus schon bekannten Zauberbüchern werden zu einem „neuen“ Zauberbuch kompiliert.
  • Folgende Elemente sind häufig vorhanden: Vorbereitung des Magiers und der magischen Werkzeuge, der magische Kreis, Auflistung der Dämonen und die Art der Beschwörung, Zauberrezepte
  • Zauberformeln und –sprüche sind stark an Gebete angelehnt, Bibelverse und Psalmen werden verwendet, insgesamt ist die Anmutung sehr christlich. Oft werden auch Motive aus deutschen Volkssagen eingebunden.
  • Die Durchführung von Magie erfolgt allein oder selten mit einem Helfer, in der Regel zu Hause oder abseits in der Natur.
  • Der „Magier“ beschwört Engel, Naturgeister und Dämonen und macht sie für seine eigenen Zwecke nutzbar. Dämonen sollen beherrscht und wieder entlassen werden, es wird kein „Pakt“ geschlossen wie bei Faust.
  • Als Voraussetzung muss der „Magier“ fromm sein, ein moralisch einwandfreies Leben führen und regelmäßig zum Abendmahl gehen.

Literatur:

  • Sechstes und siebentes Buch Mosis oder der magisch-sympathische Hausschatz … - Philadelphia, [um 1920]. – Signatur: Bl 158
  • Albertus Magnus: Bewährte und approbierte sympathetische und natürliche egyptische Geheimnisse für Menschen und Vieh. – Braband, 1821. – Signatur: 7 A 5806
  • Staricius, Johann: Geheimnisvoller Heldenschatz oder der vollständige egyptische Magische Schild. – Stuttgart, [um 1840]. – Signatur: Fq 397
  • Bachter, Stephan: Anleitung zum Aberglauben – Zauberbücher und die Verbreitung magischen „Wissens“ seit dem 18. Jahrhundert. – Univ. Hamburg, Diss., 2005. – https://ediss.sub.uni-hamburg.de/bitstream/ediss/1653/1/DissBachter.pdf
  • Davies, Owen: Grimoires – a history of magic books. – Oxford: Univ. Press, 2009. – Signatur: 51 A 5054
  • Frenschkowski, Marco: Zauberbücher – Die Leipziger Magica-Sammlung im Schatten der Frühaufklärung; Katalog zur Ausstellung der Universitätsbibliothek Leipzig 15.11.2019-16.02.2020. – Signatur: 60 Q 32
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