Daniel Defoe: Robinson Crusoe (1719)
Vor 300 Jahren erschien der auf der ganzen Welt berühmte Roman „Robinson Crusoe“ von Daniel Defoe (1660-1731). Als der bekannte englische Kaufmann, Journalist und Schriftsteller, der zeitlebens für religiöse Freiheit stritt und deswegen oft mit der Obrigkeit in Konflikt geriet, seinen Abenteuerroman veröffentlichte, war er bereits 59 Jahre alt. Sein berühmtestes Werk erschien bereits ein Jahr später in deutscher Sprache und wurde seither in wohl fast alle Weltsprachen übersetzt und auch für jugendliche Leser aufbereitet. Die Erzählung über das Leben eines englischen Schiffbrüchigen auf einer einsamen Insel, seine Begegnung mit dem Eingeborenen „Freitag“ und dessen „Erziehung“ in Form einer gesellschaftskritischen Utopie hat seither viele Nachahmer gefunden, so dass man von einer eigenständigen Literaturgattung spricht: den Robinsonaden.
Leider besitzt die UB Tübingen kein Exemplar der englischsprachigen Originalausgabe, jedoch die 1720 in Frankfurt/M. erschienene deutsche Übersetzung, die mit einigen schönen Illustrationen versehen ist. Ende des 19. Jahrhunderts erwarb die UB eine größere Zahl von Robinsonaden, so dass sie mit dieser knapp 50 Werke umfassenden Sammlung zu den wenigen Bibliotheken gehört, in denen die Robinsonaden wenn nicht vollständig, so doch repräsentativ vertreten sind. Dies war der Grund dafür, dass ein japanischer Germanist (Prof. Ryutaro Iwao von der Seinan Gakuin Universität in Fukuoka) vor etwas mehr als zehn Jahren eigens nach Tübingen kam, um diese Werke hier für seine Forschungsarbeiten zu konsultieren.
Zu den berühmtesten Robinsonaden gehört die „Insel Felsenburg“ von Johann Gottfried Schnabel (zwischen 1731 und 1743 erschienen), „Robinson der Jüngere“ von Joachim Heinrich Campe (1779/80) oder der „Sächsische Robinson“ von Wilhelm Richter (1740). Manche der Autoren solcher Robinsonaden aus dem 18. und 19. Jahrhundert sind heute nur noch wenig bekannt. Inspiriert von dieser Literaturgattung waren aber auch viele weitere Schriftsteller, so z.B. der tschechisch-österreichische Pädagoge und Schriftsteller Alois Theodor Sonnleitner mit seinem zwischen 1918 und 1920 erschienenen Buch über die „Höhlenkinder“ (UB-Signatur 37 A 3584), das vor vielen Jahren auch verfilmt wurde.
Literatur: John Richetti (ed.): The Cambridge Companion to „Robinson Crusoe“, Cambridge 2018 (58 A 4280); Wolfgang Riehle: Daniel Defoe, Reinbek 2002 (15 E 596); Reinhard Stach: Robinsonaden. Bestseller der Jugendliteratur, Baltmannsweiler 1996 (37 A 4687); Erhard Reckwitz, Die Robinsonade, Amsterdam 1976 (19 A 7692).