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Johann Scheubel

Johann Scheubel wurde am 18.8.1494 in Kirchheim unter Teck als Zwilling geboren. Die Schreibweise seines Namens war zu seinen Lebzeiten sehr uneinheitlich; in den Quellen tauchen auch die Varianten Scheybl, Scheiblin, Schöblin, Scheblin, Schuffelin und Schöuly auf.

Erste Spuren in den Quellen verweisen auf ein Studium in Wien ab 1513, wo sich zu seiner Zeit bedeutende Mathematiker aufhielten, sowie Leipzig 1532/33. 1535 immatrikulierte er sich an der Universität Tübingen, wo er 1540 den Titel eines Magisters erwarb, der mit der Lehrberechtigung verknüpft war. Er hielt an der Artistenfakultät Vorlesungen über die „Elemente“ Euklids, die Arithmetik, Algebra und Geometrie. Ab 1550 bezeichnet er sich selbst als Professor, auch wenn die Ernennung nicht explizit in den Quellen erwähnt wird.

Innerhalb der Mathematik zeichnete sich Scheubel dadurch aus, dass er als erster drei Bücher Euklids ins Deutsche übersetzte und veröffentlichte und so wesentlich zur Verbreitung der Algebra in Europa beitrug. Sein erstes Werk „De numeris et diversis rationibus, seu regulis computationum opusculum“ (1545), ein Rechenbuch zur Arithmetik, das sich mit ganzen Zahlen und Brüchen befasste, wandte sich nicht nur an die praktischen Anwender, wie z.B. Kaufleute, sondern verstand sich auch als Impuls für die weitere wissenschaftli­che Beschäftigung mit der Mathematik. Am bekanntesten wurde er mit seinem „Euclidis Megarensis […] sex libri priores“, das 1549 in Basel erschien und in dem er die ersten sechs Bücher der Elemente Euklids beschrieb.

Aber auch in den Nachbarwissenschaften betätigte sich Scheubel: 1558 erschien in einem Atlas eine Karte des Herzogtums Württemberg – die älteste bekannte Karte -, als deren Verfasser Scheubel identifiziert werden konnte, weshalb er in einem zeitgenössischen Nachruf auch als Geometer bezeichnet wird.

Handschriften Scheubels zur Algebra, Astronomie und zu den Elementen Euklids finden sich neben der Handschriftenabteilung der Tübinger Universitätsbibliothek auch in der Columbia University New York und in der Bibliotheca Palatina im Vatikan.

Scheubel besaß – zumindest zum Zeitpunkt seines Todes – ein Haus in der Bursagasse. Seine erste Ehefrau sowie zwei seiner Kinder starben während der Pest in Tübingen 1554/56, mit seiner zweiten Ehefrau Anna Stöfflin lag er so sehr in Streit, dass die Differenzen vor dem Universitätssenat geklärt werden mussten.

Johann Scheubel wurde am 20.2.1570, also vor 450 Jahren in Tübingen bestattet, wahrscheinlich ist er wenige Tage zuvor gestorben.

Büchererwerb

Ein großer Teil von Johannes Scheubels Bibliothek mit annähernd 200 Werken wird heute noch im Altbestand der Universitätsbibliothek verwahrt. Bereits zu seinen Lebzeiten vermachte Scheubel zahlreiche Bände, darunter seine eigenen Werke, der sehr schlecht ausgestatteten Bibliothek. Nach dem Tod ihres Manns bot die Witwe Scheubels die hinterlassenen Bücher der Universität zum Kauf an. Martin Crusius wurde beauftragt, über die Bibliothek Scheubels eine Bücherliste zu erstellen, die dann von Philipp Apian revidiert wurde. Universität und Fakultät suchten sich zunächst Bände zum Ankauf heraus. Zu einem späteren Zeitpunkt kamen dann weitere Bücher aus dem privaten Nachlass an die Universität.

Bände aus der Bibliothek Johannes Scheublin

Scheubel, Johann: De Numeris Et Diversis Rationibus seu regulis computationum opusculum. – Leipzig, 1545.
Universitätsbibliothek Tübingen: Bb 169

Scheubel, Johann: Algebrae compendiosa facilisque descriptio. – Paris, 1552.
Universitätsbibliothek Tübingen: Bb 169 a

Apian, Petrus: Eyn newe unnd wolgegründte Underweysung aller Kauffmanß Rechnung. – Ingolstadt, 1527.
Universitätsbibliothek Tübingen: Bc 53 a

Cardano, Girolamo: Practica arithmetice et mensurandi singularis. – Mediolani, 1539.
Universitätsbibliothek Tübingen: Bc 8

Beyer, Hartmann: Quaestiones in libellum de sphaera Ioannis de Sacrobusto. – Frankfurt, 1563.
Universitätsbibliothek Tübingen: Bd 39

Simi, Nicolo: Theoricae planetarum. – Basel, 1555.
Universitätsbibliothek Tübingen: Bd 89

Dioscorides, Pedanius: Libri octo Graece et Latine. – Paris, 1549.
Universitätsbibliothek Tübingen: Cd 4405

Euclides: Eukleidu tōn pente kai deka stoicheiōn ek tōn tu Theōnos synusiōn to deuteron. – Straßburg, 1564.
Universitätsbibliothek Tübingen: Cd 4735

Literatur:

Ulrich Reich: Johann Scheubel (1494 - 1570), Wegbereiter der Algebra in Europa, in: Rainer Gebhardt u. a. Rechenmeister und Cossisten der frühen Neuzeit, Schriften des Adam-Ries-Bundes, Band 7, Annaberg-Buchholz 1996, S. 173–190. (UB 36 A 17873)

Ulrich Reich: "Scheubel, Johann" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 709-710 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119337711.html#ndbcontent

Thilo Dinkel: Kollektaneen zu Johann Scheubel (1494 - 1570), Kirchheim unter Teck 1995. (UB 36 B 1751)