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Thomas Morus: Utopia (1516)

Vor 500 Jahren erschien unter dem Titel „De optimo reipublicae statu, deque nova insula Utopia libellus“ die berühmte Staatsutopie des Thomas Morus, die zum Sinnbegriff einer ganzen Literaturgattung werden sollte.

Thomas More (Morus) lebte von 1478 bis 1535 und war ein sehr bedeutender englischer Jurist, Humanist, Politiker und Diplomat. Eine enge langjährige Freundschaft und gelehrter Austausch verband ihn mit Erasmus von Rotterdam. Von 1503 bis 1529 war er Mitglied des Unterhauses, 1529 wurde er als Nachfolger von Kardinal Thomas Wolsey von König Heinrich VIII. zum Lordkanzler ernannt. Morus verteidigte den König gegen die Angriffe von protestantischer Seite, lehnte jedoch die Kirchenpolitik dieses Herrschers größtenteils ab, vor allem missfiel ihm die geplante Schaffung einer englischen Staatskirche mit dem König als Oberhaupt. 1532 legte er sein Amt als Lordkanzler nieder. Wegen seiner Weigerung, den Eid auf das Thronfolgegesetz von 1534 („Act of Succession“) abzulegen, das die Legitimierung der Thronfolge von Heinrichs Tochter Elisabeth aus der Ehe mit Anne Boleyn sichern sollte und fremde Autoritäten wie diejenige des Papstes ablehnte, ließ der König Morus gefangen nehmen und im Tower of London einsperren. 1535 wurde er zusammen mit Kardinal John Fisher hingerichtet.

Im Jahre 1886 wurde Thomas Morus selig gesprochen, 1935 erfolgte durch den Papst die Heiligsprechung (Festtag: 22. Juni). Seit 2000 ist er Patron aller Regierenden und Politiker.

Die „Utopia“ des Thomas Morus, die zu den Klassikern des politischen Denkens gehört, ist in Form einer Reisebeschreibung abgefasst und enthält z.T. in satirischer Form deutliche Kritik an den politischen Verhältnissen in England und diesbezügliche Reformvorschläge. Morus entwirft das Bild einer idealen Gesellschaft auf der Grundlage des Gemeineigentums.

Weitere bedeutende Utopien der frühen Neuzeit folgten aus der Feder von Johann Valentin Andreä („Christianopolis“, 1619), Thomaso Campanella („Der Sonnenstaat“, 1623), Francis Bacon („Nova Atlantis“, 1627) oder Johann Gottfried Schnabel („Die Insel Felsenburg“, 1731-1743).

Leider besitzt die UB Tübingen kein Exemplar der Erstausgabe der „Utopia“. Die früheste Ausgabe in unserem Bestand (Signatur: Ec 142) wurde 1601 gedruckt, weitere Ausgaben aus dem 17. Jahrhundert sind vorhanden, außerdem eine frühe Übersetzung in die deutsche Sprache unter dem Titel "Ordentliche und Außführliche Beschreibng der vberaus herrlichen und gantz wunderbarlichen, doch wenigen bißhero bekandten Insul Vtopia" aus dem Jahre 1612 (Signatur: Ec 142 f).