28.02.2022
Examensfeier und Übergabe der Examenszeugnisse am 9. Februar mittels hybriden Konzepts - Landesbester Raphael Reiss kommt aus Tübingen
Am 9. Februar 2022 fand die Examensfeier und damit einhergehend die Übergabe der Examenszeugnisse im Festsaal in der Neuen Aula statt. Die frisch Examinierten durften sich über Ansprachen von Dekan Prof. Wolfgang Forster, von Sintje Leßner (Präsidentin des Landesjustizprüfungsamts) sowie von Konstantin Hemeling (Studierendensprecher), vor allem aber über ihre Zeugnisse freuen. Der erst 21-jährige Absolvent Raphael Reiss wurde nicht nur Tübinger Examensbester, sondern auch Landesbester mit der Gesamtnote 13,53 (gut) – er erhielt dafür den Examenspreis der Juristischen Gesellschaft.
Die Examensfeier ist der feierliche Abschluss des juristischen Studiums nach dem erfolgreichen Abschluss des ersten juristischen Staatsexamens. Seit Beginn der SARS-CoV2-Pandemie in 2020 konnte aber eine Examensfeier in Präsenz nicht mehr stattfinden. Die Examenszeugnisse wurden in dieser Zeit per Post versendet, was aber den gebührend feierlichen Abschluss schmerzlich vermissen ließ. Aufgrund eines jetzt eigens für die Examensfeier entwickelten Hygienekonzepts war es in 2022 wieder möglich, die feierliche Übergabe in Präsenz stattfinden zu lassen. Die Examinierten durften allerdings nur einzeln erscheinen, ohne Begleitung durch ihre Verwandten, sodass es nur ihnen möglich war, in Präsenz die Feierlichkeiten im Festsaal zu erleben. Doch wurde es den Angehörigen und Freunden ermöglicht, die Feier über eine digitale Übertragung via WebEx und YouTube-Stream zu verfolgen.
Die Feier wurde von Klängen einer Cellistin eingeleitet. Dekan Prof. Forster begrüßte die vor Ort Anwesenden genau so wie die digital Zugeschalteten. Forster verwies in seiner Rede auf Robert von Mohls Autobiografie und dessen Bericht aus seiner Studienzeit in Tübingen von 1817-1819. Vorlesungen fanden damals nicht in Hörsälen, sondern großenteils bei den Professoren zu Hause statt. „Familienuniversität“, so soll es von Mohl genannt haben. Auch wenn die damaligen Professoren offenbar kein großes Interesse daran hatten, ob und wie zahlreich die Studierenden ihre Vorlesungen besuchten, kehrte von Mohl nach seiner Habilitation an die Universität zurück und übernahm den bedeutenden Lehrstuhl für Staatswissenschaft. Forster verwies auch darauf, dass sich der Bau des Festsaals, in dem die Examensfeier stattfindet, auf von Mohl zurückführen ließe. Insoweit schließe sich hier ein Kreis. Der Dekan gratulierte allen Anwesenden zum erfolgreichen Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaft.
Im Anschluss hielt die Präsidentin des Landesjustizprüfungsamts (LJPA), Sintje Leßner, ihre Rede und gratulierte den Examinierten ebenfalls herzlich zum Bestehen des ersten juristischen Staatsexamens. Der Besuch von Examensfeiern sei in ihrer Position ja gängige Praxis. Doch fanden diese in den letzten zwei Jahren wenn überhaupt in rein digitaler Form statt. Sie habe es vermisst, die zufriedenen Examinierten und ihre stolzen Angehörigen zu sehen. Sie könne es nachvollziehen, dass die pandemie-bedingten Einschränkungen bis heute „nervig“ seien, doch müsse man sich darauf besinnen, wofür und für wen man das tue. Die Pandemie führe uns vor Augen, wie wichtig gesellschaftlicher Zusammenhalt sei. Es sei immer die Frage zu stellen, was man selbst tun könne, dass andere geschützt seien und es anderen gut gehe. Leider gingen jedoch viele Personen nicht verantwortungsvoll mit der Pandemie um, würden nicht auf ihre Mitmenschen achten und hätten ein merkwürdiges Freiheitsverständnis. Zur Freiheit gehöre Verantwortung, weswegen es wichtig sei, die Auswirkungen des eigenen Verhaltens auf andere ebenso zu bedenken. Leßner ging noch darauf ein, dass in den letzten Jahren auch durch den Zuwachs der künstlichen Intelligenz die Sorge um den Stellenwert der juristischen Berufe gestiegen sei. Doch habe die Pandemie eindrucksvoll gezeigt, dass man sich keine Sorgen um die Existenz des juristischen Berufsstands machen müsse, weil z.B. die Frage nach den Grenzen der eigenen Freiheit keine mathematische, sondern eine juristische Frage sei. Generell sei es die Aufgabe von Juristinnen und Juristen, wiederstreitende Interessen zu erkennen und gerecht abzuwägen. Dafür und für das Examen werde man fachlich an der Universität vorbereitet, wofür den Professorinnen und Professoren ein besonderer Dank gelte.
In Tübingen waren 158 Prüflinge angetreten. Die Durchfallquote lag lediglich bei knapp 18%. Immerhin 25 Kandidat/innen erreichten die Note „vollbefriedigend“, neun Teilnehmer/innen sogar die Note „gut“. Leßner gratulierte zunächst den drei Examinierten mit den besten Ergebnissen im staatlichen Teil. Am besten schnitten Raphael Reiss mit 12,90 Punkten, Philipp Sauter mit 12,64 Punkten und Jan Wörner mit 12,35 Punkten ab. Die drei Examinierten mit der besten Gesamtnote (Staatsteil plus Schwerpunktbereich) waren Raphael Reiss (13,53), Philipp Sautter (13,34) und Konrad Schmauder (12,97).
Schließlich hielt Studierendensprecher Konstantin Hemeling (Freie Fachschaft Jura) seine Rede über verschiedene Schlüssel(-momente) im Leben. Er verglich die Examensfeier mit der Abiturfeier. Es seien dabei die gleichen Gefühle des Beendens eines Lebensabschnitts mit dem Beginn eines neuen Abschnitts verbunden. So hielt jeder nach dem Abitur diesen „Schlüssel“ zu einer neuen Tür in der Hand und es begann für alle Anwesenden eine persönliche Reise, die mit der Ersti-Woche anfing. Man habe gemeinsam schöne Momente erlebt und schwierige Momente durchgestanden. Mit dem Examen sei ein weiterer Schlüssel(-moment) im Leben erreicht. Dadurch würde eine neue Reise angetreten und verschiedene Türen neu geöffnet. Abschließend äußerte Hemeling die Hoffnung, dass man die Zeit in Tübingen immer mit guten Erinnerungen im Herzen bewahren möge und wünschte den Examinierten alles Gute für die neue Reise und den weiteren Lebensweg.
Daraufhin ertönte nochmals das Cello und im Anschluss daran wurden zunächst die drei besten Examinierten für ihre herausragenden Examensleistungen beglückwünscht. Der Tübinger Examensbeste Raphael Reiss ist zudem mit nur 21 Jahren auch noch sicher der jüngste Landesbeste aller Zeiten – er war mit seiner Leistung auch die Nummer 1 im ganzen Land und erhielt aus den Händen von Prof. Hermann Reichold den mit 750 € dotierten Examenspreis der Juristischen Gesellschaft Tübingen. Die restlichen Examinierten erhielten ihre Zeugnisse in alphabetischer Reihenfolge. Prodekan Jens Binder betonte am Rande der Examensfeier, dass die Tübinger Absolventinnen und Absolventen in allen Notenstufen über dem Landesdurchschnitt lägen, was vor allem dem seit ca. zehn Jahren eingeführten Examenskurs der Fakultät mit 66 Probe-Examensklausuren zu verdanken sei. Dekan Prof. Forster verabschiedete sich schließlich von allen anwesenden und über Internet zugeschalteten Teilnehmern und schloss die Examensfeier.
Die juristische Fakultät gratuliert allen Examinierten herzlich zum ersten juristischen Staatsexamen und wünscht für den weiteren Lebensweg alles Gute.
Text: Evelyn do Nascimento Kloos/ H.R.
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