05.02.2025
Examensfeier der Herbstkampagne 2024
Im Rahmen der Examensfeier am 5. Februar feierten die Absolventinnen und Absolventen der Herbstkampagne 2024 das Bestehen der Ersten Juristischen Staatsprüfung. Den Festvortrag hielt Promotionsjubilar Prof. Nikolaos Klamaris zum Thema „Der Beitrag der Prozessmaximen zur staatsrechtlichen Funktion einer unabhängigen Gewalt“.
Nach einem musikalischen Auftakt durch ein Streichertrio, bestehend aus Magdalena Renner, Sebastian Fetzer und Johanna Renner, begrüßte Dekanin Prof. Christine Osterloh-Konrad die geladenen Gäste und gratulierte den Absolventinnen und Absolventen zu ihrem Erfolg. Angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen sei es nun besonders wichtig, die im Studium erworbenen Fähigkeiten auch auf andere Bereiche des Lebens zu übertragen. Den Blick zunächst auf den Sachverhalt zu richten und erst anschließend Rechtsnormen anzuwenden sei Kern des juristischen Handwerks. Übertragen auf die Politik bedeute dies, sich zunächst der Realität und den Fakten zu widmen und erst dann politische Meinungen zu bilden und zu äußern. In diesem Prozess sei das Einordnen und Gewichten von Argumenten für Differenzierung unabdingbar. Man müsse sich der Komplexität der Realität offen stellen. Absolut notwendig seien ebenfalls Toleranz und der Wille, zu versuchen, sein Gegenüber zu verstehen. Diese Haltung brauche Mut, so Osterloh-Konrad.
Auch die Präsidentin des Landesjustizprüfungsamtes Sintje Leßner beglückwünschte die Examinierten. Leßner gab einen Einblick in die Themen der Examensklausuren und die Notenstatistik. Von den 130 Tübinger Kandidaten haben lediglich 18,46% die erste Juristische Staatsprüfung nach Punkten nicht bestanden (Kandidaten, die aus formalen Gründen nicht bestanden haben, ausgenommen). Damit liegt die Durchfallquote unter dem Landesdurchschnitt.
Die Note „gut“ haben in Tübingen 4 Kandidaten erreicht. Damit belegt die Tübinger Fakultät den zweiten Platz landesweit in Bezug auf die Anzahl der mit „gut“ abgeschlossenen Absolventen. Die Note „sehr gut“ wurde landesweit nicht vergeben.
Es folgte der Festvortrag von Prof. Nikolaos Klamaris zum Thema „Der Beitrag der Prozessmaximen zur staatsrechtlichen Funktion einer unabhängigen Gewalt“. Einleitend bezeichnete Klamaris die Prozessmaximen als rechtstaatliche Garantie gegen Schwankungen der dritten Gewalt. Sie seien wichtige Säulen des Rechtsstaats mit jeweils unterschiedlichen Grundlagen und Funktionen. Während Maximen wie der Anspruch auf rechtliches Gehör in der Verfassung ihre Grundlage hätten, würden andere Maximen schlicht der Zuweisung der Handlungen im Prozess oder der Regelung des Einflusses der Parteien dienen. In den Prozessgrundsätzen spiegele sich dabei nicht nur nationale, sondern auch europäische Rechtskultur wider. Das liege an den gemeinsamen Wurzeln im römisch-byzantinischen Recht. Dies habe in den verschiedenen europäischen Staaten zur Ausformung der gleichen Grundsätze in unterschiedlicher Ausgestaltung geführt. Ein Beispiel für die unterschiedliche Ausgestaltung bilde das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer spezifischen gesetzlichen Verankerung der Prozessmaximen. Der französische „Nouveau Code de Procédure Civile“ normiere beispielsweise sämtliche Prozessmaximen, die sog. „principes directeurs“, in seinen Art. 1 bis 24 positivrechtlich. Die deutsche Zivilprozessordnung kenne ein solches Sonderkapitel nicht. Allerdings fänden die Prozessgrundsätze in zahlreichen verschiedenen Normen Niederschlag. In der Klageerhebung gem. § 253 I ZPO und der Klagerücknahme gem. § 269 ZPO komme beispielsweise die Dispositionsmaxime zum Ausdruck. Dies beweise, dass trotz Vielfalt in der Gesetzgebungstechnik ein einheitliches Verständnis herrsche. Zusammenführend teilte Klamaris die Ansicht von Prof. Alexander Bruns aus Freiburg, dass die Prozessmaximen die „Essenz zivilprozessualer Gerechtigkeit“ seien.
Nikita Estreich, Studierendensprecher der Juristischen Fakultät, gratulierte anschließend den Absolventen und Absolventinnen im Namen der Studierenden und der Fachschaften und nutzte ebenfalls die Gelegenheit, zur Einbringung der im Studium erlernten Fähigkeiten in den demokratischen Diskurs aufzurufen.
Nach einer weiteren Darbietung des Streichertrios folgte die Überreichung der Urkunden zur silbernen und goldenen Promotion. Zu den Jubilaren der goldenen Promotion gehörte Klamaris, dessen Doktorvater der renommierte Zivilprozessrechtler Prof. Fritz Baur war.
Auch in diesem Jahr wurde wieder der Jan-Schürnbrand-Promotionspreis verliehen. Diesjährige Preisträgerin ist Katharina Göpfarth. Preisträger des Examenspreises der Juristischen Gesellschaft für das beste Tübinger Ergebnis der Herbstkampagne 2024 wurde Uwe Geis-Schroer mit einer Gesamtnote von 13,16 Punkten.
Als feierlicher Höhepunkt und Abschluss wurden den Tübinger Absolventen und Absolventinnen die Examensurkunden überreicht.
Text: Laura Anger
Fotos: STUDIO PHOTO SCHNEIDER