01.08.2021
Forum Junge Rechtswissenschaft: „Sagen dürfen… Zur Legitimation von Äußerungsdelikten" – Vortrag von Mustafa Oğlakcıoğlu am 22.7.2021
Dr. Mustafa Oğlakcıoğlu wurde die Ehre zuteil, den ersten Vortrag des Forums Junge Rechtswissenschaft in Präsenz seit den pandemiebedingten Beschränkungen abzuhalten. Dabei begeisterte er durch einen äußerst spannenden Einblick in sein Habilitationsprojekt, das er erst in der vergangenen Woche erfolgreich abgeschlossen hat.
Der Referent widmet sich darin einer intra- und interdisziplinär anspruchsvollen Thematik: Mit einem sprachwissenschaftlichen und verfassungsrechtlichen Ansatz untersucht er die Frage nach der Legitimation von Äußerungsdelikten. Woraus rechtfertigt sich die Strafbarkeit von Äußerungen, was sind geschützte Rechtsgüter, worin liegt der strafbewehrte Handlungsakt?
Der Beantwortung dieser und weiterer Fragen seines Forschungsprojekts näherte sich Oğlakcıoğlu in seinem Vortrag mit sprachwissenschaftlichen Theorien des 19. und 20. Jahrhunderts an. Dabei führte er kenntnisreich und anschaulich durch relevante sprachakttheoretische Ansätze. Für die verfassungsrechtliche Legitimation der Äußerungsstrafbarkeit beleuchtete er insbesondere die Handlungs- und Meinungsfreiheit sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Ehrschutz). Gekonnt vermochte es der Vortragende dann, die sprachwissenschaftlichen Theorien sowohl für die Herleitung der Strafbarkeit bestimmter Äußerungen als auch für die verfassungsrechtliche Legitimation der Strafbarkeit fruchtbar zu machen. Am Ende stand die These, dass es nicht so sehr darum gehen kann, was gesagt werden darf, sondern was der Einzelne anhören muss.
In der anschließenden Diskussion wurde unter anderem darüber nachgedacht, ob und inwieweit gesellschaftliche Konventionen das Sag- bzw. Hörbare vorgeben dürfen und wie derartige außerrechtliche Bewertungsmaßstäbe – auch gerade vom einzelnen Richter – ermittelt werden können. Darüber hinaus führte Oglakcioglu die rechtspolitischen und rechtspraktischen Aspekte seiner vorgestellten Konzeptionen zu strafbaren Äußerungen näher aus, auch im Hinblick auf Äußerungen im Netz, und setzte diese abschließend zu nicht-ehrbezogenen Äußerungsdelikten wie der Holocaustleugnung oder der Volksverhetzung in Beziehung.
Der gebuchte Hörsaal war bis auf den letzten Platz besetzt: Offenbar war nicht nur das besonders interessante Forschungsprojekt von Oğlakcıoğlu auf breites Interesse gestoßen, auch zeigte sich darin ohne Zweifel die große Begeisterung der Zuhörerschaft, endlich wieder an einer Veranstaltung in einem Hörsaal teilnehmen können. Für ihr Entgegenkommen möchten wir Rektorat und Dekanat nochmals ausdrücklich danken.
Der nächste Vortrag des Forums wird am Donnerstag, dem 7. Oktober, um 18.15 Uhr stattfinden. Vortragen wird Dr. Dr. Yoan Hermstrüwer zum Thema „Faire Verwaltungsentscheidungen mit Menschen und Maschinen". Die Modalitäten des Vortrages – digital oder präsent – werden noch auf der Webseite des Forums bekanntgegeben.
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