Neues aus dem Grab des Ibi (TT 36)
In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Archäologischen Institut Kairo (DAIK), gefördert von der Fritz Thyssen Stiftung im Rahmen eines Forschungsstipendiums
Die Grabanlage des Ibi liegt im nördlichen Asasif auf dem thebanischen Westufer im heutigen Luxor/Ägypten. Die ausgedehnte Nekropole der hauptsächlich spätzeitlichen Privatgräber erstreckt sich entlang des Prozessionsweges von der Grenze des Fruchtlandes bis hin zum Totentempel der Hatschepsut im Westgebirge von Deir el-Bahari. Die unterirdischen Bereiche der Grabanlage wurden von 1970 bis 1982 im Rahmen einer Aufnahme und Veröffentlichung ausgewählter Gräber der thebanischen Nekropole mit Unterstützung der DFG untersucht. Hierbei handelte es sich hauptsächlich um epigrafische Arbeiten, in deren Zusammenhang jedoch auch eine Reinigung des Grabes sowie eine Freilegung der Sargkammer erfolgten. Die Oberbauten von TT 36 hingegen wurden unter belgischer Konzession in einer Zusammenarbeit mit Erhard Graefe untersucht und publiziert. 1989 führten Daniel Polz und Klaus-Peter Kuhlmann die Arbeiten im unterirdischen Bereich des Grabes des Ibi im Namen des DAIK fort. Bei der Freilegung dreier Schächte, die von den im Norden der Grabanlage gelegenen Räumen R 5, R 7 und R 9 ausgehen, wurde schließlich auch die Sargkammer des Psametik am Ende des Schachtes von R 5 entdeckt und dokumentiert. Durch die exzellente Konservierung, die qualitativ hochwertige Dekoration und die einzigartige Textauswahl ist die Sargkammer des Psametik ein Kleinod unter den spätzeitlichen Gräbern. Eine Auswertung und Publikation der Grabungsergebnisse erfolgte bislang jedoch nicht. Das Projekt schließt damit diese Lücke der Aufarbeitung der Befunde des Grabes des Ibi. Darüber hinaus setzt es sich die auf der Materialbearbeitung aufbauenden Ziele, einerseits der Frage nach dem Umgang mit Texten und Bildern im Kontext der Konzipierung von Grabdekoration nachzugehen, andererseits die familiären Verbindungen des Psametik sowie seine Stellung in der thebanischen Gesellschaft zu rekonstruieren.
Einen zweiten Schwerpunkt des Projektes bildet die Bearbeitung der beiden Sarkophage des Ibi, die während der Arbeiten von Wolfgang Schenkel und Klaus P. Kuhlmann in den Jahren 1970–1982 entdeckt wurden. Dabei handelt es sich um einen anthropomorphen inneren Sarkophag aus Basalt und einen äußeren Sarkophag aus Quarzit. Wesentliche Teile des äußeren Sarkophags lagen noch zu Beginn der Säuberungsarbeiten im Februar 1970 in situ in der Sargkammer. Lediglich vereinzelte kleine Fragmente wurden außerhalb der Sargkammer gefunden. Dagegen befanden sich von dem inneren Sarkophag nur kleine Fragmente noch in der Sargkammer. Die Hauptteile sind zu einem früheren Zeitpunkt aus der Sargkammer entfernt worden, so zwei große Fragmente des Bodens mit Resten der Wände. Der vollständig erhaltene Deckel hingegen wurde schon im 19. Jahrhundert in das Ägyptische Museum in Turin (Nr. 2202) gebracht. Für die beiden Sarkophage des Ibi steht eine Rekonstruktion an Hand der vorhandenen Fragmente im Vordergrund. Hierbei sind auch die Parallelen wie z.B. der Sarkophag des Pabasa von großer Bedeutung, da mit ihrer Hilfe auch die verloren gegangenen Passagen ergänzt werden können. Auf dieser Basis sollen die Inschriften dann in einem zweiten Schritt übersetzt, kommentiert und religionshistorisch eingeordnet werden. Durch die Tatsache, dass ein komplettes Sargensemble, bestehend aus Innen- und Außensarg von ein und derselben Person, vorliegt, besteht die selten gegebene Möglichkeit zu untersuchen, inwiefern sich das Dekorationsprogramm der beiden Sarkophage ergänzt bzw. einander entspricht, also ob unterschiedliche Akzente gesetzt wurden oder ob dieselben Thematiken leicht abweichend wiederholt wurden. Die Tatsache, dass bei der Freilegung des Oberbaus der Grabanlage ein weiterer, dritter, dekorierter Holzsarg des Ibi gefunden wurde, der aber anscheinend nicht für das Begräbnis des Ibi genutzt wurde, macht dies umso interessanter.