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Die „Goldene Bulle“ Kaiser Karls IV. (1356)

Im Hauptstaatsarchiv Stuttgart ist vom 14. April bis 29. Juli 2016 die Ausstellung „Kaiser Karl IV. (1316-1378) und die Goldene Bulle“ zu sehen; das Stuttgarter Archiv besitzt ein Exemplar dieses bis 1806 gültigen Reichsgrundgesetzes und zwar die Ausfertigung für den Erzbischof von Trier. Im Germanischen Nationalmuseum wird vom 20. Oktober 2016 bis zum 5. März 2017 die Bayerisch-Tschechische Landesausstellung „Karl IV“ zu sehen sein.

Karl IV, seit 1355 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, wurde vor 700 Jahren, am 14. Mai 1316, in Prag geboren. Er starb dort am 29. November 1378. Karl war der älteste Sohn König Johanns von Böhmen aus dem Haus der Luxemburger. Noch zu Lebzeiten des erblindeten Vaters übernahm Karl die Regierungsgeschäfte in Böhmen. 1346 wurde er zum Gegenkönig Ludwigs des Bayern gewählt, seine Krönung erfolgte in Bonn. Allmählich gelang ihm die Anerkennung im Reich und die Versöhnung mit dem Haus Wittelsbach. 1354 begab sich Karl auf einen Italienzug und wurde im darauf folgenden Jahr in Rom zum Kaiser gekrönt.

1356, also vor 660 Jahren, kam es auf die Initiative Kaiser Karls IV. auf den Reichstagen zu Nürnberg und Metz zur Verabschiedung eines für die Verfassungsgeschichte des Alten Reiches sehr bedeutsamen Reichsgesetzes, der „Goldenen Bulle“. Karl IV. förderte die Stadt Prag und gründete dort 1348 die Universität.

Der Name „Goldene Bulle“ stammt von dem in der Kanzlei des Kaisers verwendeten Siegel. Dieses Reichsgrundgesetz regelte das Verfahren der Königswahl und die Stellung der sieben Kurfürsten, die fortan allein wahlberechtigt waren. Die Entscheidung erfolgte nach Stimmenmehrheit. Die Kurländer sollten unteilbar bleiben. Das Gesetz regelte außerdem die Ordnung der Erbfolge, die Gerichtsbarkeit der Kurfürsten, ihr Zoll- und Münzregal und bestimmte ein Verbot, andere Bündnisse als zum Landfrieden dienlich einzugehen. Weitere Abschnitte beschäftigten sich mit Fragen der Thronvakanz, dem Fehderecht und dem Hofzeremoniell.

Die Universitätsbibliothek Tübingen besitzt eine deutsche Übersetzung der „Goldenen Bulle“ in schwäbischer Mundart aus dem 15. Jahrhundert (die Niederschrift der Handschrift erfolgte zwischen 1446 und 1552). Sie befand sich ursprünglich in der Klosterbibliothek Zwiefalten. Die Handschrift enthält außerdem den Schwabenspiegel (Landrecht) und das kleine Kaiserrecht (Frankenspiegel) sowie das „Buch der Könige“ und den „Processus Belial“.