Chemiestandort Bitterfeld-Wolfen

Der Chemiestandort Bitterfeld-Wolfen blickt bereits auf eine über 125-jährige Tradition zurück. Die Geschichte des Chemiestandorts beginnt im Jahr 1893. Unabhängig voneinander gründeten sich die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft (AEG), die Chemische Fabrik Griesheim und die Actiengesellschaft für Anilinfabrikation zu Berlin (AGFA) in der Region Bitterfeld-Wolfen. Am 16. Oktober 1894 wurde die erste Chloralkalielektrolyse in Betrieb genommen. Es handelte sich hierbei um die erste technische Großanlage dieser Art mit 90 Griesheim-Zellen in Bitterfeld Süd. Hiermit wurde der Grundstein des Chemiestandortes Bitterfeld-Wolfen gelegt. Zu den historisch bedeutenden Erfindungen des Chemiestandorts gehören die Herstellung der ersten synthetischen Kunstfaser der Welt (Pe-Ce-Faser). Diese wurde auf Basis des in Bitterfeld entwickelten nachchlorierten PVC im Jahr 1934 hergestellt. Im Jahr 1936 wurde zudem der erste Farbfilm der Welt in Wolfen produziert. Zwei Jahre später wurde der erste Kunstharz-Ionenaustauscher (WOFATIT) in Wolfen produziert. Zusätzlich wurde in diesem Jahr der neue Werkstoff Igurit entwickelt. Dieser sollte später unter dem Namen Karbon bekannt werden (Chemiepark 2021a).
„Die Umsetzung des Chemieparkkonzeptes begann für den Standort Bitterfeld mit der Gründung der ChemiePark Bitterfeld GmbH im Jahr 1994 und den ersten Privatisierungen von Infrastruktureinrichtungen. Parallel wurde das Konzept auch im Nachbarort Wolfen durch die Gründung der Standortgesellschaft Industriepark Wolfen-Thalheim GmbH verfolgt.“ (bpb 2000). 

Für produzierende oder gewerbliche Unternehmen sind hier optimale Bedingungen vorzufinden. Diese können sich vollständig auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und sämtliche Service- und Infrastrukturdienstleistungen hinzukaufen. Die Vorteile des Chemieparkkonzepts sind beispielsweise die Chemieproduktion im Verbund, gesammelte Kompetenz für Feinchemie und Spezialitätensynthesen sowie die sehr günstige Verkehrslage (Chemiepark 2021b). Der interne Stoffkreislauf im Chemiepark sichert den ansässigen Unternehmen optimale Produktionsbedingungen mit einer hohen Versorgungssicherheit, der Effizienz der Chemikalientransporte sowie der Vermeidung von Reststoffen. Ausgehend von der Chloralkali-Elektrolyse wurde ein komplexer Stoffverbund zwischen den Unternehmen Nouryon, Evonik, Heraeus und Linde entwickelt. Das Gas Chlor ist somit der Mittelpunkt des Chemieparks (Chemiepark 2021c). Heute erstreckt sich das Areal des Chemieparks Bitterfeld-Wolfen über 1 200 Hektar mit über 300 Unternehmen (ca. 60 davon sind produzierende Unternehmen). Auf diese über 300 Unternehmen verteilen sich rund 11 000 Arbeitskräfte. Aufgrund dieser Ausmaße zählt der Chemiepark heute zu den größten deutschen Chemiestandorten (Chemiepark 2021d).
 

Chemiestandort Leuna

Im Jahr 1916 begründete Carl Bosch im Auftrag der BASF mit einem Ammoniakwerk die Geschichte des Chemiestandortes Leuna. Durch die Pläne des begnadeten Chemikers erlangte Leuna bereits nach kurzer Zeit ein beachtliches internationales Ansehen (Infraleuna 2021a). Die Historie des Chemiestandorts hält einige wichtige Entdeckungen und Produktionen bereit. „Nach der industriellen Einführung der Ammoniaksynthese wurde ab 1923 erstmalig im Weltmaßstab Methanol im Hochdruckverfahren hergestellt. Ende der zwanziger Jahre wurde mit der von Matthias Pier entwickelten Braunkohlehydrierung zur Herstellung synthetischer Treibstoffe die Geschichte Leunas als Standort der Mineralölindustrie eingeleitet“ (Infraleuna 2021a). Das Jahr 1938 wurde zum Meilenstein in der Geschichte von Leuna. Es gelang in Leuna die Synthese von Caprolactam zur Erzeugung von Perlon. Bis zum zweiten Weltkrieg entwickelte sich der Standort zum damals größten Betrieb der deutschen Chemieindustrie. Ein Beispiel hierfür wäre die 1942 in Betrieb genommene, weltweit erste Produktionsanlage zur Herstellung synthetischer Tenside (Infraleuna 2021a). „Am 25. Mai 1994 griff Bundeskanzler Helmut Kohl auf einem Feld zur Schippe. Es war der symbolische Baustart für die damals fünf Milliarden D-Mark teure Raffinerie. Das deutsch-französische Mega-Projekt galt als das größte der Nachkriegszeit“ (ntv 2016).
„Die vom standortinternen Stoffverbund der Unternehmen ausgehenden Synergieeffekte bieten optimale Bedingungen für die einzelnen Produktionen. Den Kern des Verbundes am Chemiestandort Leuna bilden die TOTAL-Raffinerie, die modernste in Europa, die Caprolactamsynthese der DOMO Group und die Erzeugung technischer Gase im weltgrößten Gasezentrum der Linde GmbH“ (Infraleuna 2021b).
Heute hat das Areal eine Größe von 1 300 Hektar erreicht. Der Chemiepark beschäftigt über 10 000 Arbeitskräfte, welche jährlich ca. 12 Mio. Tonnen an Gütern produzieren. Seit 1990 wurden 7,5 Mrd. Euro am Chemiestandort investiert (Infraleuna 2021c).
 

Solar Valley Thalheim

Die noch junge Geschichte des Solar Valley Thalheim began im Jahr 1999. Drei Ingenieure und Atomkraftgegner kamen mit einer Geschäftsidee nach Thalheim. Sie wollten mit etwa 40 Mitarbeitern Solarzellen produzieren. Für den Aufbau ihres Unternehmens Q-Cells benötigten sie allerdings ein enormes Kapital (etwa 12 Millionen Euro). Diese finanzielle Unterstützung erhielten sie durch das Land Sachsen-Anhalt unter der Bedingung, dass das Unternehmen im Raum Bitterfeld entstehen würde. Im Jahr 2001 wurde die erste Solarzelle in Thalheim produziert und die Erfolgsgeschichte des Unternehmens Q-Cells eingeläutet. Im Jahr 2007 erreichte die Firma Q-Cells ihren Höhepunkt (mdr 2021). „Q-Cells allein beschäftigt 2.300 Mitarbeiter und gilt als größter Solarzellenproduzent weltweit. Das Unternehmen wurde an der Börse mit acht Milliarden Euro gehandelt. Um das Unternehmen herum war das Solar Valley entstanden, der Name angelegt an den bedeutenden IT-Standort Silicon Valley in Kalifornien. Insgesamt haben im Solar-Gewerbegebiet 2007 etwa 3.500 Menschen Jobs“ (mdr 2021). Ab dem Jahr 2009 ging es mit dem Unternehmen und damit auch dem Solar Valley stetig bergab. Im Jahr 2012 ging Q-Cells schließlich insolvent und wurde durch das Südkoreanische Unternehmen Hanwha übernommen. 2015 wurde die Produktion in Thalheim endgültig eingestellt und in den asiatischen Raum verlagert. Doch warum ist die Solarenergie in Deutschland gescheitert? Unternehmen aus China übernahmen die deutsche Expertise und bauten selbst riesige Fabriken zur Herstellung von Solarzellen und -modulen. Bedingt durch niedrigerer Arbeitslöhne und billigerer Energie, konnten diese Unternehmen deutlich günstiger produzieren. Ein weiterer Grund ist, dass die chinesischen Banken den in Not geratenen Unternehmen mit großzügigen Krediten zur Hilfe kamen und kommen. Dies waren Bedingungen, mit denen die früheren Marktführer aus Deutschland kaum mithalten konnten. Deutschland hat mit seiner Förderung dafür gesorgt, dass die Solarwirtschaft global wettbewerbsfähig wurde, doch die heimische Wirtschaft hatte bald nicht mehr viel davon. Zusätzlich begann die Bundesregierung im Jahr 2012 damit die Förderung der Photovoltaik stärker zu beschneiden. Grund hierfür war unter anderem, dass  mit dem Boom der Photovoltaik die Ökostromumlage und damit die Stromkosten stiegen. Dies hatte zur Folge, dass der Markt nach den Kürzungen innerhalb weniger Jahre um rund 80 Prozent eingebrochen ist. (Augsburger Allgemeine 2017).„Im Sommer 2020 kündigte Hanwha-Q-Cells an, in den kommenden drei Jahren 125 Millionen Euro am Standort in Thalheim investieren zu wollen, um die nächste Generation von Solarzellen mit höherem Wirkungsgrad zu entwickeln. Eine Rückkehr der Produktion ist nicht zu erwarten, hieß es damals.“ (mdr 2021). Im Jahr 2021 begann ein Schweizer Konstrukteur von Photovoltaikanlagen nun in Eigenregie Solarzellen herzustellen (mdr 2021). „Die Firma Meyer-Burger begann Anfang Juli mit dem Probebetrieb mit 200 Beschäftigten. Die Massenfertigung soll bald anlaufen.“ (mdr 2021).
 

Batteriefabrik Arnstadt

Bei der in Arnstadt erbauten Batteriefabrik handelt es sich um eine Fabrik des chinesischen Autobatteriehersteller CATL. Die Produktion der Lithium-Ionen-Batterien sollte im Jahr 2022 starten. Geplant sind, dass bis zu 2000 Mitarbeiter an diesem Standort tätig werden. CATL begann im Oktober 2019 mit der Errichtung der Batteriefabrik (mdr 2021). „Der Schwerpunkt der Investitionen in Erfurt liegt laut CATL auf der automatisierten Produktion und intelligenten Herstellung von Batteriezellen. Eine große Rolle würden dabei Forschung und Entwicklung, Qualitätskontrolle und hochwertige Dienstleistungen spielen.“ (mdr 2021). Laut eigenen Angaben des Unternehmens soll hier die erste Gigawattfabrik Deutschlands entstehen (SZ 2020). „Vor Beginn der Großserienproduktion in Arnstadt solle bereits zu Beginn des nächsten Jahres in Erfurt die Modulfertigung anlaufen, in der aus China zugelieferte Batteriezellen zusammengesetzt werden.“ (SZ 2020).

Literaturverzeichnis: