UNESCO-Weltkultuterbe Quedlingburg & Dresden

Quedlinburg

1994 war ein wichtiges Jahr für die Stadt Quedlinburg. Denn in diesem Jahr wurden die Stiftskirche St. Servatius, das Schloss und die Altstadt auf die Liste der UNESCO Weltkulturerbestätten aufgenommen. Für den Titel der UNESCO müssen verschiedene Kriterien erfüllt sein. Zum einen muss ein „außergewöhnlicher universeller Wert“ (UNESCO-WHC 2017, S. 7) nachgewiesen werden. Dies bedeutet, dass die kulturelle oder natürliche Bedeutung der Stätte „die nationalen Grenzen durchdringt und sowohl für gegenwärtige als auch für künftige Generationen der gesamten Menschheit von Bedeutung ist“ (UNESCO-WHC 2017, S. 17–18). Außerdem müssen die Bedingungen der Unversehrtheit und Echtheit erfüllt werden (UNESCO-WHC 2017, S. 26–29).
Die Aufnahme Quedlinburgs wurde dadurch begründet, dass die Stadt „ein außergewöhnliches Beispiel für eine europäische mittelalterliche Stadt“ (Deutsche UNESCO-Kommission 2021) sei. Die weltweite kulturelle Bedeutung Quedlinburgs geht auf ihre Funktion als Königs- und Kaiserpfalz und ihre Funktion als Hauptstadt des Ostfränkischen Reiches und als Handelsstadt zurück. In besonderem Maße beruht die Entwicklung und Architektur der Stadt auf der sächsisch-ottonische Herrscherdynastie (Welterbestadt Quedlinburg 2021). Besonders die über 1300 Fachwerkhäusern aus 6 Jahrhunderten in der Altstadt und die vollständig erhaltene Stadtmauer aus dem Jahr 1330 zeugen von der besonderen kulturellen Bedeutung Quedlinburgs. Dass diese bis heute erhalten geblieben sind, ist aber nicht selbstverständlich. Vor allem in der jüngeren Geschichte der Stadt, zu Zeiten der DDR, war ihre Erhaltung ungewiss. Denn in dieser Zeit wurde kaum Geld in den Erhalt der historischen Bausubstanz investiert. So kam es dazu, dass ein Großteil der historischen Gebäude, nicht nur in Quedlinburg, sondern in der gesamten DDR, zur Zeit der Wiedervereinigung, aber auch schon ab den 60er und 70er Jahren unbewohnbar waren. In Quedlinburg drohte nach der Wiedervereinigung der Flächenabriss großer Teile der verkommenen Altstadt, was jedoch durch den Runden Tisch der Stadt schnell gestoppt wurde. Es wurden verschiedene Programme aufgelegt und ein gesetzlicher Rahmen für die Sanierung der historischen Gebäude geschaffen (Welterbestadt Quedlinburg 2021). Die Sanierung lief dann hauptsächlich durch Privatpersonen, welche eines der Häuser billig erwerben konnten und dieses dann, unterstützt durch die Finanzierungsprogramme, unter Verwendung historischer Materialien und Bauweisen, wieder in Stand setzten.
Die Stiftskirche „[stellt mit ihrer] Krypta mit dem Kreuzgewölbe, den Kapitellen, Gräbern und Wandmalereien […] eines der bedeutendsten Denkmäler der Kunstgeschichte aus dem 10. bis 12. Jahrhundert dar“ (Deutsche UNESCO-Kommission 2021). Hier ist außerdem der neben Aachen und Haberstadt wertvollste Kirchenschatz Deutschlands ausgestellt. Der Schatz galt jedoch nach dem Ende des zweiten Weltkriegs für Jahrzehnte als verschollen und wurde erst 1990 in den USA wiederentdeckt. Zu Beginn der Bombenangriffe auf Deutschland wurden viele Kunstschätze in Sicherheit gebracht, so auch der Domschatz, welcher in einer Höhle außerhalb der Stadt untergebracht wurde. Dort fand in der US-amerikanische Oberleutnant Joa Thomas Meador und schickte ihn per Feldpost in seine Heimat, den kleinen Ort Whitewright in Texas. Nach dessen Tod fanden seine Erben den Schatz und wollten ihn auf dem Kunstmarkt verkaufen. Dadurch wurde die Aufmerksamkeit des Juristen und Historikers Willi Korte geweckt, welcher den Schatz schließlich im Jahr 1990 in Texas aufspürte. Schließlich kauften die deutschen Behörden den Schatz für etwa 3 Millionen US$ zurück und so kam der Schatz im Jahr 1993, nach fast 50 Jahren wieder zurück nach Quedlinburg in die Stiftskirche St. Servatius, wo man ihn bis heute besichtigen kann (Mitteldeutscher Rundfunk 2018).

Dresden

Die Kulturlandschaft Dresdner Elbtal war vom Jahr 2004 bis zum Jahr 2009 auf der Liste der UNESCO-Welterbestätten verzeichnet (Deutsche UNESCO-Kommission 2021b). Diese erstreckte sich über 18km vom Schloss Übigau bis zum Schloss Pillnitz. Es beinhaltete auch das Zentrum Dresdens mit den vielen Monumentalbauten und Parks aus dem 16. bis 20. Jahrhundert bzw. deren Nachbauten aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, aber auch verschiedene Villen und Gärten aus dem 19. Und 20. Jahrhundert, sowie alte Dörfer, welche ihre historische Struktur erhalten konnten, aber auch Elemente der industriellen Revolution, wie das Blaue Wunder, die Dresdner Berg- und Seilbahnen, die Passagierdampfschiffe und die Werft, welche alle zwischen 1879 und 1901 fertiggestellt oder in Betrieb genommen wurden (UNESCO-World Hertiage Convention 2021a). In die Liste der UNESCO wurde das Dresdner Elbtal unter anderem für seine außergewöhnliche Kulturlandschaft aufgenommen, welche ein Ensemble aus der barocken Umgebung und den suburbanen Gartenstädten in ein künstlerisches Ganzes im Flusstal bildet (UNESCO-World Hertiage Convention 2021a). Dies zeigt auch, dass insbesondere das Zusammenspiel der Landschaft des Elbtals mit der Stadtsilhouette Dresdens ausschlaggebend für den außergewöhnlichen universalen Wert war. Weder die Dresdner Altstadt noch das Elbtal ans sich sind jedoch als Einzelobjekt betrachtet von ausreichendem Wert für den UNESCO-Titel. Jedoch verlor das Dresdner Elbtal im Jahr 2009 seinen UNESCO-Titel aufgrund des Bauprojektes der Waldschlößchenbrücke (World Hertiage Convention 2021b).
Dass einer Stätte bzw. einem Gut auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste der Titel aberkannt werden kann, müssen verschiedene Voraussetzungen gegeben sein. Zunächst muss das eingetragene Gut auf die Liste des gefährdeten Erbes der Welt gesetzt werden. Hierfür muss das Gut von ernsten und spezifischen Gefahren bedroht sein. Stellt das Welterbekomitee dann fest, dass der außergewöhnliche universelle Wert des Gutes, welcher zur Eintragung des Gutes in die Welterbeliste geführt hat, zerstört ist, kann das Komitee die Streichung des Gutes aus der Liste veranlassen (UNESCO-WHC 2017, S. 2). Seit 1978, dem Jahr, als die Liste des Erbes der Welt durch die UNESCO eingeführt wurde, wurden über 1000 Stätten auf die Liste aufgenommen. Lediglich 3 verloren ihren Titel wieder. Die erste Stätte, die ihren Titel verlor, war das Reservat der seltenen Arabischen Oryx-Antilopen im Oman im Jahr 2007. Der Titel wurde aberkannt, da das Gebiet für die Erdölförderung um 90% verkleinert wurde. Die zweite Stätte war das Dresdner Elbtal im Jahr 2009, aufgrund des Baues der Waldschlößchenbrücke. Die bisher letzte Stätte, welche ihren Titel verlor, war die Hafenstadt Liverpool Anfang 2021. Hierzu führten verschiedene Stadtentwicklungsprojekte, der Bau von Hochhäusern, Infrastrukturprojekte und schlechtes Management (Süddeutsche Zeitung 2021).
Im Fall der Aberkennung des UNESCO-Titels für das Dresdner Elbtal wurde argumentiert, dass das Bauwerk die Landschaft unwiederbringlich zerschneiden würde und dadurch den außergewöhnlichen universellen Wert der Kulturlandschaft zerstören würde (UNESCO-World Hertiage Convention 2021b). Zuvor war es 2006 auf Grund der Brückenplanungen auf die Liste des gefährdeten Erbes der Welt gesetzt worden. Das Komitee hätte einen Tunnel als Kompromiss akzeptiert, jedoch argumentierte die damalige Oberbürgermeisterin Dresdens, Helma Orosz, dass dies ein noch größeren Eingriff in den geschützten Flusslauf bedeuten würde, was nicht mit EU-Recht vereinbar wäre. Außerdem sprach sich im Jahr 2005 bei einem Bürgerentscheid eine Mehrheit von 65% der Bürger für das Projekt aus. Dieser Argumentation folgte das UNESCO-Komitee jedoch nicht und so wurde im Jahr 2009 mit der nötigen Zweidrittel-Mehrheit für die Streichung des Gutes von der Liste des Erbes der Welt gestrichen (Deutsche UNESCO-Kommission 2021a).
Mit dem Verlust des Titels kommen aber noch andere Folgen auf die Stätte zu. Ein großer Vorteil des UNESCO-Titels ist die erhöhte Sichtbarkeit für den internationalen Tourismus und damit ach die Einnahmen aus dem Tourismus. Außerdem schafft der Titel Anreiz für die lokalen Akteure, das Gut in besonderer Weise zu schützen und zu erhalten. Beim Verlust des Titels könnte es so dazu kommen, dass die lokalen Akteure auch das Interesse am Erhalt des Gutes verlieren (Frey und Steiner Lasse 2010, S. 37). Auf der anderen Seite bringt der UNECO-Titel aber auch einige Nachteile mit sich. So kommt es oft z einem Überrennen der Stätte durch Tourismus, was sogar schädlich für die Stätte sein kann und sie auf Zeit sogar zerstören kann. Beispiele hierfür sind Venedig und Machu Picchu (Frey und Steiner Lasse 2010, S. 38). Außerdem sind insbesondere Städte durch den Titel oft in ihrer Stadtentwicklung eingeschränkt, da verschiedene Infrastruktur- oder Bauprojekte nicht mit dem UNESCO-Titel vereinbar sind, was dazu führe kann, dass notwendige Maßnahmen und de Schaffung von Wohnraum behindern kann (Brumann 2017).

Literaturverzeichnis