Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft

wissen&museum: Archiv - Exponat - Evidenz

Förderung  Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Projektpartner Dr. Heike Gfrereis (Leiterin der Museen des DLA), Prof. Dr. Barbara Lange (Kunsthistorisches Institut), Dr. Marcel Lepper (Arbeitsstelle Geschichte der Germanistik des DLA), Prof. Dr. Ulrich Raulff (Direktor Deutsches Literaturarchiv), Prof. Dr. Stephan Schwan (Institut für Wissensmedien), Prof. Dr. Anke te Heesen (Ludwig-Uhland-Institut), Prof. Dr. Bernhard Tschofen (Ludwig-Uhland-Institut)
Wiss. Mitarbeiter Kira Eghbal-Azar, M. A. (Institut für Wissensmedien), Felicitas Hartmann, M. A. (Ludwig-Uhland-Institut), Yvonne Schweizer, M. A. (Kunsthistorisches Institut), Dr. Thomas Thiemeyer (DLA, Ludwig-Uhland-Institut)
Projektlaufzeit Beginn Mai 2009, Ende April 2012
Projekthomepage www.wissen-und-museum.de

Grundidee
Das Verhältnis von Museum, Archiv und Wissenschaft, das sich derzeit neu konfiguriert, steht im Zentrum des Projekts wissen&museum: Archiv – Exponat – Evidenz. Museen und Archive haben gegenwärtig einen hohen Bedarf an Reflexion, an konkreter sammlungsbezogener und ausstellungsbegleitender Forschung, die sich in die Ausstellungsentwicklung produktiv einspeisen lässt. Deshalb sind neue Allianzen von Museen, Archiven und Hochschulen erforderlich, um die Forschung im Museum und Archiv zu stärken und das Feld des kulturellen Lernens für den Forschungsdialog sowie für eine duale theorie- und praxisorientierte Ausbildung des Museumsnachwuchses fruchtbar zu machen.

Dialog von Theorie und Praxis
Gerade im Bereich der Führungspositionen innerhalb des Museumswesens besteht ein Mangel an wissenschaftlich und kuratorisch gleichermaßen qualifiziertem Nach- wuchs: Nicht die Trennung von wissenschaftlicher Qualifikation einerseits und Museumsvolontariat andererseits, sondern die Einbettung von Qualifikations- projekten in die konkrete Museumsarbeit ist ein Zukunftsmodell, dem sich das Projekt wissen&museum verpflichtet.

Der Antrag des Projekts wissen&museum erfolgte im Rahmen der BMBF-Ausschreibung „Übersetzungsfunktion der Geisteswissenschaften“. Es will in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Universität und Museum die Übersetzungskompetenz der Geisteswissenschaften nutzen, um theoretisches Wissen in praktisches Orientierungs- und Handlungswissen zu überführen.

Dabei verfolgt es drei Ziele: Erstens will es Methoden und Modelle museums- wissenschaftlicher Forschung erarbeiten, die auf unterschiedliche Museumstypen übertragbar sind. Zweitens erprobt es eine neuartige Form universitär-außeruniversitärer Zusammenarbeit, um den Transfer von Theorie und Praxis zu optimieren. Drittens will es qualifizierten Nachwuchs für das boomende Ausstellungswesen theoretisch wie praktisch ausbilden.

Kooperation von vier Instituten
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierte Projekt wissen&museum entsteht in Kooperation zwischen dem Deutschen Literaturarchiv Marbach (DLA), dem Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft (LUI) und dem Kunsthistorischen Institut (KHI) der Universität Tübingen sowie dem Institut für Wissensmedien (IWM) Tübingen (Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft). Gegenstand des museumswissenschaftlichen Projekts ist es, in interdisziplinärer Perspektive Übersetzungsvorgänge in Ausstellungen zu untersuchen und Theorien zu entwickeln, die über den Einzelfall hinaus Wissens- und Vermittlungsprozesse des Museums erklären können. Untersuchungsgegenstand ist das DLA mit seinem Archiv und den beiden Museen, dem Literaturmuseum der Moderne (LiMo) und dem Schiller-Nationalmuseum (SNM).

Leitfragen und Forschungsprojekte
Das Projekt wissen&museum gliedert sich in vier Forschungsprojekte: „Räume der Literatur“ (bearbeitet von Thomas Thiemeyer, betreut von Prof. Dr. Bernhard Tschofen, beide LUI), „Materialien der Literatur“ (Felicitas Hartmann, Prof. Dr. Anke te Heesen, LUI), „Bilder der Literatur“ (Yvonne Schweizer, Prof. Dr. Barbara Lange, KHI) und „Präsentationspraxis und Evidenzzuschreibung“ (Kira Eghbal-Azar, Prof. Dr. Stephan Schwan, IWM). Die Projektmodule widmen sich während der Planung und Durchführung einer Marbacher Ausstellung folgenden Fragen:

1. Wie gestaltet sich der Übersetzungsvorgang vom Archivobjekt zum Ausstellungsobjekt? Wie entsteht kulturelles Wissen, wenn Objekte aus den Museumsdepots herausgeholt und in Ausstellungen exponiert werden?

2. Welche Rolle spielen Raum und Materialität für die Praktiken des Sammelns und die Praktiken des Zeigens? Welcher Zusammenhang besteht zwischen Objekthaftigkeit des Exponats und seiner Sinnträgerfunktion?

3. Wie erzeugen Bilder Evidenz in Ausstellungen? Welchen Beitrag für den Umgang mit Bildern im Museum können bildwissenschaftliche Erkenntnisse dabei leisten?

4. Was lernen Besucher in archivbezogenen Ausstellungen? Was nehmen sie wahr? Wie verhält sich die Navigation im Ausstellungsraum zum Vorgang der Auseinandersetzung? Wie wird kulturelle Bildung abgerufen, kritisch modifiziert und vertieft?

Ausstellung zum Jahr 1912
Das Projekt wissen&museum bringt aktuelle Erkenntnisse und Methoden der Museumswissenschaft, der Kunst- und Bildwissenschaft und der Medien-, Informations- und Kognitionswissenschaft in produktiven Dialog mit den Beständen des DLA und deren Präsentation am Ort. Neu an diesem Ansatz ist, dass er material- und praxisnah Theorien für Übersetzungs- und Vermittlungsleistungen in Museen entwickeln will und dabei auf die Mitarbeit von jungen Museumswissenschaftlern vertraut. Den Abschluss des Projekts bildet eine gemeinsam konzipierte und theoretisch reflektierte experimentelle Ausstellung zum Jahr 1912, die im April 2012 im Literaturmuseum der Moderne eröffnet wird.