Institut für Soziologie

Welche Berufsgruppen sind von pandemiebedingten finanziellen Risiken und Anerkennungsveränderungen besonders betroffen?

Weitere Befunde aus dem BMAS-FIS-Projekt ‘Corona-Krise und berufliche Anerkennung’

Der Fokus der ersten Ausgabe unseres Newsletters lag insbesondere darauf zu ermitteln, ob und wie es gelingen kann Personen in systemrelevanten Berufen zu identifizieren, wie groß deren Anteil an der deutschen Erwerbsbevölkerung ist und wie es um die wahrgenommene Anerkennung dieser Personen bestellt ist. Im Zuge dieser ersten Ergebnisse wurde einerseits ersichtlich, dass durchaus Unterschiede zwischen systemrelevanten und nicht-systemrelevanten Berufsgruppen hinsichtlich der wahrgenommenen Anerkennung zu konstatieren sind. Andererseits deuten jedoch die Unterschiede in der finanziellen Situation von Beschäftigten in systemrelevanten Berufen darauf hin, dass die bisherige, allein auf das Kriterium der Systemrelevanz Bezug nehmende Betrachtung die Heterogenität der Lebensbedingungen der Betreffenden nicht angemessen erfassen kann.

Die zweite Ausgabe des Newsletters widmet sich daher insbesondere der Frage, welche spezifischen Berufsgruppen von finanziellen Risiken und Anerkennungsdefiziten oder -veränderungen im Rahmen der Corona-Pandemie betroffen sind, in welchem Maße sich diese Berufsgruppen anerkannt fühlen und welche Schlussfolgerungen sich aus unseren Erkenntnissen ableiten lassen. Dabei soll eine in der Pandemie auf besondere Weise betroffene Berufsgruppe im Fokus stehen: sogenannte “BasisarbeiterInnen”.

Die Untersuchung dieser Fragen bildet einen Kernbestandteil des BMAS-FIS-Forschungsprojekts “Corona-Krise und berufliche Anerkennung”. Erste Ergebnisse auf Basis eines von uns im Februar und März 2021 durchgeführten Onlinesurveys dazu präsentierten wir bereits hier. Im Folgenden stellen wir weiterführende Ergebnisse dar. Die Stichprobe umfasst 3,102 Erwerbstätige und ist repräsentativ für die Erwerbsbevölkerung in Deutschland.

Basisarbeit

Hintergrund für unsere Konzentration auf BasisarbeiterInnen ist die Annahme, dass diese Berufsgruppe während der Pandemie besonders essenziell für das Fortbestehen des gesellschaftlichen Lebens war, in der öffentlichen Debatte jedoch weitgehend unbeachtet blieb. Gemäß der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ausgerufenen “Initiative neue Qualität der Arbeit” (INQA) handelt es sich bei BasisarbeiterInnen um “Menschen mit einfachen Qualifikationen in systemrelevanten Berufen” (INQA 2021a). Als mögliche Beispiele können PflegehelferInnen oder auch KassiererInnen gelten. Zentral für dieses Verständnis von Basisarbeit sind folglich die beiden Komponenten berufliche Bildung und Beschäftigung in systemrelevanten Berufen.

Daran anschließend setzt sich unsere Gruppe der BasisarbeiterInnen zusammen, für die wir uns zur Erfassung der ersten Dimension auf die von uns erhobenen Informationen zur beruflichen Stellung der Befragten stützen können. Diese Informationen wurden in einem zweistufigen Prozess erhoben, wonach sich die Befragten erst einer allgemeinen Berufsgruppe (beispielsweise den “ArbeiterInnen”) zuordnen mussten und in deren Anschluss eine differenzierte Nachfrage zum Qualifikationsniveau erfolgte. 

In unserer Studie identifizieren wir die BasisarbeiterInnen zunächst mit der beruflichen Stellung der Befragten: Angelernte Angestellte, ungelernte ArbeiterInnen und angelernte ArbeiterInnen sind diejenigen Berufsgruppen, die über keine berufliche Qualifikation verfügen. Diese Zuordnung trifft auf 728 Befragte (circa 23%) zu. Diese Größenordnung deckt sich mit Analysen auf Grundlage des IAB-Betriebspanels, die für die Jahre von 2006 bis 2016 einen konstanten Anteil von etwa 22% der Beschäftigten in Tätigkeiten ohne die Notwendigkeit einer spezifischen Qualifikation verorten (INQA 2021b).

Aus dieser Gruppe ordnen wir dann diejenigen Beschäftigten den BasisarbeiterInnen zu, deren Beschäftigungsverhältnisse in objektiver Hinsicht als systemrelevant deklariert werden können. Bei der Definition objektiver Systemrelevanz beziehen wir uns - wie schon in der ersten Ausgabe dieses Newsletters - auf die Versorgungsrelevanz im Sinne des “Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung” (KOFA) des Instituts der deutschen Wirtschaft (Burstedde et al. 2020).

Insgesamt unterscheiden wir auf Basis der beruflichen Stellung der Befragten fünf Statusgruppen: Nicht-Qualifizierte Beschäftigte, qualifizierte Beschäftigte, hochqualifizierte Beschäftigte, Beamte, Selbstständige. Jede dieser Gruppen kann nach objektiver Systemrelevanz in zwei Subgruppen aufgespalten werden: eine systemrelevante und eine nicht-systemrelevante. Drei zusätzliche Kategorien summieren Befragte, bei denen Informationen zu einer der beiden Definitionsgrundlagen von Basisarbeit nicht vorliegen. Neben den BasisarbeiterInnen als systemrelevante nicht-qualifizierten Beschäftigten betrachten wir damit auch die nicht-systemrelevanten nicht-qualifizierten Beschäftigten als eigene Gruppe.

In Abbildung 1 ist die Anzahl der Befragten auf die beschriebenen Berufsgruppen in unserer Befragung zu erkennen. Demnach lassen sich 326 TeilnehmerInnen als BasisarbeiterInnen charakterisieren. Das entspricht in etwa 11% der Gesamtanzahl an Teilnehmenden. Die nicht-systemrelevanten gering-qualifizierten Beschäftigten umfassen 279 Befragte (9%). 

Des Weiteren identifizieren wir 279 Befragte (9%), die zwar aufgrund fehlender beruflicher Qualifikation als BasisarbeiterInnen gelten könnten, jedoch nicht objektiv systemrelevanten Tätigkeiten nachgehen.

Die höchsten Anteile fallen auf Personen mit qualifizierenden Berufsabschlüssen ab. Etwa 13% aller Befragten können sowohl einen solchen Abschluss vorweisen als auch der Kategorie objektiv systemrelevant zugeordnet werden. Weitere 15% der Teilnehmenden verfügen über eine berufliche Qualifikation, erfüllen jedoch das Kriterium objektiver Systemrelevanz nicht.

Beamte sind in unserer Stichprobe hingegen in geringerem Maße vertreten und machen insgesamt einen Anteil von 4% in der Erhebung aus. Aufgrund dieser geringen Fallzahl werden Beamte von den nachfolgenden Analysen ausgeschlossen. Gleiches gilt für die drei Restgruppen, die eine zu große Heterogenität für verlässliche Schlussfolgerungen aufweisen. Somit bleiben 2414 Befragte aus der Stichprobe für die folgenden Untersuchungen übrig.

Hat sich die berufliche Belastung verändert?

Wie bereits eingangs erwähnt geht es uns darum, zu erfassen, wie finanzielle Risiken und das Maß und die Veränderung von Anerkennung in der Bevölkerung und insbesondere unter Personen in Basisarbeit wahrgenommen wurden. In einem ersten Schritt wollen wir uns dem annähern, in dem wir die veränderte Belastung durch den Beruf in der Pandemie untersuchen.

In Abbildung 2 ist dargestellt, wie viel Prozent der jeweiligen Berufsgruppen angeben, dass die berufliche Belastung während der Pandemie stark oder sehr stark zugenommen hat. Die horizontale Linie bildet dabei den Gesamtanteil dieser beiden Antwortmöglichkeiten auf der fünfstufigen Fragenskala über alle Befragten hinweg ab. Somit geben etwa 36% aller Befragten an, dass die Belastung im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit während der Pandemie stark oder sehr stark zugenommen hat.

Hier scheint nun die objektive Systemrelevanz ausschlaggebend für Gruppenunterschiede zu sein. Sowohl bei Personen ohne berufliche Bildung mit einem qualifizierenden Bildungsabschluss als auch bei Personen mit hoher beruflicher Stellung gibt jeweils die Untergruppe der Systemrelevanten zu einem höheren Anteil gestiegene berufliche Belastung an als die Vergleichsgruppe. Einzig bei Selbstständigen lassen sich solche Unterschiede nicht identifizieren - auch die systemrelevanten Selbständigen verzeichnen vergleichsweise geringe Anteile von Personen, die eine gestiegene Belastung berichten.

Da die Arbeit von Personen in systemrelevanten Berufen in der Pandemie in besonderem Maße gefordert war, scheint dies auf den ersten Blick nicht überraschend.  Doch geht die gestiegene Belastung auch mit gestiegenen Gratifikationen einher?

Die Gratifikation der beruflichen Arbeit

Ähnlich wie im ersten Newsletter bei Personen in systemrelevanten Berufen ist zu vermuten, dass es systematische Unterschiede im Niveau der wahrgenommenen Anerkennung zwischen Personen in Basisarbeit und anderen Berufen gibt und dass dieses sich in der Pandemie verändert hat. Unser Verständnis von Anerkennung setzt sich dabei aus mehreren Dimensionen zusammen.

Einerseits ist damit die Wahrnehmung von Wertschätzung, Lob und Respekt vor Geleistetem seitens Gesellschaft und Politik gemeint (nachfolgend wieder “gesellschaftliche Anerkennung”). Andererseits berücksichtigen wir auch die Anerkennung, die unmittelbar im direkten Arbeitsumfeld im Rahmen der eigenen, konkreten Tätigkeit wahrgenommen wird (“Anerkennung im Arbeitsumfeld”).

Aufgrund ihrer besonderen Rolle in der Corona Pandemie interessiert uns in besonderem Maße, inwiefern sich BasisarbeiterInnen durch Corona-spezifische Maßnahmen berücksichtigt fühlen. Denn gerade aus dem Spannungsverhältnis einer zur Funktionalität gesellschaftlicher Abläufe bedeutsamen Tätigkeit auf der einen Seite und den damit zugleich verbundenen größeren Risiken und der höheren Belastung - z.B. durch anstrengende körperliche Aufgaben und/oder ein höheres Infektionsrisiko -, wäre ein gesteigertes Bedürfnis nach spezifischen Maßnahmen der Politik nachvollziehbar. Bleibt dieses jedoch unberücksichtigt, können aus dieser Nichtberücksichtigung bei politischen Entscheidungen Anerkennungsdefizite erwachsen.

Auch die Wahrnehmung und Veränderung der finanziellen Situation ist von besonderem Interesse. Folgte auf symbolische Akte in der Anfangsphase der Pandemie auch die teils von der Politik in Aussicht gestellte Verbesserung der finanziellen Lage? Zuletzt weiten wir in dieser Analyse den Fokus etwas, indem wir auch das subjektive Empfinden zu finanzieller und beruflicher Zufriedenheit untersuchen.

Die gesellschaftliche Anerkennung

Wie schon zuvor betrachten wir das Ausmaß an wahrgenommener Anerkennung anhand von Boxplots der Häufigkeitsverteilungen. Die Rechtecke visualisieren den Interquartilsabstand - den Bereich zwischen den niedrigsten 25 % und höchsten 25 % der beobachteten Verteilung. Die Linien links und rechts der Rechtecke entsprechen dem 1,5-Fachen des Abstands und einzelne Punkte markieren Ausreißer, die außerhalb dieser Spannweite liegen. Abgebildet werden sogenannte Faktorscores, bei denen es sich um metrische Indikatoren handelt und die aus der Kombination mehrerer inhaltlich gruppierbarer Antworten gebildet werden.

Abbildung 3a zeigt das zum Befragungszeitpunkt wahrgenommene Niveau der gesellschaftlichen Anerkennung. Anhand der Graphik lässt sich ablesen, dass das Anerkennungsniveau in Verbindung mit dem beruflichen Status der Befragten steht. Bei BasisarbeiterInnen sowie Personen ohne systemrelevante Tätigkeit, die ebenfalls keine Berufsqualifikation vorweisen können, befindet sich die Faktorscores größtenteils im negativen Wertebereich, was eine unterdurchschnittliche wahrgenommene gesellschaftliche Anerkennung bedeutet.

Bei den beiden Gruppen der Personen mit qualifizierenden Berufsabschlüssen liegen die Werte etwas ausgedehnter im positiven Wertebereich. Bei Personen mit höheren Qualifikationen und Selbstständigen liegen die Werte größtenteils im positiven Wertebereich, was zeigt, dass sich diese Gruppen deutlich stärker anerkannt fühlen. Insgesamt wird damit klar, dass die erfahrene Anerkennung mit dem Qualifikationsniveau der Berufe korreliert, dass aber die objektive Systemrelevanz der Berufe keine große Rolle spielt.

In Abbildung 3b ist die Veränderung der gesellschaftlichen Anerkennung im Rahmen der Corona-Pandemie dargestellt. In diesem Fall legt ein Blick auf die Graphik nahe, dass weniger der berufliche Status und das Qualifikationsniveau entscheidende Größen für eine Veränderung der Anerkennung sind. Stattdessen scheint hier die Systemrelevanz der Berufe der entscheidende Faktor zu sein. Innerhalb der jeweiligen Berufsgruppen weisen die systemrelevanten Untergruppen eher eine stärkere Verbesserung der empfundenen Anerkennung auf als die nicht-systemrelevanten. Auffällig ist dabei, dass insbesondere Nicht-Qualifizierte und Selbstständige in nicht-systemrelevanten Berufen eher keine Verbesserung ihrer gesellschaftlichen Anerkennung wahrnehmen beziehungsweise sogar eher von Verschlechterungen berichten.

Neben der grundsätzlichen Veränderung während der Pandemie interessiert uns jedoch besonders, ob BasisarbeiterInnen sich aufgrund der getroffenen Unterstützungsmaßnahmen seitens Politik und auch der erfahrenen Anerkennung durch die Gesellschaft ausreichend berücksichtigt fühlen. In unseren Fragebogen wurden dafür drei Aussagen integriert, die genau diese Information erfassen sollten:

"Meine Berufsgruppe…

  1. …wurde von der Politik bei der Auszahlung von Hilfsgeldern im Rahmen der Corona-Pandemie übergangen.

  2. …wird mit ihren Problemen von der Politik in der Pandemie alleine gelassen.

  3. …wird von der Gesellschaft nicht ausreichend als systemrelevant wahrgenommen."

Bei einem Blick auf das Zustimmungsverhalten zu den drei Aussagen, stechen besonders zwei Ergebnisse heraus. Zum einen berichten BasisarbeiterInnen im Vergleich zu den restlichen Berufsgruppen hinsichtlich der finanziellen Kompensation, die durch die Politik in Aussicht gestellt wurde, ein deutlich geringeres Anerkennungsniveau. Zum anderen geben BasisarbeiterInnen und nicht-systemrelevante Selbstständige eher an, dass sie sich mit ihren Problemen von der Politik alleine gelassen fühlen.

Abbildung 3c zeigt die kombinierten, metrischen Indikatoren dieser drei Fragen. Anhand des Vergleichs der Interquartilsabstände lässt sich festhalten, dass besonders zwei Gruppen im negativen Sinne hervorstechen: BasisarbeiterInnen und nicht-systemrelevante Selbstständige. Dieser Abstand liegt bei beiden Gruppen im negativen Wertebereich.

Dies erscheint nachvollziehbar, waren es doch diese Berufsgruppen, die von politischen Maßnahmen entweder durch Mehrbelastung oder Berufsverbote am stärksten betroffen waren.

Neben der gesellschaftlichen Anerkennung interessiert uns auch wieder die wahrgenommene Anerkennung im unmittelbaren beruflichen Umfeld. Hier lässt sich als Resümee lediglich bilanzieren, dass keine systematischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Berufsgruppen zu erkennen sind. Dies ist insofern plausibel, als Anerkennung am direkten Arbeitsplatz sehr kontextspezifisch und individuell ausfallen kann.

Die finanzielle Situation der Basisarbeit

Wie sieht es mit der finanziellen Situation der BasisarbeiterInnen aus? Gerade vor dem Hintergrund der zuvor geschilderten Unzufriedenheit mit den politischen Maßnahmen zur Abfederung finanzieller Einbußen (vgl. Abbildung 3c) während der Pandemie ist diese Betrachtung wichtig. Tatsächlich lassen sich deutliche Differenzen zwischen dem nettoäquivalenten Haushaltseinkommen pro Monat von BasisarbeiterInnen im Vergleich zu den anderen Berufsgruppen in Abbildung 4a ablesen. Während der Interquartilsabstand der BasisarbeiterInnen an der unteren Grenze die Marke von 1.000 Euro pro Monat unterschreitet und am oberen Rand die Marke von 1.500 Euro pro Monat knapp überschreitet, leben die anderen Berufsgruppen in finanziell deutlich besseren Verhältnissen - bezogen auf das nettoäquivalente Haushaltseinkommen. Nur die Nicht-Qualifizierten Beschäftigten in nicht-systemrelevanten Berufen sind ähnlich schlecht ausgestattet wie die BasisarbeiterInnen.

Der Befund dieser Abbildung sollte allerdings nicht überraschen, da die Entlohnung in Berufen auf dem deutschen Arbeitsmarkt stark an das Qualifikationsniveau der Erwerbstätigen gekoppelt ist. Bei BasisarbeiterInnen handelt es sich per definitionem um nicht-qualifizierte Arbeitskräfte, weshalb mit einem niedrigeren Einkommensniveau zu rechnen ist. Dieses sollte sich folglich auch in einem geringeren nettoäquivalenten Haushaltseinkommen pro Monat widerspiegeln.

Angesichts der Unzufriedenheit mit politischen Maßnahmen und der im Arbeitsmarkt verankerten Qualifikationslogik der Entlohnung ist von besonderem Interesse, ob sich durch die Pandemie die finanzielle Situation von BasisarbeiterInnen verschlechtert hat. Diese Information wurde kategorial abgefragt (2% der Befragten haben hier keine Angabe gemacht). Bei einem Blick auf die BasisarbeiterInnen fällt auf, dass sie - ebenso wie die die qualifizierten Beschäftigten und die systemrelevanten Hochqualifizierten - seltener Einkommensverluste im Vergleich zum Monat vor Pandemiebeginn - also exakt ein Jahr zuvor - verzeichneten.

Besonders Selbstständige mussten hingegen Verluste hinnehmen. Während unter den systemrelevanten Selbstständigen 40% angeben, mindestens teils bedingt durch die Pandemie Verluste erlitten zu haben, liegt dieser Anteil bei den nicht-systemrelevanten Selbstständigen gar bei 47%.

Und wie zufrieden sind die Befragten allgemein mit ihrer finanziellen Situation? Aufschluss darüber gibt die Abbildung 4c. Insgesamt geben etwa 36% der Befragten an, dass sie mit ihrer finanziellen Situation mindestens eher zufrieden sind (horizontale Linie im Graph). Unter den beiden Gruppen ohne berufliche Qualifikation - somit auch bei den BasisarbeiterInnen - fällt der Anteil mit jeweils etwas mehr als 20% deutlich geringer aus. Bei Hochqualifizierten gibt hingegen jedeR Zweite an, sich finanziell abgesichert zu fühlen.

Doch wird die schlechtere finanzielle Ausstattung der BasisarbeiterInnen auch als ungerecht empfunden? Wird erfragt, ob Befragte den für die von ihnen erbrachten Leistungen erhaltenen Anteil gerecht finden, zeigen sich ebenfalls deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen.
Demnach geben insgesamt knapp 45% der Befragten an, nicht ihren gerechten Anteil zu erhalten. Personen in Berufen ohne Qualifikationserfordernis geben zu einem deutlich höheren Anteil an, nicht ihren gerechten Anteil zu erhalten. Während 57% der BasisarbeiterInnen diese Ansicht vertreten, sind es bei Personen, ohne Berufsqualifikation in nicht-systemrelevanten Berufen immer noch 54%. Somit zeichnen sich deutliche Unterschiede im Vergleich zu den restlichen Gruppen ab.

Alles in Allem: Hat die Pandemie die berufliche Zufriedenheit verändert?

Wie hat sich die Zufriedenheit mit der eigenen beruflichen Situation verändert? Um das herauszufinden, haben wir die Teilnehmenden gefragt, ob sie denken, dass ihre berufliche Zufriedenheit während der Pandemie zugenommen hat. Hier zeichnen sich nun Unterschiede entlang der Berufsgruppe ab. Besonders bei den Selbstständigen gibt nur ein kleiner Anteil der Befragten an, zufriedener mit ihrer beruflichen Situation während der Pandemie zu sein. Weniger als ein Viertel (bei den systemrelevanten) bzw. ein Viertel (bei den nicht-systemrelevanten) Selbstständigen berichtet eine höhere Zufriedenheit. Über alle Berufsgruppen hinweg beträgt dieser Anteil etwa ein Drittel (gekennzeichnet durch die horizontale Linie in Abbildung 6). Während BasisarbeiterInnen knapp unter diesem Gesamtschnitt liegen, verzeichnen Qualifizierte und Hochqualifizierte jeweils höhere Anteile.

Fazit: Aktueller Status versus pandemiebedingte Veränderungen

Aus den präsentierten Ergebnissen lassen sich wieder einige Schlussfolgerungen ableiten.

Statusunterschiede, hier operationalisiert über das Qualifikationsniveau der Befragten, spielen bei der gesellschaftlichen Anerkennung und der finanziellen Ausstattung der Befragten eine entscheidende Rolle. Das überrascht nicht, da der deutsche Arbeitsmarkt sich bei der Entlohnung stark am Qualifikationsniveau orientiert und sich dieser Lohn auch im nettoäquivalenten Haushaltseinkommen pro Monat annähernd widerspiegeln sollte, was sich wiederum im Gefühl, anerkannt zu sein, niederschlagen dürfte. Bei diesen generellen Differenzen zwischen Berufsgruppen spielt die Systemrelevanz von Berufsgruppen keine besondere Rolle.

Diese wird aber durchaus wichtig, wenn es um die Bewältigung und die Folgen der Pandemie geht. Generell berichten Personen in Berufen mit objektiver Systemrelevanz eine größere Mehrbelastung, gleichzeitig verspüren sie aber auch eher einen Zuwachs an gesellschaftlicher Anerkennung.

Bezogen auf die hier im Fokus stehende Gruppe der BasisarbeiterInnen kristallisiert sich dreierlei heraus. Erstens zeigt sich, dass BasisarbeiterInnen in allen hier untersuchten Bereichen am unteren Ende der Statushierarchie stehen, beziehungsweise sich dort verorten. So weisen sie mit Bezug auf die wahrgenommene gesellschaftliche Anerkennung ein Defizit gegenüber den restlichen Berufsgruppen auf und verfügen über das geringste verfügbare Haushaltseinkommen. Gerade in der Krise, in der sie besonders gebraucht wurden, fühlten sie sich außerdem von den politischen Unterstützungsmaßnahmen wenig unterstützt und damit nicht wertgeschätzt.

Zweitens sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf ihre individuelle Situation als ambivalent einzuschätzen. Zum einen fühlen sie sich von den politischen Maßnahmen zur Unterstützung der Corona-Betroffenen nicht ausreichend berücksichtigt und berichten von einer höheren Belastung in ihrer beruflichen Tätigkeit. Andererseits erlitten sie in deutlich geringerem Ausmaß als andere Berufsgruppen finanzielle Verluste und verspüren eine gesteigerte gesellschaftliche Anerkennung ihrer beruflichen Tätigkeit.

Zusammengefasst scheint dies drittens zu einer negativen Bewertung ihrer Situation zu führen. So fühlen sich die BasisarbeiterInnen am schlechtesten finanziell abgesichert und sind am häufigsten der Meinung, ihren gerechten Anteil nicht zu erhalten. Außerdem weisen sie ein niedrigeres Niveau an beruflicher Zufriedenheit auf als andere Berufsgruppen. Um klarere Antworten darauf geben zu können, wie es zu diesen Wahrnehmungen gekommen ist, werden wir in der nächsten Ausgabe dieses Newsletter noch genauer untersuchen, welche Veränderungen am Arbeitsplatz sich zugetragen haben und welche Umstände zur negativen Bewertung der eigenen Lage führen.

Literaturverweise

Burstedde, Alexander; Seyda, Susanne; Malin Lydia; Risius, Paula; Jansen, Anika; Flake, Regina & Werner, Dirk. 2020. Versorgungsrelevante Berufe in der Corona-Krise: Fachkräftesituation und Fachkräftepotenziale in kritischen Infrastrukturen, KOFA-Studie, No. 1/2020, Institut der deutschen Wirtschaft (IW), Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA), Köln.

INQA 2021a: https://inqa.de/DE/wissen/schwerpunkt-covid/basisarbeit/uebersicht.html

INQA 2021b: https://inqa.de/DE/wissen/schwerpunkt-covid/basisarbeit/corona-krise-wertschaetzung.html