Wissenschaftliches Thema des DFGK
Die im Zentrum des seit 2012 existierenden interdisziplinären Deutsch-Französischen Graduiertenkollegs (DFGK) stehende Doppelverbindung zwischen den Konzepten »Kultur« und »Konflikt« hat sich bewährt und stellt nach wie vor – in Theorie und Praxis – ein ebenso hochbrisantes wie kontrovers diskutiertes Feld dar. Die zunehmende Desintegration von Gesellschaften aufgrund von Konflikten, die als »kulturelle« identifiziert werden (islamistischer Terrorismus, Populismus, identitäre Bewegungen, Flüchtlingskrise etc.), ist überall auf der Welt heute alltägliche Realität geworden. Insofern bezieht sich die im Graduiertenkolleg aufgeworfene Frage von Kulturkonflikten und Konfliktkulturen nicht allein auf Auseinandersetzungen im deutsch-französischen Kontext, sondern auch auf die durch Migration, Flucht, Zuwanderung und Radikalisierung einzelner Bevölkerungsgruppen aufgeworfenen internen kulturellen Konflikte – in historischer Perspektive wie hinsichtlich aktueller Phänomene.
Die thematisch verbindende Schnittstelle von »Kultur« und »Konflikt« hat sich in dieser Form als überaus sinnvoll und produktiv für den Zusammenhalt des Kollegs und die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Doktorand*innen verschiedener Fächer und Orientierungen erwiesen. Im Fokus steht dabei die entscheidende methodische Frage, wie sich politische, soziale und kulturelle Narrative von Integration oder Desintegration jeweils aufeinander beziehen lassen. Es zeigt sich, dass die oft primär politisch geführten Diskussionen über Forderungen nach einer Förderung der »kulturellen Identität« innerhalb der Mehrheitsgesellschaft sich ohne historische und kulturtheoretische Kenntnisse weder analysieren noch verstehen lassen. Hierfür werden vorab die historischen Konstellationen sorgfältig untersucht, um diese dann auf der Grundlage eines interdisziplinären Ansatzes zu verknüpfen und im DFGK zu diskutieren.
Die Doktorand*innen erhalten auf diese Weise zudem grundlegende, sich einander wechselseitig ergänzende Einblicke in die methodische und theoretische Vielfalt der Geistes- und Sozialwissenschaften. Neben der historiographischen, soziologischen, philosophischen oder anthropologischen Aufarbeitung von Konfliktzonen und -phänomenen – beispielsweise im Blick auf transkulturelle Erinnerungsorte – werden mediale Transformationen und Repräsentationen im Bereich von Literatur, Bildender Kunst, Theater und Film analysiert und politische Konfliktdiskurse im Lichte ihrer kulturellen Referenzen untersucht.