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Albert Schwegler (1842)

Albert Schwegler: „Die neueste Johanneische Litteratur“. – In: Theologische Jahrbücher. – 1. 1842, 2, S. 288-309

Besprochene Werke:

Volltext (noch nicht freigegeben)

Literaturgattung:

Rezensionsaufsatz zu zwei Neuerscheinungen

Fach:

Bibelwissenschaft (Neues Testament)

Inhaltliche Zusammenfassung:

Schwegler setzt sich mit den beiden Werken von Bruno Bauer (1809-1882) und Ernst Carl Julius Lützelberger (1802-1877) auseinander. Beiden gelten als Vertreter einer „negativen“ Variante des kritischen Zugriffs auf das Johannesevangelium (im Unterschied zur „apologetischen“ und „eklektischen“). Mit Zustimmung im Grundsätzlichen referiert Schwegler die Ausführungen der beiden Werke, in denen v.a. logische und kompositionelle Widersprüche bzw. Brüche aufgezeigt werden. Das Johannesevangelium erscheint als „ein aus dem Geiste und der Anschauung der spätern Gemeinde hervorgegangenes Reflexionswerk“ (S. 290). Die Erzählung ist demnach Artikulation theologischer Theoriebildung, aber nicht historischer Bericht oder Bekenntnis zu einer gegenüber gedanklicher Konstruktion vorgängigen Wirklichkeit. Schwegler kritisiert Bauer und Lützelberger in Einzelpunkten der Hypothesen zur Textgenese und in der Methodik der Analyse. Hegels Einfluss, der für die neue Tübinger Schule kennzeichnend ist, deutet sich nicht nur in der Akzentuierung des Geschichtlich-Prozesshaften, sondern auch im Ausgangspunkt bei einem Gedanken, einer Idee an („bis in’s Detail durchdachten und systematisch durchgeführten Ideencomplex“: S. 291).

Charakteristisch für die neue Tübinger Schule ist der historische Entwicklungsgedanke, dem auch die Bibelwissenschaft verpflichtet ist. Die Bibel ist so nicht ein kritisches Gegenüber der Entwicklung, sondern Teil einer geistigen Entwicklung und von dorther zu erklären, ggf. kritisch zu relativieren. Das Johannesevangelium erscheint nach Bauer und Schwegler „als Produkt seiner Zeit“, das „als integrierendes Glied in die Entwicklungsgeschichte des ältesten Christenthums einzufügen“ ist (S. 293).

Andererseits geht es den Tübingern gerade um einen dezidiert wissenschaftlichen Zugriff, der einer allzu populär, polemisch bzw. destruktiv vorgetragenen Argumentation skeptisch gegenüber steht. Das macht Schwegler in der Auseinandersetzung mit Lützelberger deutlich (S. 293f. 306). Der historische Zugriff der neuen Tübinger Schule trägt dem Vorhandensein und Wert alter historischer Überlieferungen Rechnung (vgl. S. 294ff.). Auch der Zusammenhang mit den synoptischen Evangelien ist Schwegler im Gegensatz zu Lützelberger wichtig (S. 301f.). Der neuen Tübinger Schule ist die wissenschaftlich-historische Akribie, die Klärung von Detailfragen und gedanklichen Zusammenhängen besonders wichtig. Darin hat sie einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der historischen Bibelkritik geleistet (vgl. auch den Schlussabsatz S. 307-309).