Psychologisches Institut - Aktuell
14.12.2020
DFG-Projekt – Dr. Elisabeth Hein (Arbeitsbereich Evolutionäre Kognition, Prof. Dr. Rolke)
Mechanismen objektbasierter Korrespondenz
Dr. Elisabeth Hein hat erfolgreich ein DFG-Folgeprojekt für 30 Monate eingeworben. Projektstart: August 2021
Das visuelle System ist in der Lage, trotz mehrdeutiger Ausgangsinformationen, die Identität einzelner Elemente im Raum zu erfassen, und über die Zeit und Positionsveränderungen hinweg zu erhalten, und so stabile Repräsentationen der Objekte in unserer Umgebung herzustellen. In der Literatur dominierte lange Zeit die Sichtweise, dass Korrespondenz zwischen einzelnen Elementen, und damit die Basis für stabile Objektrepräsentationen, rein auf räumlich-zeitlichen Informationen basiert. Auf der Basis dieser Informationen wird dann die Bewegungsenergie zwischen den Elementen und damit die Korrespondenz auf einer eher niedrigen Verarbeitungsebene bestimmt.
Im Gegensatz zu diesem bewegungsbasierten Korrespondenzansatz fanden wir in der ersten Projektphase in einer Reihe von Verhaltensexperimenten klare Evidenz dafür, dass auch andere Faktoren auf einer höheren Verarbeitungsebene einen großen Einfluss auf die Korrespondenz haben können und Korrespondenz damit auch auf einer höheren objektbasierten Ebene gelöst werden kann. So konnten wir zum Beispiel zeigen, dass Aufmerksamkeit eine wichtige Rolle für den Korrespondenzprozess spielt. Darüber hinaus fanden wir, dass wahrgenommene Objekteigenschaften, also Eigenschaften, die von den retinalen Reizeigenschaften abstrahiert und im Kontext interpretiert wurden, Korrespondenz beeinflussen können. Schließlich konnten wir zeigen, dass auch die zeitlich-räumliche Vorgeschichte der Objekte einen Einfluss hat, in der Art, dass identische Objekte mit unterschiedlichen Vorgeschichten zu unterschiedlichen Korrespondenzlösungen führen.
Obwohl unsere Studienreihen damit klare Evidenz für Korrespondenz als einen höheren objektbasierten Prozess lieferten, fanden wir dennoch auch immer wieder Einflüsse bewegungsbasierter Korrespondenz. Ziel der zweiten Projektphase ist es daher, neue Erkenntnisse über die Interaktion von objekt- und bewegungsbasierten Korrespondenzmechanismen zu erhalten und dabei insbesondere die Frage zu klären, unter welchen Umständen welcher Prozess bevorzugt aktiviert wird.
Einerseits soll dabei untersucht werden, ob die Verlässlichkeit und Komplexität der Ausgangsinformation dazu führt, dass der eine oder der andere Korrespondenzprozess die Korrespondenzlösung dominiert und ob dies erlernt werden kann. In einem entwicklungsperspektivischen Ansatz soll außerdem untersucht werden, wie Kinder Korrespondenz zwischen Objekte herstellen und ob sich die objektbasierte Korrespondenz eventuell erst während der Reifung des visuellen Systems entwickelt. Schließlich soll untersucht werden, ob die Unterscheidung zwischen objekt- und bewegungsbasierter Korrespondenz spezifisch für die visuelle Modalität ist oder auch in anderen Modalitäten gefunden werden kann.
Wir erwarten, dass uns diese Experimentserien neue Erkenntnisse über das Zusammenspiel bewegungs- und objektbasierter Korrespondenz liefern und damit unser Verständnis der menschlichen Objektwahrnehmung grundlegend erweitern.
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