Kunsthistorisches Institut

Dr. Sylvia Stephan

Das körperwiderständige Schmuckobjekt: Autorenschmuck in Europa seit den 1960er Jahren

Mit "Autorenschmuck" wird eine bestimmte Sparte von Goldschmiedeschmuck untersucht, die sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausbildet. Dieser unterscheidet sich von der übrigen Schmuckgestaltung in der Betonung auktorialer Individualität. In Auseinandersetzung mit bildkünstlerischen Verfahren entwickeln die Goldschmiede individuelle gestalterische Ansätze, die den konventionellen Form-, Material- und Bearbeitungskanon des Goldschmiedehandwerks infrage stellen und entgrenzen. Das Schmuckstück wird dadurch nicht nur zu einer Signatur des Goldschmieds, sondern auch körperwiderständig. Das bedeutet, dass es nur noch sehr eingeschränkt der Urfunktion von Schmuck als Mittel sozialer Selbstauszeichnung gerecht wird.
Ausgehend von diesen Beobachtungen, wird in der Untersuchung die These der performativen Körperwiderständigkeit als eines spezifischen ästhetischen Erfahrungsmodus entwickelt. Er kann sich im Umgang mit den Schmuckarbeiten über die Rezeption resp. Applikation am Körper einstellen. Um Aussagen über die Wirkung des Autorenschmucks im Moment seiner Aneignung zu gewinnen, wird zunächst die Körperwiderständigkeit als sein strukturelles Grundmerkmal auf formaler, inhaltlich-symbolischer und funktionaler Ebene untersucht. Sie verortet ihn an der Schnittstelle von angewandter und bildender Kunst und lässt ihn zwischen Schmuckstück und Kunstobjekt changieren.

Link zur Online-Publikation:
http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/volltexte/2009/4273/