„Making up people“ in der Weltgesellschaft:
Analysen zur Institutionalisierung globaler Personenkategorien
Projektteam: Prof. Dr. Marion Müller, Dr. Hannah Bennani, Prof. em. Dr. Bettina Heintz, Annelen Fritz M.A., Nicole Sommer, M.A., Sophia Cramer M.A., Sophia Falter, Mona Haddada
Ehem. Mitarbeitende: Leandro Raszkewicz
Finanzierung: DFG
Laufzeit: 1.05.2020-31.12.2023
Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Diversifizierung weltgesellschaftlicher Selbstbeschreibungen fokussiert das Projekt aus einer wissenssoziologischen Perspektive die Frage nach der Herstellung und Institutionalisierung, aber auch dem Scheitern und Vergessen globaler Personenkategorien im Kontext der internationalen Politik. Die Entstehung kultureller Differenzierungen von Menschen mit globaler Reichweite werden dabei nicht als „natürliche“ Unterscheidungen der Sozialwelt verstanden, sondern als höchst voraussetzungsvolle und daher eher unwahrscheinliche soziale Prozesse, in deren Verlauf kategoriale Ähnlichkeiten jeweils über die Grenzen von (ersten, zweiten, dritten) Welten, Regionen, Staaten und Kulturen hinweg festgestellt und als relevant eingestuft werden müssen. Wir gehen davon aus, dass globale Personenkategorien zentrale Strukturelemente der Weltgesellschaft sind und als Globalisierungsmechanismen fungieren: Indem Menschen sich selbst und andere weltweit als Angehörige derselben Kategorien beschreiben, entsteht ein globaler Beobachtungsraum, innerhalb dessen Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Personen weltweit festgestellt werden können. Trotz aller anderen Unterteilungen wird die Welt durch diese geteilten Zugehörigkeiten als gemeinsame Sozialwelt wahrnehmbar. Vor diesem Hintergrund untersuchen wir, wie genau und unter welchen Bedingungen es gelingt (bzw. misslingt), Personenkategorien als legitime politische und rechtliche Unterscheidungen zu etablieren. Wie verfestigen sie sich (oder eben nicht), und mit Hilfe welcher Mechanismen wird ihre Reichweite erfolgreich globalisiert? Wer sind die an diesen Prozessen beteiligten relevanten Akteure? Und was sind die Bedingungen für eine erfolgreiche Institutionalisierung und Globalisierung von Personenkategorien?
Anhand von sieben Fallbeispielen sollen die jeweiligen Institutionalisierungs- und Globalisierungsgeschichten rekonstruiert und verglichen werden: „sex/gender“, „race“, „refugees/migrants“, „people with disabilities“, „indigenous people(s)“, „poor people“ und „LGBTI people“. Die Analysen basieren erstens auf ausgewählten Textdokumenten nationaler und internationaler Organisationen, zweitens auf Leitfaden-gestützten Interviews mit ExpertInnen und ZeitzeugInnen und – da wir eine besondere Relevanz unmittelbarer Interaktionen für die Durchsetzung kategorialer Differenzierungen vermuten – drittens auf ethnografischen Untersuchungen in UN-Gremien und sozialen Bewegungen.
Es handelt sich um ein in mehrfacher Hinsicht innovatives Projekt: So wird die Forschung zu „Humandifferenzierungen“ (Hirschauer) erstmals um eine globale Perspektive und die Weltgesellschaftsforschung um eine kategoriale Sichtweise erweitert. Außerdem werden globale Prozesse der Kategorienbildung erstmalig aus einer interaktionstheoretischen Perspektive untersucht.