Prof. Dr. Jörg Robert

Tamara Meyer

Kontakt: tamara.meyerspam prevention@student.uni-tuebingen.de

Projektbeschreibung

Interkulturalität und Exotismus. Julia Mann und ihre Söhne

Das Dissertationsprojekt mit dem Titel „Interkulturalität und Exotismus. Julia Mann und ihre Söhne“ geht der mütterlichen Spur im literarischen Werk von Heinrich und Thomas Mann nach. Julia da Silva-Bruhns, die Mutter der beiden berühmten Schriftsteller, ist im brasilianischen Paraty geboren und verbrachte ihre ersten Lebensjahre in dem tropischen Paradies. Ihre Kindheitserlebnisse verarbeitet sie in ihren Memoiren Aus Dodos Kindheit. Erinnerungen, die selbst oft einen exotistischen Standpunkt beziehen und von der Sehnsucht nach dem verlorenen Land der Kindheit geprägt sind. Sie berichtet von ihrer Geburt im Urwald, ihren Großeltern, dem brasilianischen Essen und der Kultur sowie von dem plötzlichen Tod ihrer Mutter und der unfreiwilligen Rückkehr nach Deutschland. Neben den Erinnerungen an ihre Heimat beschreibt sie ihre erste Zeit in Deutschland mit den dazugehörigen Herausforderungen: der Spracherwerb des Deutschen und der Verlust des Portugiesischen spielen, ebenso wie die Konversion zum Protestantismus und die Sicht auf ihre Mitmenschen, eine große Rolle in ihren Aufzeichnungen. Die Erinnerungen enden mit ihrer Heirat und der Geburt ihres ersten Sohnes Luiz Heinrich Mann.

Ihr ältester Sohn Heinrich ist es schließlich auch, der sich intensiv mit der ‚exotischen Herkunft‘ seiner Mutter auseinandersetzt. Er entwirft literarische Figuren, die aus Brasilien, Südamerika oder von „weit her“ stammen und mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben, wie einst seine Mutter. Interessant ist neben der psychologischen Ausgestaltung seiner Protagonisten auch die Außenwahrnehmung der Gesellschaft, die von Vorurteilen und Stereotypen geprägt ist. Interkulturelle und exotistische Motive ziehen sich dabei wie ein roter Faden durch sein literarisches Werk. Thomas Mann beschäftigt sich ebenfalls bereits in seinen frühen Erzählungen mit seiner Herkunft mütterlicherseits und entwickelt Figuren, die unter interkulturellen Problematiken leiden. Beide Söhne reflektieren die Topik von „romanischer Blutmischung“ und „Künstlertum“ sowohl literarisch als auch autobiografisch.

Mein Dissertationsprojekt, das sowohl einen literatur- als auch kulturwissenschaftlichen Ansatz verfolgt, setzt sich in dieser Hinsicht kritisch mit den Romanen und Erzählungen der Brüder Heinrich und Thomas, aber auch mit den Memoiren des jüngsten Mann-Sprösslings Viktor, auseinander. Die Studie greift zusätzlich autobiografische Zeugnisse und Selbstaussagen der Familienmitglieder auf, die mit den Texten der Manns, welche die brasilianische Herkunft der Mutter Julia Mann im Zeichen von Interkulturalitäts-, Alteritäts- und Fremdheitserfahrung eingehend spiegeln, in Verbindung gebracht werden können. Anhand ausführlicher Textanalysen und diverser biografischer Zeugnisse soll die mütterliche Spur im Werk der Manns sichtbar gemacht werden – die auch die Urenkel Julia Manns noch beschäftigen wird.