Prof. Dr. Jörg Robert

Lea Iser

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Projektbeschreibung

Utopisches Erzählen in der Frühen Neuzeit

Für die Gattung der Utopie ist die Frühe Neuzeit eine überaus prägende Phase der Literaturgeschichte. Nicht nur aufgrund der namensgebenden und als ‚Prototyp‘ fungierenden Utopia (1516) von Thomas Morus, sondern schlicht auch in Hinblick auf die Präsenz der literarischen Utopie, die später mehr und mehr von dystopischen Denk- und Schreibformen abgelöst wird. Das Projekt greift deshalb auf ein reichhaltiges frühneuzeitliches Korpus zurück. Die Publikation der ausgewählten Werke erstreckt sich über eine Zeitspanne von Anfang des 16. Jahrhunderts (Utopia, 1516) bis zum letzten Drittel des 18. Jahrhunderts (Das Jahr 2440, 1771).
Der Gegenstand der literarischen Utopie wurde in der Forschung bislang meist aus einer juristisch-politischen oder ideengeschichtlichen Perspektive betrachtet, vor allem mit Blick auf die Gründung eines (Ideal)Staates. Das Projekt stellt in Abgrenzung hiervon die Frage nach Ambivalenz und Legitimation in den Vordergrund. Untersucht werden sollen dabei zunächst unterschiedliche Legitimations- und Authentifizierungsstrategien. Bei ersteren bietet es sich an, eine Unterteilung in ‚weltlich‘ (bspw. Kunst & Wissenschaft; Gemeinschaft der Bürger) und ‚geistlich‘ (bspw. göttliche Vorsehung; religiöse Organisation des Staates) vorzunehmen. Die anschließende narratologische Betrachtung der Werke soll als zweiter Hauptteil des Projekts mehrere Ansatzpunkte miteinander verbinden. So ist zum einen zu untersuchen, inwiefern sich die Konzeption der Erzählinstanz auf die Gestaltung der Legitimation auswirkt. Zum anderen stellt sich die Frage, inwiefern die jeweilige Erzählstrategie mit Formen der Authentifizierung oder der Herausgeberfiktion verbunden wird. Weiter können durch den Akt des Erzählens selbst Ambivalenzen entstehen: Geschildert werden in der Regel nicht (nur) Idealstaaten, sondern entweder Formen, die von durch inhärente Ambivalenz charakterisiert werden (Vgl. Nicolai Klimii iter subterraneum), oder solche, die in Hinblick auf das eigentlich dargestellte Ideal Brüche aufweisen (Vgl. Christianopolis).