Hochschulsport

Wissenschaftliche Begleitforschung

Durch wissenschaftliche Begleitforschung wird die Evaluation der Implementierung und Wirkungen der Maßnahmenumsetzung im Rahmen des Studentischen Gesundheitsmanagements BeTaBalance dokumentiert und veröffentlicht. Im Fokus stehen dabei Studierende, deren Gesundheit und Gesundheitsverhalten durch die Bedingungen der Hochschule substanziell beeinflusst wird. Darunter fallen (a) Studierende, die ein Risiko für ein erhöhtes Stresserleben und/oder gesundheitliche Beschwerden aufweisen; (b) Studierende, die gesundheitsbedingte Risiken für Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit im Studium aufweisen; sowie (c) Studierende, die die Nationalen Empfehlungen für gesundheitswirksame Bewegung nicht erfüllen. Es sollen Möglichkeiten identifiziert werden, um vor allem auch Studierende zu adressieren, die allgemein in Präventionsangeboten unterrepräsentiert sind, z. B. aufgrund sprachlicher, kultureller oder religiöser Gründe.

Wie hängen Sport und Studienerfolg zusammen?

Welche Erkenntnisse gingen aus der Studierenden-Befragung 2018 des Projekts BeTaBalance hervor? Warum interessieren wir uns für die Gesundheit der Studierenden? Warum wird in diesem Zusammenhang vor allem der Bewegung eine zunehmend bedeutende Rolle zugeschrieben? Und wie kann diese als eine Gesundheitsressource im Studium genutzt werden?

Unter der Überschrift „Körperliche Aktivität, Gesundheit und Funktionsfähigkeit im Studium: Sportliche Freizeitaktivitäten und aktive Fortbewegung als Ressource im Studium?“ sind Monika Teuber, Ingrid Arzberger und Prof. Dr. Gorden Sudeck der Frage nachgegangen, inwieweit die Funktionsfähigkeit im Studium mit gesundheitlichen Belastungen und körperlich-sportlichen Aktivitäten zusammenhängt. Damit ergänzen sie die Befunde bei Studierenden, dass körperliche und sportliche Aktivität positive Assoziationen mit dem Gesundheitszustand aufweisen, um weitere Assoziationen mit der Funktionsfähigkeit im Studium und folglich der erfolgreichen Gestaltung des Studiums. Dafür wurden das Ausmaß sportlicher Aktivitäten in der Freizeit (Sportaktivitäten insgesamt sowie Muskelkräftigung) und in der Fortbewegung (zu Fuß und per Fahrrad) sowie die Berücksichtigung der Mindestempfehlungen sowohl für gesundheitsfördernde ausdauernde als auch für muskelkräftigende Aktivitäten betrachtet. Hierbei wurde eine höhere Funktionsfähigkeit im Studium bei Studierenden festgestellt, die die Empfehlungen für ausdauerorientierte körperliche Aktivität erfüllen, im Gegensatz zu Studierenden, die sie nicht erfüllen. Außerdem zeigen sich positive Assoziationen der Funktionsfähigkeit im Studium mit den freizeitlichen Sportaktivitäten und der Fortbewegung mit dem Fahrrad.

In moderationsanalytischen Modellen stellte sich der Einfluss der Beschwerden auf die Funktionsfähigkeit im Studium als relativ dominant heraus. Dennoch wurde sowohl für die Sportaktivitäten als auch für die Muskelkräftigung ein moderierender Einfluss auf die Beziehungen zwischen der Beschwerdewahrnehmung und der Funktionsfähigkeit im Studium festgestellt. Dabei puffern steigende Aktivitätsvolumen in diesen Bereichen das Ausmaß der negativen Beziehung zwischen den Beschwerden und der Funktionsfähigkeit ab. Da diese beiden Bewegungsformen vor allem strukturierte Sportaktivitäten sind, deutet dies auf die Wichtigkeit des intentionalen Charakters des Sportverhaltens als Bewältigungs- und Erholungsmaßnahme hin. Außerdem wird der Muskelkräftigung nur eine indirekte Bedeutung für den Einfluss auf die Funktionsfähigkeit im Studium zugeschrieben. Insgesamt konnte das körperliche Aktivitätsverhalten etwa 5 % der Varianz in der Funktionsfähigkeit im Studium aufklären - durchaus ein substanzieller Anteil, der aber auch selbstredend als ein Baustein von vielen für eine erfolgreiche Gestaltung des Studiums in ein multifaktorielles Bedingungsgeflecht des Studienerfolgs entsprechend eingeordnet werden muss.

Solche empirischen Befunde, die eine Verknüpfungen zwischen Gesundheit, Gesundheitsverhalten und Parametern des akademischen Erfolgs darstellen, sind für Hochschulen von hoher Bedeutung. Bewegungsfördernde Maßnahmen im studentischen Gesundheitsmanagement, wie sie auch vom Projekt BeTaBalance 2.0 an der Universität Tübingen angeboten werden, sind damit nicht nur über den gesundheitlichen Nutzen von körperlicher Aktivität begründbar, sondern auch durch Beziehungen zu einer erfolgreichen Gestaltung des Studiums. Für Bewegungsförderung scheint die Phase des Studiums prädestiniert, da sich der Spielraum für selbständiges und eigenverantwortliches Handeln für Studierende vergrößert. Die konsequente Verbindung der Bewegungsförderung mit akademischen Argumenten könnte hier vor allem diejenigen Studierenden erreichen, die mit ausgeprägten Bewegungsmangel und gesundheitliche Belastungen noch nicht „körperlich-sportliche Aktivität“ als Ressource der Funktionsfähigkeit im Studium entdeckt haben. Vor allem ihnen will das Projekt BeTaBalance 2.0 Maßnahmen der studentischen Gesundheitsförderung bieten.

Teuber, M., Arzberger, I. & Sudeck, G. (2020). Körperliche Aktivität, Gesundheit und Funktionsfähigkeit im Studium: Sportliche Freizeitaktivitäten und aktive Fortbewegung als Ressource im Studium? In J. Mayer, A. Göring & M. Jetzke (Hrsg.), Sport und Studienerfolg. Analysen zur Bedeutung sportlicher Aktivität im Setting Hochschule (Hochschulsport: Bildung und Wissenschaft, Band 4). Göttingen: Universitätsverlag. doi: https://doi.org/10.17875/gup2020-1337

Welche Determinanten der Studiumsumgebung sowie der persönlichen Motivatoren/ Barrieren sind für die aktive Fortbewegung von Studierenden relevant?

Studierende an Hochschulen leiden besonders stark an körperlichen und psychischen Beschwerden und erfüllen oft die gesundheitsorientierte Empfehlungen für körperliche Aktivität nicht ausreichend. Das gibt Anlass, die Gruppe der Studierenden für die Bewegungsförderung zu untersuchen, sodass sie die verschiedenen Vorteile von körperlicher Bewegung für die Gesundheit und den Bildungserfolg besser nutzen können.

Da das aktive Fortbewegen von A nach B als eine relevante Domäne von körperlicher Aktivität identifiziert ist, haben Monika Teuber und Prof. Dr. Gorden Sudeck in ihrem Artikel untersucht, welche Bedingungen im Studienumfeld sowie persönliche Motivatoren und Barrieren als Determinanten für die aktive Fortbewegung von Studierenden relevant sind. Kennt man die Determinanten und Gründe, die hinter dem Bewegungsverfahlten der Studierenden stecken, dann kann man gezielter die Förderung von Bewegung umsetzten. 

Anhand einer Querschnittsuntersuchung bei Studierendenden an der Universität Tübingen im Rahmen des Projekts BeTaBalance (n = 997) wurden mit Hilfe von Faktorenanalysen relevante Informationen zu umweltbezogenen und psychologischen Determinanten gebündelt und blockweise hierarchische Regressionen durchgeführt. Ziel war es, Assoziationen zwischen den gebündelten Determinanten und selbstberichteten Bewegungsumfängen für das Gehen und Radfahren von A nach B zu analysieren.

Die Ergebnisse zeigten Assoziationen zwischen Radfahren und der wahrgenommenen Studienumgebung (z.B. ist die Wahrnehmung eines hohen Fahrrad-Diebstalrisikos in der Studiumsumgebung mit einem geringeren Umfang des Radfahrens verbunden) sowie bestimmten persönlichen Motivatoren und Barrieren (z.B. ist der zeitliche oder körperliche Aufwand mit weniger Radfahren verbunden, während Motivatoren wie Freude, Gesundheit und Fitness Assoziationen zu mehr Radfahren aufzeigen). Damit trägt die Studie zu weiterem Wissen über Determinanten bei, die für die Entwicklung und Verbesserung von Public-Health-Interventionen für Studierende in einem universitären Umfeld wichtig sind.

Teuber, M. & Sudeck, G. (2021). Why Do Students Walk or Cycle for Transportation? Perceived Study Environment and Psychological Determinants as Predictors of Active Transportation by University Students. International Journal of Environmental Research and Public Health (Special Issue Active Commuting and Active Transportation)18(4). doi: 10.3390/ijerph18041390

Kann die Durchführung von Bewegungspausen im Home Studying durch digitaler Anreize - sogenanntes digitale Nudging - gesteigert werden?

Studierenden gilt ein besonderes Interesse hinsichtlich der Gesundheitsförderung, da bei ihnen ein hohes Risiko für Bewegungsmangel und sitzende Tätigkeiten besteht. Gneau diese beiden Aspekte - die sitzenden Verhaltensweisen und der Bewegungsmangel - wurden im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie verstärkt, da zunehmend von zu Hause aus studiert wurde; sozusagen im Home Studying. Da Bewegungspausen förderliche Faktoren für die körperliche und geistige Gesundheit zugeschrieben wird, haben Monika Teuber, Daniel Lyhr, Juliane Moll und Prof. Dr. Gorden Sudeck daher einen Ansatz untersucht, der Studierende dazu anregen soll, im Home Sudying Bewegungspausen einzulegen. Ziel der Studie war, die Wirksamkeit digitaler Anreize - sogenanntes digitale Nudging - für Bewegungspausen während der COVID-19-Pandemie zu testen. Dabei wurde ein randomisiertes Interventionsdesign über 10 Tage hinweg gewählt, bei der zwei Gruppen von Tübinger Studierenden teilnahmen: Zum einen die Interventionsgruppe, die täglich digitale Motivationsaufforderungen für Bewegungspausen-Videos erhielt, und eine Kontrollgruppe mit minimaler Intervention, die über einen einmaligen Link Zugang zur Mediathek der Bewegungspausen-Videos bekam.

Anhand von zweistufig binären logistischen Regressionsmodellen, wurde aufgedeckt, dass das digitale Nudging keinen signifikanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit der Teilnahme an Bewegungspausen auf Tageseben hatte. Stattdessen ergab die Analyse auf individueller Ebene, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Bewegungspause im Home Studying einzulegen, umso größer war, je länger ein Student / eine Studentin am Tag zu Hause lernte. Damit konnte gezeigt werden, dass individuelle Charakteristika wie die tägliche Zeit, die für das Lernen zu Hause aufgewendet wird und die sich im Laufe der Interventionsphase ändern konnte, im Rahmen von Nudging-Interventionen im universitären Umfeld mit berücksichtigt werden müssen.

Teuber, M., Leyhr, D., Moll, J., & Sudeck, G (2022). Nudging digital physical activity breaks for home studying of university students – a randomized controlled trial during the Covid-19 pandemic with daily activity measures. Frontiers in Sports and Active Living, 4:1024996. doi: 10.3389/fspor.2022.1024996

 

Wie wirken sich Bewegungspausen auf das psychische Wohlbefinden und die akademische Leistungsfähigkeit bei Studierenden aus?

Körperliche Aktivität wirkt sich nachweislich positiv auf die physische und psychische Gesundheit sowie auf die akademischen Leistungen aus. Allerdings sind vor allem Universitätsstudierende aufgrund von Schwierigkeiten beim Zeitmanagement in Bezug auf Studium, Arbeit und soziale Anforderungen nicht ausreichend körperlich aktiv. Da sie sich in einer entscheidenden Lebensphase befinden, ist es von Interesse, wie sich körperliche Aktivität auf die Stressbelastung und -erholung sowie auf die akademischen Leistungen von Studierenden auswirkt.

Das Verhalten von Studenten während des Studiums zu Hause in Zeiten von COVID-19 wurde longitudinal auf täglicher Basis während eines zehntägigen Studienzeitraums untersucht. Es wurden zweistufige Regressionsmodelle durchgeführt, um die täglichen Schwankungen der Stressbelastung, der Erholung und der wahrgenommenen akademischen Leistung in Abhängigkeit von der körperlichen Aktivität in der Freizeit und den kurzen körperlichen Aktivitätspausen während der Studienzeit vorherzusagen. Parameter des individuellen Lernverhaltens zu Hause wurden ebenfalls als Kovariaten berücksichtigt.
Die Ergebnisse der Studie bestätigen die Bedeutung verschiedener körperlicher Aktivitäten für die Stressbelastung, die Erholungserfahrung und die wahrgenommene akademische Leistung von Universitätsstudenten während des Heimstudiums. 

Universitäten sollten körperliche Aktivität fördern, damit ihre Studierende gesund bleiben und gute Leistungen im Studium erbringen können: Einerseits können sie Möglichkeiten bieten, in der Freizeit körperlich aktiv zu sein. Andererseits können sie Bewegungspausen während des Lernprozesses und am unmittelbaren Studienort unterstützen.

Teuber, M., Leyhr, D., & Sudeck, G. (2024). Physical activity improves stress load, recovery, and academic performance-related parameters among university students: a longitudinal study on daily level. BMC Public Health, 24(1):598. doi: 10.1186/s12889-024-18082-z

Veröffentlichungen

Teuber, M., Leyhr, D., & Sudeck, G. (2024). Physical activity improves stress load, recovery, and academic performance-related parameters among university students: a longitudinal study on daily level. BMC Public Health, 24(1):598. doi: 10.1186/s12889-024-18082-z

Teuber, M., Leyhr, D., Moll, J., & Sudeck, G (2022). Nudging digital physical activity breaks for home studying of university students – a randomized controlled trial during the Covid-19 pandemic with daily activity measures. Frontiers in Sports and Active Living, 4:1024996. doi: 10.3389/fspor.2022.1024996

Teuber, M. & Sudeck, G. (2021). Why Do Students Walk or Cycle for Transportation? Perceived Study Environment and Psychological Determinants as Predictors of Active Transportation by University Students. International Journal of Environmental Research and Public Health (Special Issue Active Commuting and Active Transportation)18(4). doi: 10.3390/ijerph18041390

Teuber, M., Arzberger, I. & Sudeck, G. (2020). Körperliche Aktivität, Gesundheit und Funktionsfähigkeit im Studium: Sportliche Freizeitaktivitäten und aktive Fortbewegung als Ressource im Studium? In J. Mayer, A. Göring & M. Jetzke (Hrsg.), Sport und Studienerfolg. Analysen zur Bedeutung sportlicher Aktivität im Setting Hochschule (Hochschulsport: Bildung und Wissenschaft, Band 4). Göttingen: Universitätsverlag. doi: 10.17875/gup2020-1337

Teuber, M., Arzberger, I. & Sudeck, G. (2019). Bewegt Studieren zwischen Berg und Tal. In TK (Hrsg.), Bewegt studieren - Studieren bewegt! Eine Initiative des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbands (adh) und der Techniker Krankenkasse (TK), Berlin: DUZ Verlags- und Medienhaus GmbH (S.16-18). [mehr]