Institut für Sportwissenschaft

Das Turnen an der Universität Tübingen war geprägt durch Karl Wüst

1845 Nachdem die Turnanstalt sechs Jahre bestand, wurde Karl Wüst als erster Turnlehrer eingestellt. Bis dahin standen die Turnübungen unter Aufsicht des Universitäts-Fechtlehrers, der mangels Zeit und Kenntnis jedoch nicht als Turnlehrer geeignet war. Ein Turnlehrer sollte ausreichend Kenntnisse, Geschicklichkeit und Bildung besitzen, um Turnübungen anzuleiten.

Des Weiteren sollte er auch Schwimmen unterrichten. Karl Wüst, der erste pädagogische Erfahrungen an der Taubstummenschule in Frankfurt erfuhr – dort besuchte er auch die Turnanstalt des Turnexperten August Ravenstein – wurde Turnlehrer in Tübingen. Wüst war ein vielseitiger und gebildeter Mann. Voller Schaffenskraft war Wüst hoch angesehen im Tübinger Raum. Er unterrichtete nicht nur Turnen an der Universität und an den Gymnasien, er war auch Gründungsmitglied mehrerer Vereine, unter anderem der Tübinger Gesellschaft „Frohsinn“.

Abb. 2: Die Tübinger Turnerfeuerwehr, rechts vorne
Karl Wüst, der Universitätsturnlehrer

Da zu Wüsts Zeit das Turnen politischen Charakter hatte, blieb auch Wüst eine eher unrühmliche Rolle in der Revolution des Jahres 1848. Er gehörte zu den Turnern Tübingens, „welche es sich nicht nehmen ließen, bei der Erkämpfung der gewünschten Freiheit mitzuhelfen“. Wüst folgte dem Aufruf an die schwäbischen Turner vom 20. März 1848 beim Turntag in Essligen, zu den Waffen zu greifen. Die Folge für Wüst waren 70 Tage Festungsarrest. Nachdem es wieder ruhiger zuging und sich das Turnen von einer Art politischer Bewegung weg hin zu neuen Formen der Leibesübung bewegte, gestaltete Karl Wüst diesen Umbruch nicht mehr aktiv mit.

1859 erfolgte die Umbenennung der „Gymnastischen Anstalt“ in „Universitätsturnanstalt“.

Die Universität Tübingen erhielt 1883 eine neue Turnhalle und Tübinger Studenten gründeten den „Cricket- und Lawn-Tennis-Club“ mit eigenem Spielplatz für englische Spiele. Die politische Relevanz des Turnens und somit die Zeit der „alten Turner“ war nun endgültig vorüber.

Nach der Pensionierung Wüsts als Leiter der Turnanstalt (1895), war nun Paul Sturm hauptamtlich im Dienste der Universität Tübingen.