Institut für Sportwissenschaft

Der Nationalsozialismus und seine Folgen

Seit 1925 verfolgte Sturm die Funktionalisierung des Hochschulsports nach nationalsozialistischem Geist. Dies entsprach den ideologischen Zeiten Hitlers, wie er sie in „Mein Kampf“ beschrieb. Im Zuge dessen wandte sich Sturm vom Geräteturnen früherer Jahre ab und popularisierte Fußball und Rugby als „Kampfspiele“, um diese als Leibesübungen zur Verteidigung zu nutzen. Weiterhin prägten Boxen, Geländesport und Kleinkaliberschießen - der so genannten Wehrsport - den Sport an der Universität Tübingen während der NS-Zeit.

1923/1926 wurden Fritz Bauer und Karl Klett als Universitätssportlehrer an der Universität Tübingen eingestellt. Am 1. Januar 1927 schied Paul Sturm krankheitsbedingt aus.

Der Hochschulsport in Württemberg orientierte sich zu dieser Zeit nicht an bildungspolitischen Ansätzen, sondern an wehrsportlich-funktionalen Gesichtspunkten. Nachfolger von Paul Sturm als Vorstand der Universitäts-Turnanstalt war Fritz Bauer.

1933 wurde der zweisemestrige Pflichtsport für alle Studierenden von zwei Wochenstunden eingeführt. 1934 wurde dieser auf vier Wochenstunden erhöht. Die „Universitätsanstalt“ wurde in „Institut für Leibesübungen“ (IfL) umbenannt.

1935 wurde der Pflichtsport noch einmal modifiziert. Da die Beteiligung am Sport an der Universität Tübingen zu diesem Zeitpunkt schon erstaunlich hoch war, war diese Maßnahme jedoch überflüssig.

1936/1937 nahmen zum ersten Mal acht Männer die Ausbildung zum Sportlehrer an der Universität Tübingen auf.
Fritz Bauer, der als Mitglied der NSDAP eine Karriere machte, erhielt 1937 den Titel „Direktor des Instituts für Leibesübungen“.

1941 wurde Bauer an das Kultusministerium in Stuttgart abgeordnet und erlangte die Position eines Oberregierungs- und Schulrates. 1942 löste Bauer in dieser Funktion die Landesturnanstalt auf.

1945 übernahm das Institut für Leibesübungen der Universität Tübingen die Ausbildung von Sportlehrern von der Landesturnanstalt.

Seit 1943 war das Hochschulinstitut dem in Straßburg amtierenden Institutsdirektor Albert Hirn unterstellt.

Nach der Übernahme der Stadt durch die Franzosen wurde 1945 die Universität geschlossen und die Gebäude von der Besatzungsmacht in Beschlag genommen. Bereits Ende 1945 wurde die Universität wieder geöffnet; der Hochschulsport jedoch blieb untersagt. Anfang April 1945 begleitete Albert Hirn seine Familie, seine Frau und seine vier Kinder, nach Lübeck. Von Lübeck aus gelangten die Kinder von Albert Hirn mit ihrer Mutter, die geborene Schwedin war, dank einer Rettungsaktion vom Schwedischen Roten Kreuz nach Schweden. Albert Hirn selbst blieb bis 1947 in Deutschland (Flensburg). Karl Klett war durch eine NSDAP-Mitgliedschaft nicht belastet und blieb als beamteter Universitätssportlehrer weiter im Amt.

Im März 1947 beantragte Karl Klett beim Rektor der Universität die Wiederaufnahme der praktischen Durchführung der Leibesübungen. Die Franzosen signalisierten bald darauf ihr Einverständnis und stellten sogar die Errichtung eines Instituts zur Ausbildung von Turnlehrern in Aussicht.
Personelle Veränderungen in der Militärregierung lähmten jedoch die Entwicklung an der Universität Tübingen. Zwar konnte unter der Leitung von Karl Klett bald wieder freiwillig Hochschulsport in bescheidenem Umfang betrieben werden, doch zum erneuten Aufbau des Instituts für Leibesübungen kam es vorerst nicht.

1950 wurde nach erneutem Antrag auf Wiedereröffnung des Instituts für Leibesübungen die Wiederaufnahme der Institutsarbeit erlaubt – jedoch weiterhin ohne die Ausbildung von Sportlehrern.

1954/1956 wurde dann die Beschlagnahmung von Universitätsturnhalle und Universitätsstadion aufgelöst, so dass die örtlichen Rahmenbedingungen gegeben waren, um dann im Sommersemester 1955 wieder mit der Ausbildung von Sportlehrern zu beginnen.

Es stellte sich bald darauf die Frage der personellen Verhältnisse am Institut. Zwar war Karl Klett politisch unbelastet, jedoch verfügte er nur über eine einjährige Turnlehrerausbildung und hatte keinen akademischen Abschluss.

Die Frage nach der Institutsleitung stellte sich 1949, als Hans Götz, ein ehemaliger Assistent von Fritz Bauer, aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte. Er war verbeamtet und verfügte über einen akademischen Abschluss. Ihm fehlte jedoch die wissenschaftliche Qualifikation im engeren Sinne. Ihm wurde zwar die kommissarische Leitung übertragen, jedoch weigerte sich die Landesregierung, Götz zum Direktor des Instituts für Leibesübungen zu machen. Hans Götz starb dann überraschend am 15. Dezember 1957.

Die kommissarische Leitung des Instituts wurde 1957 Franz Lotz übertragen. Ein Jahr später stellte man als wissenschaftlichen Assistenten den Absolventen der Deutschen Sporthochschule und promovierten Pädagogen Ommo Grupe ein.