Eine wichtige Funktion des Sportunterrichts in der Schule ist es, auf die Befähigung und Motivierung für eine gesundheitsbewusste körperlich aktive Lebensweise hinzuwirken. Hierfür identifizieren aktuelle fachdidaktische Konzeptionen die individuelle Gesundheitskompetenz als zentrale Zielgröße. Für einen kompetenzförderlichen Sportunterricht wird postuliert, dass er mehr als ein reines körperliches Training enthalten sollte und vielmehr sportpraktische Elemente mit handlungsbezogenem Wissen und der subjektiven Bedeutung von Fitness und Gesundheit verknüpfen muss.
Zur Frage, inwieweit Sportunterricht tatsächlich zum Erwerb bewegungsbezogener Gesundheitskompetenz beiträgt, liegen für Deutschland aber noch keine empirischen Analysen vor. Für den internationalen Raum zeigen Studien, dass Bewegungsinterventionen in der Schule eher kurzfristige Effekte auf das Wissen sowie kurzfristige Trainingseffekte für die körperliche Fitness (z. B. Ausdauer, Muskelkraft) erzielen. Dagegen bleibt ungeklärt, in welchem Maße diese Wissenszuwächse und Trainingseffekte einen nachhaltigen Erwerb von Gesundheitskompetenz begünstigen und welche Rolle hierbei motivationale Dispositionen der Lernenden spielen.
Ziel der Studie ist es zu prüfen, in welchem Maße Praxis-Theorie-Verknüpfungen im Sportunterricht zu einem nachhaltigen Erwerb bewegungsbezogener Gesundheitskompetenz führen. Die Studie findet in der Sekundarstufe I am Gymnasium (9. Klasse) statt. Untersucht werden zwei Unterrichtsreihen mit jeweils sechs wöchentlichen Doppelstunden, in denen Lerngelegenheiten zur Förderung von Gesundheitskompetenz mit unterschiedlichen Inhaltsbereichen des Sportunterrichts verknüpft werden. Während in einer Interventionsgruppe die Vermittlung von Gesundheitskompetenz als (in der Unterrichtspraxis üblichere) Verknüpfung mit Individualsportarten stattfindet (z. B. Ausdauersport), wird in der anderen Gruppe eine innovative Verknüpfung mit Spielsportarten realisiert. Dadurch werden unterschiedliche motivationale Voraussetzungen der Lernenden angesprochen. Die Wirksamkeit wird im Vergleich mit zwei Kontrollgruppen (regulärer Sportunterricht mit vergleichbaren Sportarten) getestet.
Die Studie orientiert sich an den Standards von ‚Cluster-Randomized Controlled Field Trials‘. Hierbei wird eine intensivierte Zusammenarbeit von Fachdidaktik und Empirischer Bildungsforschung realisiert. Es werden u.a. neue Testverfahren (z. B. Verständnis gesundheitsbezogenen Fitness-Wissens, Steuerungskompetenz für körperliche Belastungen) eingesetzt, um bisherige Desiderate mit Blick auf die Erfassung bewegungsbezogener Gesundheitskompetenz zu adressieren (z. B. Fokus auf Faktenwissen oder Fitnessverbesserung). Ferner umschließt die Wirksamkeitsanalyse die Ziele
- differenzielle Wirkungen in Abhängigkeit motivationaler Voraussetzungen zu analysieren und
- den Einfluss der Nutzung des Unterrichtsangebots (z. B. selbstbestimmte Lernmotivation; tatsächliche Bewegungszeiten) auf den Kompetenzerwerb zu untersuchen.