Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung

Historical Thinking: Competencies in History (HiTCH)

Geschichte ist mehr als eine Ansammlung von Daten und Fakten. Geschichte bedeutet, sich mit historischen Fragen und mit der Bedeutung der Vergangenheit für Gegenwart und Zukunft auseinander zu setzen. Damit bietet Geschichte historische Orientierung und unterstützt die Identitätsbildung. Geschichtslernen soll die Menschen zum selbstständigen historischen Denken befähigen und sie dazu in die Lage versetzen, sich mit Darstellungen von Vergangenem kritisch auseinanderzusetzen. 

Wie steht es um die Kompetenzen der Schüler*innen, mit historischem Quellen umzugehen? Wie muss Geschichtsunterricht angelegt sein, um in der Breite die Interessen und Kompetenzen der Schüler*innen zu fördern? Wie kann das historische Lernen in digitalen Lernumwelten gefördert werden? Für die Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen sind standardisierte Leistungstests, wie sie im Rahmen des HiTCH-Projekts entwickelt werden, von zentraler Bedeutung. Im HiTCH-Projekt arbeitet ein interdisziplinäres Team aus der deutschsprachigen Fachdidaktik Geschichte und der Empirischen Bildungsforschung unterschiedlicher Standorte zusammen. 

Das HiTCH-Projekt

Im Kern des HiTCH-Projekts steht die Entwicklung von standardisierten Aufgaben zur Messung historischer Kompetenzen von Schüler*innen am Ende der Sekundarstufe I. Dabei geht die standardisierte Erfassung historischer Kompetenzen weit über den bloßen Einsatz in Assessment-Studien hinaus. So kann die Entwicklung und der Einsatz standardisierter Instrumente u.a. die fachdidaktische Diskussion zu Kompetenzmodellen bereichern, Studien zu lernförderlichen Qualitätsfaktoren im Geschichtsunterricht ermöglichen und helfen, die Effekte unterschiedlicher Interventionen zu messen. Ein standardisierter Kompetenztest ist in diesem Sinne eine zentrale Grundlage für Forschung zu gutem Geschichtsunterricht. Aktuell werden in einer Studie neue Kompetenzaufgaben empirisch erprobt, der HiTCH-Test wird in Schleswig-Holstein zur Erkennung des Kompetenzstandes der Schüler*innen im Bereich historisches Denken genutzt, sowie in einer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Interventionsstudie zur Erfassung der Wirksamkeit der Intervention eingesetzt.

Der Startpunkt des Projekts war eine Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die das HiTCH-Projekt im Rahmen einer Förderinitiative für Forschungsvorhaben in Ankopplung an Large-Scale-Assessments finanzierte. In dieser Ausgangsphase des Projekts wurde in mehreren empirischen Studien ein Kompetenztest historischen Denkens entwickelt. Dieser Test stellt einen ersten Schritt in der standardisierten Erfassung historischer Kompetenzen dar und konnte fortan in wissenschaftlichen Studien eingesetzt werden. Ein zentraler Meilenstein des HiTCH-Projekts war zudem die Veröffentlichung der Grundlagenpublikation “Kompetenzen historischen Denkens erfassen” im Jahr 2017, die Sie als kostenfreie Online-Version herunterladen können. Auch nach dem Auslaufen der Förderung durch das BMBF fand eine Weiterentwicklung des Kompetenztests durch das HiTCH-Konsortium statt. Diese Weiterentwicklung wurde in mehreren wissenschaftlichen Beiträgen dokumentiert. 

Der HiTCH-Test

Die Entwicklung des HiTCH-Kompetenztests fußt auf dem FUER-Kompetenzmodell historischen Denkens. Im Unterschied zu anderen Modellen aus der Geschichtsdidaktik erfolgt im FUER-Modell eine explizite Operationalisierung historischer Kompetenzen für alle Bereiche, in denen historisch gedacht wird, so z.B. den schulischen, den außerschulisch-geschichtskulturellen wie den geschichtswissenschaftlichen. Entlang eines Regelkreises historischen Denkens formuliert das FUER-Modell die historischen Fragekompetenzen, die historischen Methodenkompetenzen, die historischen Orientierungskompetenzen und die historischen Sachkompetenzen als zentrale Kompetenzen historischen Denkens.

Beim HiTCH-Tests handelt es sich um einen standardisierten Leistungstest, der mithilfe von Aufgaben mit gebundenem Antwortformat (z.B. Auswahl- oder Multiple-Choice-Aufgaben) die Kompetenzen der Schüler*innen erfassen. Der HiTCH-Test wurde in Schritten entwickelt und validiert. 

HiTCH I

Die erste empirische Erprobung der HiTCH-Aufgaben erfolgte in zwei Pilotierungsstudien und einer Validierungsstudie von 2013 bis 2014, an denen insgesamt fast 6.000 Schüler*innen teilnahmen. Das finale Testinstrument mit 91 curriculumsnahen und -fernen Aufgaben stellt ein standardisiertes, reliables und valides Instrument zur Erfassung historischer Kompetenz dar, das – wie es das erklärte Ziel des HiTCH-Projekts war – in Schulleistungsstudien oder weiterführenden Studien eingesetzt werden kann.

HiTCH II

In der Validierungsstudie 2014 bearbeitete ein Teil der Schüler*innen neben dem HiTCH-Instrument auch neu konzipierte Aufgaben, mit denen der Aufgabenpool des HiTCH-Instruments deutlich erweitert wurde. Neben Aufgaben, die von der Konstruktionslogik her denen aus HiTCH I entsprachen, wurden auch solche mit kurzem Material aus der Geschichtskultur, die für die Lernenden ein besonders hohes Motivationspotenzial haben müssten (Karikaturen, Comicstrips, Computerspiele oder Zeitungsartikel) im Bereich De-Konstruktion eingesetzt. Es zeigte sich (Wagner & Bertram, in Druck), dass damit der HiTCH-Aufgabenpool um insgesamt 136 Items mit guten Messeigenschaften erweitert werden kann. Teilweise werden aber auch zusätzliche Kompetenzfacetten mit den HiTCH II-Aufgaben erfasst, so dass sich durch Kombination von Aufgaben aus HiTCH I und HiTCH II die historische Kompetenz etwas breiter abdecken lässt.

HiTCH III

Ab dem Jahr 2022 werden neue Aufgaben (insgesamt 63 Aufgabenblöcke mit jeweils mehreren Items) in einer Online-Testversion überprüft, um den Aufgabenpool des HiTCH-Instruments weiter zu vergrößern.

Große Studien, die den HiTCH-Test einsetz(t)en

Aufgaben aus dem HiTCH-Test werden derzeit in zwei randomisierten und kontrollierten Interventionsstudien eingesetzt. Das Bundesland Schleswig-Holstein nutzt Aufgaben aus dem HiTCH-Test als Angebot für die Lehrkräfte für die Diagnostik und Evaluation.  

Kompetenzerfassung in Schleswig-Holstein

Gemeinsam mit dem Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen in Schleswig-Holstein wurden Daten von Schüler*innen der 9. Klasse erhoben, die am Hector-Institut ausgewertet werden. Ziel ist, Lehrkräften mit dem Test ein Instrument für die Diagnostik von Lernausgangslagen und Effekten des Unterrichts anzubieten. 

Zeitzeug*innen-Studie (DFG)

In einer deutschlandweiten großen Interventionsstudie im Geschichtsunterricht in 72 Klassen werden Aufgaben aus dem HiTCH-Test für die Erfassung der Kompetenzen historischen Denkens der Lernenden eingesetzt. Verglichen wird die Wirksamkeit der Arbeit beim Einsatz von Live-Zeitzeug*innen und von Videos. Zum Infoflyer

KLUG-Projekt

Der HiTCH-Test wird derzeit in einer Studie zur Überprüfung der Wirksamkeit von Fortbildungen zu inklusivem Geschichtsunterricht auf die Kompetenzen der Schüler*innen eingesetzt. www.klugprojekt.de

Projektbeteiligte

Beteiligte Institutionen

Zum Startpunkt des Projekts (HiTCH I und II):

  • die Universitäten Tübingen, Eichstätt-Ingolstadt, Hamburg
  • das Leibniz-Institut für Wissensmedien Tübingen
  • Geschichtsdidaktiker*innen der Universitäten Bochum und Paderborn sowie der Pädagogischen Hochschule Salzburg und der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Aktuell (HiTCH III):

  • das Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung an der Universität Tübingen
  • die Universitäten Bochum, Eichstätt, Hamburg, Salzburg sowie
  • die Pädagogische Hochschule Salzburg und die Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Aktuelle Mitglieder

  • Dr. Heinrich Ammerer, Universität Salzburg, Fachbereich Geschichte
  • JunProf. Dr. Christiane Bertram, Universität Konstanz, Bereichsdidaktik Sozialwissenschaften
  • Prof. Dr. Nicola Brauch, Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Geschichtswissenschaft
  • Prof. Dr. Wolfgang Buchberger, Pädagogische Hochschule Salzburg, Fachbereich Geschichte
  • Prof. Dr. Andreas Körber, Universität Hamburg, Didaktik der gesellschaftswissenschaftlichen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer 
  • Prof. Dr. Christoph Kühberger, Universität Salzburg, Fachbereich Geschichte 
  • Dr. Marcel Mierwald, Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Geschichtswissenschaft 
  • Dr. Martin Nitsche, Zentrum Politische Bildung und Geschichtsdidaktik, Institut Forschung und Entwicklung PH FHNW 
  • Susanne Sachenbacher, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Theorie und Didaktik der Geschichte 
  • Jan Scheller, Zentrum Politische Bildung und Geschichtsdidaktik, Institut Forschung und Entwicklung PH FHNW 
  • Prof. Dr. Waltraud Schreiber, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Theorie und Didaktik der Geschichte 
  • Robert Trautmannsberger, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Theorie und Didaktik der Geschichte 
  • Prof. Dr. Ulrich Trautwein, Universität Tübingen, Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung 
  • Dr. Wolfgang Wagner, Universität Tübingen, Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung 
  • Prof. Dr. Monika Waldis, Zentrum Politische Bildung und Geschichtsdidaktik, Institut Forschung und Entwicklung PH FHNW 
  • Dr. Stefanie Zabold, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Theorie und Didaktik der Geschichte 

Ehemalige Mitglieder

  • Prof. em. Dr. Bodo von Borries, Universität Hamburg 
  • Matthias Hirsch 
  • Dr. Martin Merkt, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung, Bonn  
  • Prof. Dr. Johannes Meyer-Hamme, Universität Paderborn  
  • HProf. Dr. Herbert Neureiter, PH Salzburg Stefan Zweig, Institut für Bildungswissenschaft und Forschung 
  • Prof. Dr. Stephan Schwan, Leibniz-Institut für Wissensmedien, Tübingen 
  • Michael Werner 
  • Prof. em. Dr. Béatrice Ziegler, Fachhochschule Nordwestschweiz