Aktuelles
20.12.2022
Weihnachtsbrief 2022
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
liebe Studierende,
das Jahr geht allmählich zu Ende. Weihnachten, Silvester und Neujahr stehen vor der Tür und es ist an der Zeit zurückzublicken. 2022 war erneut ein Jahr, das für uns viele Herausforderungen bereitgehalten hat. Noch Anfang des Jahres sahen wir uns aufgrund der Corona-Pandemie mit einer Vielzahl von Einschränkungen im Studienbetrieb konfrontiert. Maskenpflicht, Testpflicht und 3G-Regel sind nur einige Stichworte aus dieser Zeit. Wenige Wochen später stürzte der Angriff Russlands auf die Ukraine ganz Europa in eine neue Krise. Und nun am Ende des Jahres erleben wir alle die Auswirkungen der aus dem Krieg resultierenden Energiekrise.
Eines verbindet alle genannten Herausforderungen. Gleichgültig wie fern eine Krise zunächst zu sein scheint, eine international vernetzte Universität wie Tübingen betrifft sie stets unmittelbar. Dies war vor allem nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs zu spüren, als kurz nach Beginn der Kampfhandlungen die ersten Anfragen bei uns eingingen. Ukrainische und russische Studierende, die sich auf ein Studium an unserer Universität vorbereiteten, erkundigten sich besorgt, ob sie denn noch nach Tübingen kommen könnten. Ukrainische Forschende, deren Hochschulen zerstört oder geschlossen worden waren, baten darum, ihre Arbeit hier fortsetzen zu können.
Es macht mich außerordentlich stolz, heute sagen zu können, dass die Angehörigen unserer Universität – nicht zuletzt auch dank der Unterstützung unserer Freunde und Förderer – in dieser Krise Herausragendes geleistet haben. Mehr als 30 ukrainischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern konnte die Universität bislang die Chance bieten, hier anzudocken und die Tübinger Forschungslandschaft zu stärken. Seit dem Wintersemester sind bei uns 115 junge Ukrainerinnen und Ukrainer immatrikuliert, mehr als doppelt so viele wie vor einem Jahr, während die Zahl der russischen Studierenden auf einem sehr hohen Niveau stabil geblieben ist. Sie alle profitieren von einer Universität, an der die Freiheit von Forschung und Lehre für jede und jeden gilt, gleichgültig woher er oder sie kommt und an der die Ausgrenzung anderer keinen Platz hat.
Auch den Herausforderungen der nahezu beispiellosen Energiekrise, mit der wir seit Monaten konfrontiert sind, hat sich die Universität mit großer Entschlossenheit gestellt. Hier profitieren wir allem vom sparsamen Naturell, das vielen von uns selbstverständlich ist, sei es dass wir gebürtige, sei es, dass wir gelernte Schwaben sind. Es ist heute noch zu früh, um Bilanz zu ziehen, aber erste Daten zeigen uns, dass die seit Oktober laufende Kampagne „Einfach Energie sparen“ zu einer spürbaren Senkung des Verbrauchs geführt hat. Bitte bleiben Sie bei diesem Thema am Ball. Jede eingesparte Kilowattstunde hilft uns dabei, über den Winter zu kommen.
Mich persönlich macht der Blick über die Grenzen in diesen Tagen sehr nachdenklich. Nicht allein die Bilder aus der Ukraine gehen mir nah, wenn ich sehe, dass Menschen dort dazu übergehen, ihr Essen auf offenem Feuer zu kochen, weil weder Strom noch Gas fließen. Es sind auch die Bilder aus dem Iran, wo vor allem Studierende seit Wochen auf die Straßen gehen, um grundlegende Rechte einzufordern. Sie machen mir selbst wieder einmal deutlich, wie wertvoll die Dinge sind, die für die meisten von uns seit Jahrzehnten selbstverständlich sind: Frieden, materieller Wohlstand, Meinungs- und Redefreiheit, das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben.
Unsere Gesellschaft gibt uns sehr viel. Das sollten wir nie vergessen. Unsere Gesellschaft braucht aber auch Universitäten. Sie sind der Ort, an dem das Neue erprobt, gedacht und in Freiheit ausgesprochen werden kann. Sie sind der Ort, an dem die wirklich wichtigen Werte geschaffen und bewahrt werden: Ideen und Methoden, um Recht und Demokratie zu schützen und weiterzuentwickeln, soziale Gerechtigkeit und Wohlstand zu schaffen, Krankheiten zu bekämpfen und unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren. Wir alle dürfen daher mit Selbstbewusstsein auf das zurückblicken, was wir in diesem Jahr geleistet haben.
Stellvertretend für das gesamte Rektorat möchte ich Ihnen heute Danke sagen. Gemeinsam haben wir uns unseren Aufgaben unter erschwerten Umständen gestellt und werden sie auch im nächsten Jahr zusammen angehen. Ich bin sehr stolz darauf, als Rektorin der Universität Tübingen Teil dieser großartigen Gemeinschaft zu sein. Für Ihr Engagement und das entgegengebrachte Vertrauen möchte ich mich auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen bei Ihnen ganz herzlich bedanken.
Ihnen und Ihren Familien wünsche ich besinnliche Feiertage und einen guten Start ins Jahr 2023.
Mit herzlichen Grüßen
Rektorin Prof. Dr. Karla Pollmann mit dem Rektorat