Uni-Tübingen

attempto online - Studium und Lehre

05.04.2018

25. tropenbiologische Brasilien-Exkursion der Universität Tübingen

Ein junger Kaiman erkannte die Tübinger Piranha-Angler als Nahrungskonkurrenten. Fotos: R. Radtke

Im März 2018 fand die 25. zoologische Brasilienexkursion der Universität Tübingen statt. Ein Schwerpunkt der Exkursion ist die Biodiversität der einzelnen Biome: Südamazonien, Pantanal, Cerrado, Atlantischer Regenwald sowie die jeweiligen Transitionszonen.

Biodiversität – ein häufig benutzter Begriff. Am ersten Exkursionsziel, dem Rio Cristalino in Südamazonien, hatten die Tübinger Studierenden die Möglichkeit von zwei 50 Meter hohen Aussichtstürmen ab dem Morgengrauen gegen 05:00 Uhr zu erleben, dass in den Tropen die Artenvielfalt enorm hoch ist, die Individuenzahl der jeweiligen Art dagegen gering. So kommen hier auf wenigen Hundert Hektar rund 650 Vogelarten vor, von denen die Exkursionsteilnehmerinnen und -teilnehmer aber meist nur ein Exemplar oder einige wenige Individuen zu Gesicht bekamen. Zum Vergleich: Aus der Westpaläarktis (Europa, Vorderasien, Nordafrika) sind dagegen nur 430 Arten bekannt. In Deutschland brüteten in den letzten Jahren 248 einheimische Vogelarten regelmäßig, dabei entfielen rund 80 Prozent der Individuen auf gerade mal 22 Arten.

Den Tübingern steht das Wasser bis zum Hals

Das von uns bereiste Gebiet stand dieses Jahr zwei Monate früher unter Wasser als üblich. Wir befanden uns mitten im Pantanal, dem größten Feuchtgebiet der Erde. Die Anfahrt begann mit 25 Stunden Linienbus, danach sechs Stunden in Kleinbussen, anschließend viele Stunden auf der Ladefläche eines LKW’s. Allein für die letzten 25 km der Anfahrt brauchten wir ganze acht Stunden – und das, obwohl unser 40 Jahre alter Ford-Laster, der für Generationen von Tübingern legendäre Brutão, nur einmal wirklich im Schlamm und in einem Wasserloch stecken blieb. Unser Zelt- und Hängemattenlager errichteten wir bei tropischer Hitze und angenehmen 100 Prozent relativer Luftfeuchte in einem Palmenwäldchen. Anschließend ging es los mit der Freilandarbeit. Nach Hyazintharas und Rosa Löfflern, Jabiru und Jaguarspuren war Hunger ein zentrales Thema während der Exkursion. Mit einem Bambusstab als Angelrute, Nylonschnur und Haken sowie Herzmuskelfleisch vom Rind als Köder bewaffnet probierten wir uns deshalb beim Angeln - und erwischten immerhin 13 Schwarze Piranhas für unser Abendessen.

Einige wenige Kilometer Luftlinie, aber unendlich viele Autostunden entfernt, folgten wir anschließend der Spur des Mähnenwolfes. Dieser hochbeinige Fuchs ist ein typischer Cerradobewohner. Auch die größten Affen Lateinamerikas, die Spinnenaffen, konnten wir während der Exkursion beobachten, bevor im Atlantischen Regenwald die Goldgelben Löwenäffchen den Abschluss der vierwöchigen Lehrveranstaltung bilden. Bei dem sich seit 2002 anschließenden Geoökologischen Gelände-Praktikum kamen noch das Biom Caatinga und der Araukarienwald dazu.

Ausblick

Wie regelmäßig über die letzten Jahre hinweg dürften einige der Exkursionsteilnehmer zu einem Praktikum, zur Datenaufnahme für die Masterarbeit oder auch zur Promotion in Zusammenarbeit mit einer der Tübinger Partneruniversitäten nach Brasilien zurückkehren.

Seit 2009 wird die Tropenbiologische Exkursion (Modul 3063) in einem studentischen Blog dokumentiert: http://brasilienexkursion.wordpress.com. Ende 2017 wurde hier der dreihunderttausendste Seitenaufruf registriert.

Dr. Rainer Radtke

Die Zufahrt ins Nirgendwo des Pantanals gestaltet sich kompliziert.

Die Tübinger beim Piranha-Angeln.

Ein junger Kaiman erkannte die Tübinger Piranha-Angler als Nahrungskonkurrenten.

Nach der Praxis die Theorie.

Auch der ein oder andere Moskito ließ sich vereinzelt sehen.

Scharfe Zähne zeichnen Piranhas aus.

Fotos: R. Radtke

1989 wurde die erste Tübinger zoologische Brasilienexkursion durchgeführt. Jetzt feiert diese Lehrveranstaltung ihr 25. Jubiläum. Dr. Rainer Radtke organisiert und leitet sie dabei zum 23. Mal, Michael Koltzenburg ist seit 2007 als Co-Leiter dabei.

Zurück