Uni-Tübingen

Adventskalender 2016

Schätze aus der Universitätsbibliothek und dem Universitätsarchiv

19. Dezember: „Wegweisung für die Ratlosen“

Eine illuminierte hebräische Handschrift aus dem Jahre 1343 (Universitätsbibliothek)

Der berühmte jüdische Arzt und Philosoph Mose ben Maimon (Maimonides) wurde 1135 im andalusischen Cordoba geboren. Nachdem dort die muslimische Dynastie der Almohaden die Herrschaft übernommen hatte, floh er mit seiner Familie über Nordafrika und Palästina nach Ägypten. Er erhielt durch seinen Vater schon früh Unterweisung im Talmud und Mathematik, später studierte er Philosophie, Medizin und Naturwissenschaften. Großes Ansehen gewann er in Ägypten als Arzt; Sultan Saladin ernannte ihn zu seinem Leibarzt. Maimonides starb 1204.

Neben medizinischen Abhandlungen verfasste Maimonides philosophische und talmudische Schriften; sein bekanntestes Werk ist die um 1185 geschriebene und wenige Jahre später durch Samuel ben Jehuda ibn Tibbons vom Arabischen ins Hebräische übersetzte „Wegweisung für die Ratlosen“ (in anderer Übersetzung: „Führer der Verirrten“). In diesem Werk legt er dar, dass es zwischen den überlieferten Lehren des Judentums und den zeitgenössischen Ansichten der mittelalterlichen Philosophie keine Widersprüche gibt. Auch sei das Denken des griechischen Philosophen Aristoteles mit den jüdischen Glaubenslehren vereinbar. In drei großen Abschnitten behandelt Maimonides die Eigenschaften Gottes, dessen Offenbarung, Prophetie und Vorsehung und die göttlichen Gesetze. Die Schrift wurde auch ins Lateinische übersetzt und wirkte so auf das Denken der christlichen Scholastik ein.

Die Universitätsbibliothek Tübingen besitzt eine wertvolle und gut erhaltene Abschrift dieses bedeutenden mittelalterlichen Textes; sie wurde im Jahre 1343 von dem aus Narbonne stammenden Israel bar Samuel geschrieben und enthält „zahlreiche im Stil der französischen Buchmalerei des ausgehenden Mittelalters gehaltene, farbige, mit Ranken, Fabelwesen, Tierfiguren mit Menschenköpfen und Ornamenten reich verzierte Seiten“ (Eißler/Schreiner, S. 62). Die Handschrift gelangte 1694 durch die Vermittlung von Matthäus Hiller (1649-1725), der in Tübingen eine Professur für Philosophie und Philologie innehatte und zu jener Zeit ein bedeutender Orientalist und Hebraist war, aus dem Besitz des Theologen Johann Jakob Leibniz (1635-1705) in die Handschriftensammlung der Universitätsbibliothek.

Signatur UB:

Ma IV 2

Literatur: