Uni-Tübingen

Aktuelles

01.06.2017

Baden-Württemberg Stiftung fördert drei Tübinger Projekte zur Neurorobotik

Drei Projekte der Universität Tübingen werden künftig durch das Forschungsprogramm Neurobotik der Baden-Württemberg Stiftung gefördert. Die Stiftung stellt insgesamt vier Millionen Euro zur Verfügung, um Forschungsideen aus dem Bereich der Neurotechnologie, des Neuronal Computing und der neuronal inspirierten Robotik zu unterstützen und damit der zunehmenden Bedeutung dieser Felder gerecht zu werden. Unter den neun ausgewählten Forschungsverbünden sind drei an der Universität Tübingen, dem Universitätsklinikum Tübingen und dem Naturwissenschaftlichen Medizinischen Institut NMI an der Universität Tübingen angesiedelt ‒ sie erhalten zusammen etwa 1.5 Millionen Euro für insgesamt drei Jahre.

Im Projekt RetNetControl: Steuerung physiologischer Aktivität in retinalen neuronalen Netzwerken geht es darum, wie die Aktivität in den neuronalen Netzwerken der Netzhaut gesteuert werden könnte. Zwar sind retinale Sehprothesen klinisch erfolgreich, ihr Betrieb basiert aber noch auf vergleichsweise einfachen Stimulationsmustern. In RetNetControl will die Arbeitsgruppe von PD Dr. Philipp Berens (Forschungsinstitut für Augenheilkunde, Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften und Bernstein Centrum für Computational Neuroscience) theoretische Netzwerkmodelle von retinalen Zellen etablieren, um alternative Stimulationsmuster zu testen. Basierend auf den Modellvorhersagen wird die Arbeitsgruppe von Dr. Günther Zeck (Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut Reutlingen NMI und Bernstein Centrum für Computational Neuroscience) in experimentellen Laborversuchen nachprüfen, inwieweit in blinden Retinas über solche Stimulationsmuster Antworten ausgelöst werden können, die mit denen gesunder Retinas vergleichbar sind. Die gewonnenen Erkenntnisse können zu einer Verbesserung retinaler Implantate und generell invasiver Neurostimulatoren führen.

Im Projekt NemoPlast: Lernen mit Neurorobotern: Mensch-Maschine-Schnittstellen zur Förderung motorischer Plastizität entwickeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Professor Alireza Gharabaghi (Sektion Funktionelle und Restaurative Neurochirurgie, Neurochirurgische Universitätsklinik Tübingen und Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften) ein neuartiges Trainings-System für Schlaganfall-Patienten; viele von ihnen sind auch Jahre nach dem Ereignis deutlich in ihrer Motorik eingeschränkt. Für diese Patienten entwickelt NemoPlast einen Trainings-Neuroroboter, der ein Exoskelett mit einem nicht-invasiven Hirnstimulator verknüpft. Das Exoskelett wird durch Hirnaktivität gesteuert (Brain-Machine Interface) und kann Gelähmte bei Bewegungen von Hand und Arm unterstützen. Der Hirnstimulator aktiviert gleichzeitig und zeitlich abgestimmt (Closed-Loop Stimulation) bisher ungenutzte neuronale Netzwerke und Verbindungen zwischen Gehirn und Muskulatur, um diese gezielt und anhaltend zu stärken. Dieser integrierte neuroprothetische Trainings-Ansatz zielt darauf, Plastizität zu fördern und motorische Funktionen der Patienten wiederherzustellen, damit diese langfristig eigenständige Bewegungen ohne technische Hilfsmittel durchführen können.

Das Forschungsprojekt KONSENS-NHE: Entwicklung eines kontext-sensitiven neural-gesteuerten Hand-Exoskeletts zur Wiederherstellung der Alltagsfähigkeit und Autonomie nach Hirn- und Rückenmarksverletzungen bündelt das Know-How der Universitäten Tübingen, Stuttgart sowie der Hochschule Reutlingen in den Bereichen Gehirn-Maschine Schnittstelle, Robotik und Informatik. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln ein im Alltag einsetzbares hirn-gesteuertes Hand-Exoskelett, das es gelähmten Menschen ermöglicht, Alltagsgegenstände zu greifen und somit selbstständiger zu leben. Dr. Surjo Soekadar, Leiter der Forschungsgruppe Angewandte Neurotechnologie am Universitätsklinikum Tübingen und Projektkoordinator, ist sich sicher, dass dies die Lebensqualität von Gelähmten wesentlich verbessern wird. Die Steuerung des Hand-Exoskeletts basiert auf einem sogenannten Brain/Neural-Computer Interaction (BNCI) System. Dabei werden die Hirnströme am Kopf mit Polyamid-Elektroden gemessen und mit weiteren Biosignalen, beispielsweise von Augenbewegungen, kombiniert. Die bloße Vorstellung einer Finger-Bewegung, die zu einem charakteristischen Hirnstrom-Signal führt, wird so in ein Steuersignal für das Hand-Exoskelett übersetzt, das schließlich die gelähmte Hand in Echtzeit bewegt.

Antje Karbe

Link zu den Teilprojekten:

<link https: goo.gl l4jqxx>goo.gl/l4JQXX

Forschungsprogramm Neurobotik der Baden-Württemberg Stiftung:

<link https: www.bwstiftung.de neurorobotik>www.bwstiftung.de/neurorobotik/

Kontakt:

PD Dr. Philipp Berens
Universität Tübingen
Forschungsinstitut für Augenheilkunde
<link>philipp.berens@uni-tuebingen.de
<link http: www.berenslab.org>www.berenslab.org

Dr. Günther Zeck
Naturwissenschaftlichen Medizinischen Institut NMI an der Universität Tübingen
Neurophysik
<link>guenther.zeck@nmi.de
<link http: www.nmi.de>www.nmi.de

Univ.-Prof. Dr. med. Alireza Gharabaghi
Neurochirurgische Universitätsklinik
Universität Tübingen
Sektion Funktionelle und Restaurative Neurochirurgie
<link>alireza.gharabaghi@uni-tuebingen.de


Dr. med. Surjo R. Soekadar
Universitätsklinikum Tübingen
Universität Tübingen
Arbeitsgruppe Angewandte Neurotechnologie
<link>surjo.soekadar@uni-tuebingen.de

Zurück