Aktuelles
27.11.2017
Ein Vater neuer Zeit – Reuchlin, die Juden und die Reformation
Neue Ausstellung im Stadtmuseum: Kooperation mit Tübinger Germanisten
Johannes Reuchlin (1455-1522) gilt als einer der großen europäischen Denker am Vorabend der Reformation. Sein Leben und Werk sind eng mit Tübingen verbunden. Im Jahr des Reformationsjubiläums zeigt das Stadtmuseum die Sonderausstellung „Ein Vater neuer Zeit – Reuchlin, die Juden und die Reformation“. Sie ist bis 18. Februar 2018 zu sehen. Kuratorin ist die Kunsthistorikerin Dr. Evamarie Blattner.
Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Deutschen Seminar der Universität Tübingen: Professor Dr. Jörg Robert sowie seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Lehrstuhl für Literaturgeschichte der Frühen Neuzeit haben an der Konzeption der Ausstellung mitgewirkt; Jörg Robert ist auch Herausgeber des umfangreichen Begleitbands, an dem zahlreiche Tübinger Frühneuzeitforscher und renommierte Reuchlin-Experten mitgewirkt haben. Zum Rahmenprogramm der Ausstellung gehören Vorträge, Führungen und Themenabende im Stadtmuseum. Die Ausstellung wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Weltoffener Jurist und Lehrer
Johannes Reuchlin wurde am 29. Januar 1455 in Pforzheim geboren und studierte bis 1477 Grammatik, Philosophie und Rhetorik in Freiburg und Basel. Anschließend ging er nach Frankreich und studierte römisches Recht in Orléans und Poitiers. Ein Lehramt für Poetik führte ihn erstmals an die Tübinger Universität. Bereits ab 1483 stand er in den Diensten Graf Eberhards im Bart. Als Rat wurde Reuchlin mit wichtigen Missionen betraut, die ihn nach Aachen und Italien führten, wo er Zugang zum Kreis der Florentiner Neuplatoniker erhielt. 1502 wurde Reuchlin zum Richter des Schwäbischen Bundes mit Sitz in Tübingen bestellt. 1519 folgte er dem Ruf auf eine Professur für Griechisch und Hebräisch nach Ingolstadt, kehrt jedoch bereits 1521 nach Tübingen zurück, wo er bis zu seinem Tod ebenfalls den Lehrstuhl für Griechisch und Hebräisch innehatte. Johannes Reuchlin starb am 30. Juni 1522 in Stuttgart.
Reuchlin und die Reformation
Wie kaum ein anderer deutscher Humanist repräsentiert Johannes Reuchlin den Zusammenhang von Renaissance und Reformation. Als „ein Vater neuer Zeit“ prägte er das europäische Geistesleben mit zahlreichen Schriften, etwa zur hebräischen Grammatik und zur Kabbala. In Tübingen war seine Wirkung zunächst deutlicher zu spüren als die weit entfernten ersten reformatorischen Auseinandersetzungen im Jahr des Thesenanschlags 1517. Denn in Tübingen und Württemberg wurde die reformatorische Lehre erst 1534 bindend. Im Gegensatz zu Martin Luther steht Reuchlin für einen offeneren Umgang mit Andersgläubigen.
Inhalte der Ausstellung
Im Fokus der Ausstellung stehen Reuchlins zahlreichen Drucke, die große Verbreitung fanden. Die Bandbreite seiner Publikationen ist groß: Reuchlin gilt als Experte der lateinischen und griechischen Sprache und war sich schon früh der Bedeutung des Hebräischen für das Verständnis des Alten Testaments bewusst. In vielen Büchern setzte er sich mit der hebräischen Sprache auseinander und versuchte, die jüdische Kabbala mit der christlichen Theologie zu verbinden. Reuchlin schrieb u.a. zwei Komödien, Gedichte, eine Predigtlehre und Bußpsalmen.
Der Judenbuchstreit
Große Bekanntschaft erlangte Johannes Reuchlin im sogenannten Judenbuchstreit. Dabei verteidigte er das jüdische Schriftgut, das auf Betreiben Johannes Pfefferkorns konfisziert und verbrannt werden sollte. Mit seiner klaren Positionierung leistete er einen wichtigen Beitrag für den Dialog zwischen Juden und Christen und gilt bis heute als Wegbereiter der Toleranzidee.
Ein Vater neuer Zeit – Reuchlin, die Juden und die Reformation
28. Oktober 2017 bis 18. Februar 2018
dienstags bis sonntags, 11 bis 17 Uhr
Stadtmuseum Tübingen, Kornhausstraße 10, Erdgeschoss
Eintrittspreise: Erwachsene 2,50 Euro, ermäßigt 1,50 Euro
freier Eintritt für Kinder bis zwölf Jahre und Schulklassen mit zwei Begleitpersonen
<link http: www.tuebingen.de stadtmuseum>www.tuebingen.de/stadtmuseum
Pressemitteilung der Stadt Tübingen