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attempto online Forschung

29.01.2021

Bisher übersehene kleine Proteine in Bakterien

Forschende finden einen essenziellen Faktor im geordneten Recycling von Phycobilisomen-Lichtsammelstrukturen - auch Prof. Boris Maček von der Universität Tübingen beteiligt

Die Photosynthese steht am Beginn praktisch aller Nahrungsketten. Auch Cyanobakterien nutzen Licht als Energiequelle und können wie Pflanzen Photosynthese betreiben.

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Der biologische Prozess der Photosynthese steht am Beginn praktisch aller Nahrungsketten: Er produziert den Sauerstoff zum Atmen und liefert die energetische Grundlage für die klimaneutrale Herstellung von Treibstoffen sowie von Spezialchemikalien mittels biotechnologischer Verfahren. Forschende sind dafür besonders an den schnell wachsenden Cyanobakterien interessiert. Diese nutzen Licht als Energiequelle und können wie Pflanzen Photosynthese betreiben. Allerdings binden die dafür benötigten Proteinkomplexe sehr viele Nährstoffe. Ein Team um Vanessa Krauspe und Prof. Dr. Wolfgang Hess von der Arbeitsgruppe für Genetik und Experimentelle Bioinformatik der Fakultät für Biologie der Universität Freiburg hat das bisher unbekannte kleine Protein NblD entdeckt, welches dabei helfen kann, diese Nährstoffe zu recyceln. An der Studie beteiligt waren auch Prof. Dr. Boris Maček vom Proteomzentrum Tübingen (PCT) an der Universität Tübingen, Prof. Dr. Oliver Schilling vom Universitätsklinikum Freiburg, sowie Prof. Dr. Nicole Frankenberg-Dinkel von der Technischen Universität Kaiserslautern. Die neuen Erkenntnisse stellen die Forschenden in der Fachzeitschrift PNAS vor.

Cyanobakterien verwenden zur Photosynthese sowohl den natürlichen Farbstoff Chlorophyll als auch häufig Phycobilisomen, einen Proteinkomplex. Phycobilisomen gehören zu den effektivsten bekannten Lichtsammelstrukturen in der Natur. Allerdings binden ihre makromolekularen Strukturen sehr viele Nährstoffe, insbesondere Stickstoff. Um diese Nährstoffe unter Mangelbedingungen, wie zum Beispiel bei nicht ausreichender Stickstoffversorgung, zu recyceln, existieren in den Cyanobakterien ausgefeilte genetische Programme, die unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eigentlich als gut untersucht gelten.  

Doch durch ein neues Verfahren, um insbesondere kleine Gene und Proteine zu untersuchen, hat das Team der Albert-Ludwigs-Universität nun NblD charakterisieren können Dieses ist ein bisher unbekanntes, hoch-affines – also schnell Verbindungen eingehendes – kleines Protein. NblD bindet sich an eine Untereinheit des Phycobilisoms. Dadurch erhalten die Zellen der Cyanobakterien besondere Mechanismen, um mit potenziell gefährlichen Zwischenprodukten, die während des Recyclings der Phycobilisomen entstehen, umzugehen. „Die Ergebnisse sind ein Beispiel dafür, dass den bisher weithin übersehenen besonders kleinen Genen und Proteinen stärkeres Augenmerk geschenkt werden sollte“, erklärt Hess, „und das nicht nur in Cyanobakterien.“ 

Die Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Schwerpunktprogrammes (SPP) 2002 „Kleine Proteine in Prokaryoten, eine unbekannte Welt“, durch das Graduiertenkolleg (GRK) 2344 „MeInBio - BioInMe: Exploration of spatio-temporal dynamics of gene regulation using high-throughput and high-resolution methods“ sowie durch die Forschungsgruppe (FOR) 2816 „The Autotrophy-Heterotrophy Switch in Cyanobacteria: Coherent Decision-Making at Multiple Regulatory Layers (SCyCode)“ gefördert.

Originalpublikation:

Krauspe V., Fahrner M., Spät P., Macek B., Schilling O., Hess W.R. (2021): Discovery of a small protein factor involved in the coordinated degradation of phycobilisomes in cyanobacteria. In: Proc Natl Acad Sci USA, Vol. 118, No. 5 e2012277118; DOI: 10.1073/pnas.2012277118.

Pressemitteilung der Universität Freiburg

Kontakt:

Prof. Dr. Wolfgang R. Hess
Institut für Biologie III
Fakultät für Biologie
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
0761/203-2796
wolfgang.hessspam prevention@biologie.uni-freiburg.de

Prof. Dr. Boris Maček
Universität Tübingen
Proteomzentrum Tübingen (PCT)
 +49 7071 / 29 70556
boris.macekspam prevention@uni-tuebingen.de

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