attempto online Forschung
17.07.2020
Das Studium mit digitalen Medien meistern
Projekt You(r) Study untersuchte, was Studieren im digitalen Zeitalter bedeutet – Tübinger Wissenschaftlerinnen beteiligt
Der Digitalisierungsprozess fordert Bildungseinrichtungen heraus: Für Universitäten und Hochschulen ist es darum wichtig, zu wissen, wie und warum ihre Akteure Medien nutzen. Einstellungen und Handlungen von Studierenden wurde bislang in diesem Zusammenhang wenig beachtet. Das dreijährige Verbundforschungsprojekt „You(r) Study“ hat deshalb bewusst die Studierenden in den Fokus genommen: Ein Team der Universität zu Köln erforschte in Zusammenarbeit mit der Ruhr-Universität Bochum, der Technischen Universität Kaiserslautern sowie Professorin Taiga Brahm und Marina Pumptow von der Universität Tübingen das Verhältnis zwischen Studierenden, Medien und Universität. Dabei wurde insbesondere untersucht, welche Handlungsweisen und Motivationen Studierende in Bezug auf ihr Studium mit Medien zeigen. Geleitet wurde das Vorhaben von der übergeordneten Forschungsfrage, wie Studierende mit Hilfe von digitalen Medien ihrem Studium einen eigenen Sinn verleihen.
Die Ergebnisse wurden durch einen empirischen Feldzugang in Form von Studierendenbefragungen an vier und Gruppendiskussionen an sechs Universitäten sowie Logfile-Analysen von universitären Learning-Management-Systemen generiert. Untersucht wurden in der Studierendenbefragung die Mediennutzung Studierender, ihre akademische und medienbezogene Selbstwirksamkeit sowie der Zusammenhang mit anderen Faktoren, die für die Studienleistung bedeutsam sind. Es wurden über 2.000 Studierende an vier deutschen Hochschulen befragt.
Im Einklang mit bisherigen empirischen Untersuchungen zeigte sich beispielsweise, dass Studierende mit einem höheren Vertrauen, den Anforderungen im Studium gewachsen zu sein und Probleme erfolgreich lösen zu können (akademische Selbstwirksamkeit), auch motivierter, zielgerichteter und allgemein erfolgreicher im Studium sind, d. h. bessere Noten erlangen. Insgesamt lässt sich außerdem die weit verbreitete Nutzung digitaler Medien zu Studienzwecken bestätigen: Studierende sind so gut wie flächendeckend mit Laptops und Smartphones ausgestattet, sie setzen zahlreiche Medienanwendungen regelmäßig für das Studium ein und studienbezogener Austausch und Organisation finden häufig in sozialen Netzwerken statt.
Wie Studierende Medien nutzen, hängt zudem mit ihrer eigenen medienbezogenen Selbstwirksamkeit, d.h. ihrer Erwartung, Medien produktiv für das Studium nutzen zu können, zusammen. Dies könnte Ansatzpunkt für künftige Forschung und Fördermaßnahmen bieten. Beispielsweise könnte verstärkt untersucht werden, inwieweit Studierende mit einer stärker ausgeprägten medienbezogenen Selbstwirksamkeit in der Lage sind, die Studienanforderungen besser zu erfüllen, welche Rolle dabei weitere individuelle und soziale Faktoren (z. B. Motivation, Einstellungen) spielen und ob eine soziale Benachteiligung bestimmter Gruppen von Studierenden vorliegt.
Eine praktische Implikation, die sich auch im Lichte des aktuellen Online-Semesters als direkt relevant herausgestellt hat: Für Studierende ist es wesentlich, mit bestehenden formellen Strukturen und bereitgestellten Medienangeboten der jeweiligen Universität umgehen zu können. Dabei stehen sie gleichzeitig vor der Anforderung, angesichts vielfältiger Studienziele individuelle Anpassungsstrategien und Handlungsweisen für sich selbst zu etablieren. Möchte man aus den Forschungsergebnissen auf konkrete Maßnahmen an Universitäten und Hochschulen schließen, sollten diese speziell an den widersprüchlichen Hinweisen aus der Forschung mit Studierenden anknüpfen, regen die am Projekt beteiligten Forscherinnen und Forscher an.
Einen breiten Einblick in die Forschungsergebnisse bietet die Publikation „Studierende – Medien – Universität“, die beim Waxmann-Verlag im Open Access-Format erschienen ist. Der Sammelband spiegelt die gesamte Forschungstätigkeit im zugehörigen You(r) Study-Forschungsverbund wider. Zugleich findet das über drei Jahre durch das BMBF in der Linie „Digitale Hochschulbildung“ geförderte Forschungsprojekt damit seinen erfolgreichen Abschluss.
Weitere Informationen zum Projekt: https://your-study.info/
Taiga Brahm
Kontakt:
Prof. Dr. Taiga Brahm
Universität Tübingen
Lehrstuhl für Ökonomische Bildung und Wirtschaftsdidaktik
taiga.brahmspam prevention@uni-tuebingen.de