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08.07.2021
Zu Risiken und Nebenwirkungen der Bewässerung mit Abwasser
Tübingen an DFG-Forschungsgruppe beteiligt: Projekt untersucht Schadstoffe, Antibiotikaresistenzen und Pathogene in Abwasserbewässerungssystemen
Wasserverknappung, der steigende Nahrungsmittelbedarf einer wachsenden Weltbevölkerung und Urbanisierung führen in zahlreichen Regionen der Welt zur Nutzung von Abwasser zur Bewässerung in der Landwirtschaft. Dies schont Ressourcen, birgt aber auch Risiken: Durch das Abwasser gelangen Antibiotika, Desinfektionsmittel und viele weitere Substanzen zusammen mit antibiotikaresistenten Bakterien auf die Felder, in die Böden – und letztlich in unsere Nahrungsmittel. Zur Beurteilung von Ausmaß und Relevanz dieser Risiken sowie der Risikominimierung durch die Behandlung des Abwassers fehlt bislang jedoch die Grundlage. Um diese Grundlage zu schaffen, fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) eine neue Forschungsgruppe unter Federführung der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) mit rund 2,5 Millionen Euro für zunächst vier Jahre. Davon entfallen rund eine Million Euro auf die JLU. An der Universität Tübingen ist die Arbeitsgruppe von Christiane Zarfl, Professorin für Umweltsystemanalyse, beteiligt.
Die Forschungsgruppe FOR 5095 „Interaktionen von Schadstoffen, Antibiotikaresistenz und Pathogenen in einem sich ändernden Abwasserbewässerungssystem“ wird am Beispiel des weltweiten größten zusammenhängenden Abwasserbewässerungssystems nördlich von Mexiko City die Selektion von Antibiotikaresistenzen und die Ausbreitung von Krankheitserregern in Agrarsystemen und ihren Transfer in Nahrungsmittel untersuchen. Das rund 900 Quadratkilometer große Gebiet wurde etwa 100 Jahre lang mit einer Mischung aus unbehandeltem Abwasser und Regenwasser bewässert. Dadurch haben sich Arzneimittel, Desinfektionsmittel, Metalle und zahlreiche weitere Substanzen in den Böden der Felder angereichert, wie unter anderem das Team von Prof. Dr. Jan Siemens, Professur für Bodenressourcen und Bodenschutz an der JLU und Sprecher der neuen DFG-Forschungsgruppe in Zusammenarbeit mit mexikanischen Wissenschaftlerinnen bereits in früheren Untersuchungen festgestellt hat.
Nun ist im Valle Mezquital die weltweit drittgrößte Kläranlage in Betrieb genommen worden, das Abwasser von Mexiko City gelangt also nicht mehr ungeklärt auf die Felder. „Kläranlagen sind jedoch auch ein potenzieller Hotspot für die Selektion von antibiotikaresistenten Bakterien – das geklärte Wasser wird zwar weniger Bakterien enthalten als vorher, dafür unter Umständen aber einen größeren Anteil multiresistenter Bakterien“, so Prof. Siemens. „Auch besteht das Risiko, dass in der Vergangenheit in den Böden akkumulierte Schadstoffe durch das behandelte Abwasser mobilisiert werden und die Selektion von antibiotikaresistenten Bakterien in den Felder verstärken.“ Die Forschungsgruppe wird einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung der Zusammenhänge zwischen Bewässerungswasserqualität, dem Verhalten von Antibiotika und Desinfektionsmitteln sowie der Selektion und Ausbreitung von antibiotikaresistenten Bakterien in der Umwelt leisten.
Nach einer Pressemitteilung der Universität Gießen
Kontakt
Prof. Dr. Christiane Zarfl
Universität Tübingen
Umweltsystemanalyse
christiane.zarflspam prevention@uni-tuebingen.de