01.09.2022
Waren die Neandertaler tatsächlich grober und gewalttätiger als andere Steinzeitmenschen, wie lange angenommen? Dieser Frage ist Dr. Judith Beier vom Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie (INA) der Universität Tübingen in ihrer Dissertation nachgegangen. Für ihre Arbeit hat die Nachwuchswissenschaftlerin nun den Wolfgang-Strutz-Promotionspreis der Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung erhalten. Sie teilt sich die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung mit Dr. Larissa Nowak, derzeit Postdoc am Mediterranean Institute for Advanced Studies in Esporles, Spanien, die in ihrer Doktorarbeit den Einfluss des Klimawandels auf die Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen und fruchtfressenden Vögeln untersucht hatte.
Judith Beier, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Paläoanthropologie des INA, befasste sich in ihrer ausgezeichneten Arbeit mit Schädelverletzungen bei Menschen der Steinzeit. Ihre Untersuchungen fossiler Schädelreste von Neandertalern und steinzeitlichen modernen Menschen ergaben: Beide erlitten ähnlich häufig Schädeltraumata, signifikante Unterschiede waren nicht festzustellen. Entgegen dem hergebrachten Bild führten Neandertaler offenbar im Vergleich zum frühen modernen Menschen kein besonders gefährliches und gewalttätiges Leben oder besaßen risikoreichere Jagdtechniken. Das frühere Image des Neandertalers als grobschlächtigem oder gar gewalttätigem Steinzeitmenschen kann damit weiter revidiert werden.
Die Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung vergibt den Promotionspreis zu Ehren ihres langjährigen Präsidenten (1999-2008) Prof. h.c. Wolfgang Strutz. Der Preis wird alle zwei Jahre für herausragende Dissertationen aus den Bereichen der Biologie, Paläontologie oder Geologie verliehen.
Hochschulkommunikation nach einer Pressemeldung der Senckenberg-Gesellschaft