Uni-Tübingen

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21.04.2023

Engagierte Kämpferin für die Rechte von Schwerbehinderten: Doris Preußner geht in den Ruhestand

Langjährige Vertrauensperson für Schwerbehinderte und ehemalige Personalratsvorsitzende

Doris Preußner bei ihrer offiziellen Verabschiedung Ende März mit Kanzler Dr. Andreas Rothfuß

Doris Preußner, über 16 Jahre Vertrauensperson für Schwerbehinderte an der Universität Tübingen, geht Ende Juni 2023 offiziell in den Ruhestand. Sie kam vor rund 32 Jahren an die Universität. Nach einer Ausbildung zur chemisch-technischen Assistentin arbeitete sie zunächst für die Firma CHT in Tübingen im Bereich technische Information und Verwaltung. Im Jahr 1991 wechselte sie dann an die Universität – weil sie etwas Neues machen wollte, aber auch, weil ihr die vielen Überstunden beim bisherigen Arbeitgeber kaum Zeit für andere Projekte und Interessen ließen.

„Bereits bei der Firma CHT kam ich mit dem Thema Gefahrstoffverordnung in Berührung, die war 1986 ganz frisch erlassen worden. Als ich ein paar Jahre später die Stellenanzeige der Uni mit diesem Schwerpunkt gesehen habe, wusste ich: das ist es, was ich will.“ Gemeinsam mit ihrem Kollegen Manfred Schäffler baute sie in der Folge den neuen Bereich Gefahrstoffverordnung in der Abteilung Arbeitssicherheit der Universität auf.

Strukturkommission, Senat, Frauenkommission, Personalrat – von Anfang an engagierte sich Doris Preußner auch in den Gremien der Universität. „Dadurch hatte ich einen guten Überblick, was an der Universität so läuft“, sagt sie im Rückblick. „Ich hatte immer Interesse und Freude an der Gremienarbeit.“

1995 wurde Doris Preußner zum ersten Mal in den Personalrat gewählt und war von 1999 bis 2002 auch Personalratsvorsitzende. Damals gab es an der Universität noch verschiedene Bereichspersonalräte mit jeweils eigenen Schwerbehindertenvertretungen. Eine große Veränderung war daher im Jahr 2006 die Einführung eines Gesamtpersonalrats. „Ab da sollte es auch nur noch eine Vertretung für die Schwerbehinderten geben. Frau Bölzle, die damalige Schwerbehindertenvertreterin für die Zentrale Verwaltung, hat mich gefragt, ob ich nicht für dieses neue Amt kandidieren möchte. Und ich hab‘ wie immer ja gesagt“, erinnert sich Doris Preußner. – Und sie blieb in diesem Amt bis zu ihrem Ruhestand, über 16 Jahre.

„Ich saß vorher bereits im Hauptpersonalrat im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Stuttgart und nach meiner Wahl 2006 auch dort in der Hauptschwerbehindertenvertretung. Als Vertrauensperson für Schwerbehinderte musste ich mich in ein für mich ganz neues Sachgebiet einarbeiten: Was darf die Schwerbehindertenvertretung, wo muss sie mit einbezogen werden, was kann ich für die Beschäftigten erreichen? Geregelt ist das im Sozialgesetzbuch IX. Leider muss man sagen, dass die Schwerbehindertenvertretung im Vergleich zum Personalrat über wenig Rechte verfügt. Aber die, die es gibt, habe ich versucht auch durchzusetzen.“

Die Zusammenarbeit mit der Verwaltung hat Doris Preußner immer als gut und vertrauensvoll erlebt. Über problematische Fälle habe sie immer offen sprechen und gemeinsame Lösungen erarbeiten können. Ein großes Manko sieht sie dagegen nach wie vor in der Ausstattung der Arbeitsplätze, beim Thema Barrierefreiheit und generell bei den Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Einschränkungen. Die Politik wolle zwar, dass Menschen, die bislang in Behindertenwerkstätten untergebracht waren, verstärkt in den sogenannten 1. Arbeitsmarkt integriert werden. Doch an der Universität gebe es entsprechende einfache Tätigkeiten kaum, so Doris Preußner. Die offizielle Pflichtquote für Beschäftigte mit Einschränkungen liege im Land bei fünf Prozent, die Universität liege weit darunter - immer noch. Das erschwere es auch, Zuschüsse für die Ausstattung von Arbeitsplätzen und Unterstützungsleistungen zu bekommen. In der Praxis bedeute dies, dass die Einrichtungen die Ausstattung der Arbeitsplätze – ob es um spezielle Computer, einen Treppenlift oder anderes geht – im Zweifel selber tragen müssen.

Ein anderes großes Problem ist laut Preußner die Tatsache, dass die Universität auf knapp 180 Gebäude verteilt ist, ein hoher Sanierungsstau herrscht und Baumaßnahmen gleichzeitig durch Anforderungen des Denkmalschutzes sehr kostenintensiv oder gar unmöglich werden. „Das fängt schon damit an, dass man beispielsweise keine Rampe an der Alten Botanik bauen darf, die es Menschen mit eingeschränkter Mobilität erlauben würde, hier zu arbeiten oder die Zentrale Verwaltung aufzusuchen – wegen des Denkmalschutzes. Im Gesetzbuch steht: Wenn möglich, soll barrierefrei gebaut werden. Angesichts knapper öffentlicher Kassen und bei einem solchen Sanierungsstau ist so eine Formulierung natürlich dehnbar... Hier würde ich mir mehr gemeinsame Initiative von Denkmalamt und Vermögen und Bau Baden-Württemberg (VBA) im Interesse von Menschen mit Einschränkungen wünschen“, sagt Doris Preußner.

Es dauerte auch eine ganze Weile, bis die Schwerbehindertenvertretung vom VBA überhaupt zu wichtigen Sitzungen zum Thema Bau und Barrierefreiheit eingeladen wurde. Immerhin gelang es Doris Preußner gemeinsam mit Katrin Motta von der Zentralen Studienberatung, die Studierende mit Behinderung oder chronischer Erkrankung berät, dem Dezernat Bau und Monika Fritz vom VBA Tübingen einen Leitfaden zum barrierefreien Bauen zu erarbeiten. Der gibt den Verantwortlichen klare Richtlinien für künftige Bauprojekte an die Hand.

Ihren letzten Arbeitstag hatte Doris Preußner bereits Anfang April. Langweilig wird es ihr aber auch im Ruhestand ganz gewiss nicht: Sie singt in zwei Chören und engagiert sich im Tübinger Hospiz-Verein. Außerdem ist sie an den Planungen für eine Demenz-WG in Unterjesingen beteiligt. Auch Reisen in Städte und Regionen, die sie noch nicht kennt, möchte sie gerne machen – demnächst steht als erstes Reiseziel der Ruhrpott auf der Agenda. 

Maximilian von Platen

 

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