Uni-Tübingen

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19.01.2018

Indologin Heike Oberlin reiste für die „Erudite scholar-in-residence lecture series“ durch Südindien

In mehreren Seminaren und Vorlesungen sprach sie über das Sanskrittheater Kutiyattam und verknüpfte Forschungen zu den Techniken und Wirkungsweisen dieses Theaters mit Sprachstudien, Erkenntnissen der Geschichtswissenschaft und den Genderstudies.

Eröffnung der internationalen Konferenz „Ecologies of the New: Matter, Mind & Body“ am MES College in Mampad durch Professorin Heike Oberlin- Foto: MES Mampad College

Heike Oberlin, außerplanmäßige Professorin für Indologie an der Universität Tübingen, hielt auf Einladung des Kerala State Higher Education Council Anfang Januar 2018 eine Vortragsreihe in Südindien. Sie gab Seminare am Kerala Kalamandalam, der Universität für Kunst und Kultur des Bundesstaates Kerala. Außerdem hielt sie Vorlesungen an weiteren Universitäten, wie der Sri Sankaracharya University for Sanskrit in Kalady, der Thunchath Ezhuttacchan University for Malayalam in Tirur und dem Kerala Varma College in Thrissur. Für die „Erudite scholar-in-residence lecture series“ lädt das Wissenschaftsministerium des südindischen Bundesstaats Kerala international bedeutende Forscherinnen und Forscher ein. Ihre hochkarätigen Vorträge sollen Studierende vor Ort motivieren; für junge Frauen haben Gastwissenschaftlerinnen außerdem eine wichtige Vorbildfunktion.

Im Fokus von Oberlins Vortragsreihe standen die Geschichte des Sanskrittheaters Kutiyattam, das die Geschichte des gesamten indischen Südwestens in sich birgt, sowie das Zusammenspiel der Lokalsprache Malayalam und des altindischen Sanskrit. Sie verknüpfte dafür Forschungen zu den Techniken und Wirkungsweisen dieses Theaters mit Sprachstudien, Erkenntnissen der Geschichtswissenschaft und den Genderstudies. Beispielsweise lässt die Entwicklung der Frauenrollen und ihrer Darstellerinnen detaillierte Rückschlüsse auf die Stellung der Frau in der traditionellen Gesellschaft zu. Die Rollenfigur des Malayalam sprechenden Spaßmachers Vidushaka schlägt eine Brücke zwischen der in den Mythen und der Götterwelt angesiedelten Handlung und dem südindischen Alltag vor zwei-, dreihundert Jahren. Sie stellt somit eine der ergiebigsten Quellen zur Lebenswelt dieser Zeit dar.

 

Oberlin ist eine der wenigen Expertinnen für die Sprache und Kultur Keralas außerhalb Indiens. 1995 war sie selbst als Stipendiatin des Indian Council für Cultural Relations (ICCR) und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) für zwei Jahre Studentin am Kerala Kalamandalam. In dieser Zeit und den Folgejahren forschte sie nicht nur über das alte Sanskrittheater Kutiyattam, sie erlernte es auch bis zur Bühnenreife.

Professorin Heike Oberlin zusammen
mit Dr. V.K. Vijayan, Leiter des
Wissenschaftscampus des Kerala Kalamandalam,
Professor C.M. Neelakandhan, Wissenschaftlicher
Direktor des Kerala Kalamandalam, und ihrem
Mann, Dr. Gerhard Oberlin Foto: Oberlin

Eröffnung der Vortragsreihe von Professorin
Heike Oberlin am Kerala Kalamandalam . Foto: Oberlin

 



Tübingen und Kerala:

Kerala und die Universität Tübingen verbinden neben den Forschungen Heike Oberlins auch die Arbeit Hermann Gunderts, des Großvaters von Hermann Hesse. Gundert hat Mitte des 19. Jahrhunderts in Tübingen studiert und promoviert. Später übersetzte er die Bibel auf Malayalam, verfasste die erste systematische Grammatik für diese Sprache und ein bis heute verwendetes Malayalam-Englisch-Wörterbuch. Außerdem prägte er den Aufbau eines modernen Schulsystems in dem südindischen Bundesstaat. 2015 warb Oberlin den „Gundert Chair“ ein, weltweit die einzige Gastprofessur für Malayalam und Keralastudien. Derzeit finanziert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Digitalisierung des Nachlasses von Hermann Gundert zur Sprach- und Schriftentwicklung des Malayalam, der sich in der Tübinger Universitätsbibliothek befindet.


Susanne Zahn

Kontakt:

Prof. Dr. Heike Oberlin
Asien-Orient-Institut (AOI)
Abteilung. Indologie und Vergleichende Religionswissenschaft
Telefon +49-7071-29-74005
heike.oberlin[at]uni-tuebingen.de

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