Uni-Tübingen

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06.05.2021

Maschinelles Lernen der Dynamik von Quantensystemen

Forschende an der Universität Tübingen und am MPI-IS haben Methoden des maschinellen Lernens angewendet, um die Quantendynamik in physikalischen Modellen zu verstehen, die von aktuellen Experimenten inspiriert sind.

Fortschritte bei der Entwicklung von Quantencomputern haben ein großes technologisches Potenzial. Allerdings manifestieren sich Quanteneffekte typischerweise nur in Systemen, die von der Außenwelt gut isoliert sind, was ein großes Hindernis darstellt. Um Quanteneffekte originalgetreu zu erfassen und nutzbar zu machen, ist es notwendig, den Quantenzustand des Systems und seiner Umgebung zu verstehen.

In enger Zusammenarbeit haben Dr. Paolo Mazza, Dr. Federico Carollo, Prof. Sabine Andergassen und Prof. Igor Lesanovsky vom Institut für Theoretische Physik der Universität Tübingen, Dr. Georg Martius, Leiter der Forschungsgruppe Autonomes Lernen am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme, und Dominik Zietlow aus seinem Team Methoden des maschinellen Lernens angewendet, um die Quantendynamik in physikalischen Modellen zu verstehen, die von aktuellen Experimenten inspiriert sind. Ihre Ergebnisse wurden kürzlich in Physical Review Research veröffentlicht. In ihrem Papier "Machine Learning Time-Local Generators of Open Quantum Dynamics" zeigen die Forschenden, dass die Quantendynamik in diesen Modellen auch bei starker Kopplung zwischen dem System und der Umgebung erlernt werden kann. Insbesondere ermöglicht das während eines kurzen Evolutionsintervalls erworbene Wissen eine Extrapolation der Dynamik auf bisher nicht beobachtete Zeiten. Dies kann einen Weg darstellen, um das Langzeitverhalten in Situationen zu analysieren, in denen dies nicht durch numerische Simulationen oder Experimente zugänglich ist. In Regimen, in denen die Dynamik nicht durch einen solchen Ansatz beschrieben werden kann, können neuronale Netze dennoch zur Quantifizierung und Charakterisierung der System-Umwelt-Kopplung eingesetzt werden, was in die Entwicklung von numerischen Modellen und Simulationsalgorithmen einfließen kann.

Die Studie, die vom Exzellenzcluster "Machine Learning: Neue Perspektiven für die Wissenschaften" an der Universität Tübingen gefördert wurde, zeigt, wie Methoden des maschinellen Lernens auf physikalisch relevante Probleme wie die Dynamik von Quantensystemen angewendet werden können. Dies stellt eine bisher unerforschte Richtung in der Anwendung von Methoden des maschinellen Lernens auf aktuelle Fragen der Quantenphysik dar, mit möglichen Perspektiven auch für andere Bereiche.

Pressemitteilung Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme

Publikation:

Paolo P. Mazza, Dominik Zietlow, Federico Carollo, Sabine Andergassen, Georg Martius, and Igor Lesanovsky: Machine learning time-local generators of open quantum dynamics. In: Phys. Rev. Research 3, 023084 – Published 30 April 2021
DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevResearch.3.023084   

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