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19.12.2016

Neues WindForS-Projekt: Windenergie-Forschung mit Tübinger Beteiligung

International einzigartiges Windenergie-Testfeld auf der Schwäbischen Alb

Die Animation visualisiert die Windströme der Anlage. Quelle: WindForS

Der Ausbau der Windenergie als erneuerbare, klimafreundliche Energiequelle schreitet rund um den Globus voran. Zunehmend werden auch bergige Gebiete erschlossen, in denen es aufgrund der Geländestruktur zu unregelmäßigen Windströmungen und Luftverwirbelungen kommt. Wie man auch an solchen Standorten Windkraftanlagen optimal betreiben kann, untersuchen nun sechs Partner des süddeutschen Windenergie-Forschungsclusters WindForS. Dazu wollen sie ein Forschungstestfeld mit zwei Anlagen und vier meteorologischen Messmasten auf der Schwäbischen Alb errichten. Die Wissenschaftler aus Baden-Württemberg und Bayern streben dort zahlreiche technologische Verbesserun-gen an, z. B. leisere, leichtere und leistungsstärkere Rotoren. Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) koordiniert das ambitionierte Projekt. Partner sind die die Universität Tübingen, Universität Stuttgart, die Technische Universität München, das Karlsruher Institut für Technologie sowie die Hochschule Esslingen.


Jedes Jahr gehen laut „Global Wind Energy Council“ weltweit Wind-energieanlagen mit einer Leistung von insgesamt rund 63.000 Mega-watt ans Netz – etwa ein Fünftel davon in bergigen Gebieten. Der Betrieb ist dort jedoch schwieriger als im flachen Gelände, denn die Ertragsprognosen sind unsicherer und die mechanische Belastung sowie die Wartungskosten höher. Die Frage, wie die Leistung der Anlagen optimiert und deren Lebensdauer verlängert werden kann, will nun das Forschungscluster WindForS beantworten. Unter der Federführung des ZSW planen die Windenergie-Experten ein Forschungstestfeld auf der Schwäbischen Alb, genauer: am Stöttener Berg bei Geislingen an der Steige.

Idealer Standort für ein Forschungstestfeld

„Der Standort bietet ideale Voraussetzungen für unsere Forschungen“, sagt Projektleiter Andreas Rettenmeier. „Der vorherrschende West-wind wird über die Kante der vorgelagerten Geländesteilstufe beschleunigt und bildet unregelmäßige Strömungen und Turbulenzen. Zudem verfügt das Gebiet über eine hohe mittlere Jahreswindgeschwindigkeit“, erklärt der ZSW-Wissenschaftler weiter. Diese Faktoren seien typisch für Windenergiestandorte in bergig-komplexem Gelände und ideal für die Entwicklung und Erprobung neuer Technologien. Der Standort und seine Bedingungen wurden zuvor eigens im Rahmen des WindForS-Projekts „KonTest“ wissenschaftlich untersucht.

Mess-Sensoren vom Fundament bis zu den Rotorblättern

Daran anknüpfend soll nun im Projekt „Wind Science and Engineering in Complex Terrain (WINSENT)“ ein Testfeld als Plattform für Forschung und Industrie entstehen. Dazu sind zwei Windenergieanlagen mit einer Nennleistung von jeweils rund 750 Kilowatt und einer Naben-höhe von 75 Metern geplant. Ihr Rotordurchmesser beträgt 50 Meter, die Gesamthöhe damit 100 Meter. Zu den Alleinstellungsmerkmalen des Projekts zählt, dass die Wissenschaftler uneingeschränkten Zugriff auf die komplette Steuerungstechnik und die Konstruktionsdaten der Anlagen erhalten sollen, um deren Verhalten genauestens analysieren zu können. Schon bei ihrem Bau ist vorgesehen, die Windkraftanlagen mit Mess-Sensoren auszustatten – vom Fundament bis zu den Rotorblättern.


Vor und hinter jeder Anlage soll jeweils ein 100 Meter hoher Mast auf-gestellt werden, an dem meteorologische Parameter zeitlich hoch aufgelöst gemessen werden können, wie Geschwindigkeit und Rich-tung des Windes, Temperatur, Luftfeuchtigkeit sowie Luftdruck. Modernste Lasertechnik erfasst zudem die An- und Nachlaufströmung der Windenergieanlagen.

Neue Impulse für die Industrie

„Ein Windenergie-Testfeld in dieser Größe und in derartig komplexem Gelände ist weltweit einzigartig und sowohl für die Forschung als auch die Windenergiebranche ungemein wichtig. Die Ergebnisse unserer Analysen werden auf kommerzielle Großanlagen übertragbar sein und der Industrie neue Impulse liefern“, sagt Andreas Rettenmeier.


Technologische Verbesserungen wollen die Projektpartner im Rahmen von Folgeprojekten etwa für die Bauweise von Rotoren erzielen, damit diese künftig leichter, leiser und leistungsstärker werden. Teil des Vor-habens ist außerdem die Entwicklung und anschließende Erprobung einer neuartigen Betriebsführung, mit der die Anlagen intelligent und präziser als bislang auf sich ändernde Windverhältnisse reagieren können. Zum Einsatz kommen auch neue Verfahren des Maschinellen Lernens: Damit werden Einspeiseprognosen verbessert sowie Modelle für die Einbindung von Speichersystemen (u. a. Power-to-Gas, Batteriespeicher) im zukünftigen Energiesystem optimiert.

Ökologische Begleitforschung und Schautafeln

Fest eingeplant ist darüber hinaus eine ökologische Begleitforschung. Dabei soll der Einfluss der Anlagen auf die Tiere und Pflanzen am Stöttener Berg genau untersucht werden. Für interessierte Bürger ist zudem ein Rundweg mit Schautafeln über das Gelände in Planung.


Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert das dreieinhalbjährige Projekt WINSENT (FKZ 0324129A-F) mit rund 10,4 Millionen Euro. Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg fördert das Vorhaben zusätzlich mit 1,2 Millionen Euro.


Einen Film zum geplanten Testfeld finden Sie unter: <link http: www.windfors.de testfeld.html>www.windfors.de/testfeld.html

Alexander Del Regno

Kontakt:

Alexander Del Regno
Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW)
Tel. +49 (0)711 7870-310
<link>alexander.delregno@zsw-bw.de
<link http: www.zsw-bw.de>www.zsw-bw.de

Projektpartner:

Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) gehört zu den führenden Instituten für angewandte Forschung auf den Gebieten Photovoltaik, regenerative Kraftstoffe, Batterietechnik und Brennstoffzellen sowie Energiesystemanalyse. An den drei ZSW-Standorten Stuttgart, Ulm und Widderstall sind derzeit rund 230 Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker beschäftigt. Hinzu kommen etwa 90 wissenschaftliche und studentische Hilfskräfte.


Die Universität Stuttgart mit rund 27.600 Studierenden pflegt ein interdisziplinäres Profil mit Schwerpunkten in den Natur- und Ingenieurwissenschaften. Ihre herausragende Stellung als internationale Forschungsuniversität spiegelt sich unter anderem im Exzellenzcluster „Simulation Technology“ und der Graduiertenschule „Advanced Manufacturing Engineering“, zehn Sonderforschungsbereichen/Transregios und vier Graduiertenkollegs. Der Stuttgarter Lehrstuhl für Windenergie (SWE) war der erste universitäre Lehrstuhl für Windenergie in Deutschland überhaupt und konzentriert sich auf das Systemverständnis von Windenergieanlagen innerhalb der drei Arbeitsgruppen „Konzeptentwurf und Systemsimulation“, „Regelung, Optimierung und Monitoring“ sowie „Versuch und Messtechnik“. Das Institut für Aerodynamik und Gasdynamik (IAG) hat eine lange Tradition im Entwurf und der Windkanalvermessung von Profilen für Rotorblätter und führt numerische Simulationen der Umströmung von Windturbinen durch.


Die Technische Universität München (TUM) ist mit mehr als 500 Professorinnen und Professoren, rund 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und 40.000 Studierenden eine der forschungsstärksten Technischen Universitäten Europas. Ihre Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Lebenswissenschaften und Medizin, verknüpft mit Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische Universität, die Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Welt-weit ist sie mit einem Campus in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Kairo, Mumbai, Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht. 2006 und 2012 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In internationalen Rankings gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten Deutschlands.


Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) verbindet seine drei Kernaufgaben Forschung, Lehre und Innovation zu einer Mission. Mit rund 9 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie 25 000 Studierenden ist das KIT eine der großen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Forschungs- und Lehreinrichtungen Europas. KIT – Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft


Die Universität Tübingen gehört zu den elf deutschen Universitäten, die als exzellent ausgezeichnet wurden. In den Lebenswissenschaften bietet sie Spitzenforschung im Bereich der Neurowissenschaften, Medizinischen Bildgebung, Translationalen Immunologie und Krebsforschung, der Mikrobiologie und Infektionsforschung sowie der Molekularbiologie der Pflanzen. Weitere Forschungsschwerpunkte sind die Geo- und Umweltforschung, Astro-, Elementarteilchen- und Quantenphysik, Archäologie und Anthropologie, Sprache und Kognition sowie Bildung und Medien. Mehr als 28.400 Studierende aus aller Welt sind aktuell an der Universität Tübingen eingeschrieben. Ihnen steht ein Angebot von rund 300 Studiengängen zur Verfügung – von der Ägyptologie bis zu den Zellulären Neurowissenschaften.


Die Hochschule Esslingen gehört zu den führenden Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Deutschland. Sie sorgt für die akademische Ausbildung in den Bereichen Technik, Wirtschaft und Soziales. Rund 6.200 Studierende sind in 24 Bachelor- und 13 Master-Studiengängen eingeschrieben. Die exzellente Lehre kombiniert mit einem hohen Praxisanteil hat höchste Priorität an der Hochschule. Auch in der angewandten Forschung ist die Hochschule stark. Kein Wunder, dass Esslingen in zahlreichen Rankings immer unter den besten Hochschulen in Deutschland zu finden ist.


Die Universitäten Stuttgart und Tübingen, die Technische Universität München, das Karlsruher Institut für Technologie, die Hochschulen Aalen und Esslingen sowie das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg bündeln im Netzwerk "WindForS" ihre Kompetenzen auf dem Gebiet der Windenergieforschung. Die Mitglieder des Netzwerks kooperieren sowohl in der Forschung als auch in der Aus-, Fort- und Weiterbildung. Durch die einander ergänzende Expertise von 23 Instituten und Lehrstühlen der genannten Einrichtungen aus Baden-Württemberg und Bayern, darunter drei der sogenannten T9-Universitäten, werden die Gebiete Meteorologie, Landschaftsarchitektur, Bodenmechanik und Grundbau, Rotoraerodynamik und Lärmreduktion, Auslegung und Berechnung der Strukturen und Tragwerke, Werk-stoffe, Bauweisen und Fertigungstechnik, Prüf- und Messtechnik, Qualitätssicherung und Wartung sowie Betriebsführung, Speichertechnologien, Netzanbindung und -integration abgedeckt.

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