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27.11.2017
Schmuck in der Altsteinzeit - Sibylle Wolf erhält Kurt-Bittel Preis für ihre Doktorarbeit
Die Archäologin Dr. Sibylle Wolf hat Mitte November den Kurt-Bittel Preis für ihre Doktorarbeit über Mammutelfenbeinbearbeitung und Elfenbeinschmuck der jüngeren Altsteinzeit erhalten. Die Auszeichnung wird alle zwei Jahre von der Stadt Heidenheim für herausragende Arbeiten in der Süddeutschen Altertumskunde vergeben.
Wolfs umfassende Arbeit über Elfenbein aus den Aurignacien (jüngere Altsteinzeit) schließe eine Forschungslücke, so die Begründung der Jury. Außerdem präsentiere sie die archäologischen Untersuchungen auf vorbildliche Weise und auch für Laien verständlich. Doktorvater Professor Nicholas Conard, von der Universität Tübingen, sprach in seiner Laudatio von einer „Bibel für Fachkreise“, weil Wolf erstmals und umfassend Herstellung, Bedeutung und Vielfalt von Elfenbeinschmuck untersucht und damit ein Standartwerk verfasst hätte.
Doktorvater Professor Nicholas Conard |
Die Forscherin untersuchte unter anderem Elfenbeinschmuckstücke, die in Höhlen auf der Schwäbischen Alb gefunden wurden. Ausgrabungen erbrachten in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Schmuckstücke, darunter auffallend viele doppelt durchlochte Perlen. Diese Schmuckform komme laut Wolf ausschließlich in dieser Region und über einen Zeitraum von mindestens 6000 Jahren vor. Das deute darauf hin, dass die Perlen als Zeichen einer gemeinsamen Identität von den Jäger- und Sammler-Gruppen auf der Schwäbischen Alb hergestellt und getragen wurden. Die Herstellung sei aufwendig gewesen und verlangte viel Kunstfertigkeit sowie den Einsatz verschiedener Werkzeuge.
Die Schmuckstücke unterstreichen die herausragende Bedeutung der Höhlen im Ach- und Lonetal auf der Schwäbischen Alb, so Wolf. Dort wurden ebenfalls Elfenbeinfiguren und Flöten gefunden. Diese gelten als die ältesten Zeugnisse menschlicher Kunst und Kultur; die Eiszeithöhlen wurden deshalb im Juli 2017 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt.
Wolf ist die wissenschaftliche Koordinatorin des Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (HEP) in Tübingen. Zudem arbeitet sie an der Universität Tübingen am Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters
Der Kurt-Bittel Preis für Süddeutsche Altertumskunde geht auf den Heidenheimer Archäologen Professor Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Kurt Bittel zurück. International bekannt wurde er vor allem durch die Ausgrabung der hethitischen Königsstadt Hattuscha in der heutigen Türkei. Bittel war außerdem Präsident des Deutschen Archäologischen Instituts. Seit 1987 verleiht die Stadt Heidenheim ihm zu Ehren alle zwei Jahre einen Preis für herausragende wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Süddeutschen Altertumskunde. Die Preisträger erhalten jeweils 5 500 Euro.
Über die Preisvergabe entscheidet eine Kommission, die sich aktuell zusammensetzt aus Prof. Dr. Martin Bartelheim (Universität Tübingen), Prof. Dr. Michaela Konrad (Universität Bamberg), Prof. Dr. Dirk L. Krausse (Landesamt für Denkmalpflege), Prof. Dr. Carola Metzner-Nebelsick (Ludwig-Maximilians-Universität München), Prof. Dr. Ralph Röber (Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg), Prof. Dr. Thorsten Uthmeier (Universität Erlangen), dem Oberbürgermeister der Stadt Heidenheim und den zwei ehrenamtlichen Stellvertretern des Oberbürgermeisters. Der Preis wurde im Herbst 2017 zum fünfzehnten Mal verliehen.
Susanne Zahn