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27.11.2018
Zwischenbilanz „BeTaBalance – Wo bewegen wir uns hin?“
Ende Oktober fand in der Alten Aula die Zwischenbilanz „BeTaBalance – Wo bewegen wir uns hin?“ statt. Die Veranstaltung knüpfte an die im Mai durchgeführte Kick-Off Veranstaltung des Projekts „BeTaBalance – bewegt studieren zwischen Berg und Tal“ an. Dieses Projekt hat der Tübinger Hochschulsport in Kooperation mit dem Institut für Sportwissenschaft Anfang 2018 gestartet. Es schafft neue Bewegungsmöglichkeiten von Studierenden für Studierende. Primäres Ziel des Projekts ist die bedarfsorientierte Planung und Umsetzung von mehr Bewegungs- und Erholungsmöglichkeiten für Studierende der Universität Tübingen. Dazu wurde im Sommer eine onlinebasierte Bedarfserhebung bei den Studierenden durchgeführt und im Rahmen eines Projektseminars mit Studierenden der Sportwissenschaft ausgewertet.
Was die Studierenden der Sportwissenschaft dabei herausgefunden haben und mit welchen Strategien der Hochschulsport nun ins Wintersemester 2018/19 gestartet ist, wurde bei der Zwischenbilanz BeTaBalance vorgestellt.
Professor Dr. Gorden Sudeck gab eine Einführung in die Zwischenbilanz BeTaBalance. Er griff die Ausgangslage allgemein und speziell an der Universität Tübingen auf. Dabei sprach er den substanziellen Anteil in der studentischen Bevölkerung an, der die Nationalen Bewegungsempfehlungen nicht erfüllt. Gleichzeitig ging er auf das Präventionsdilemma ein, das besagt, dass Angebote des Hochschulsports eher von gesundheitsbewussten, ‚gesünderen‘ Studierenden wahrgenommen werden. Empfohlen würden daher
- individuumsbezogene und verhältnisbezogene Maßnahmen, welche direkt an der Person und deren Umwelt ansetzt, wie zum Beispiel
- eine 1:1-Betreuung beim Sport und
- erreichbare Bewegungsangebote in der Stadt
- settingsbezogene Maßnahmen zur Bewegungsförderung, beispielsweise in Schulen, Universität, Arbeitsplatz.
Für die standortspezifischen Gegebenheiten der Universität Tübingen bedeute dies, den strukturellen Besonderheiten durch die Berg-Tal-Problematik zu begegnen und das Gesundheitsmanagement nicht nur für Bedienstete anzubieten, sondern auch ein studentisches Gesundheitsmanagement aufzubauen.
Bei der anschließenden Poster-Präsentation wurde der Ansatz zum studentischen Gesundheitsmanagement – „von Studierenden für Studierende“ – dargelegt: In sechs Gruppen hatten Studierende der Sportwissenschaft im Sommersemester in einem Projektseminar unterschiedliche Fragestellungen zum Zusammenhang des Studiums an einer Hochschule, der Bewegung und der biopsychosozialen Gesundheit bearbeitet. Folgende Ergebnisse präsentierten die Studierenden anhand ihrer Poster:
Transport-bezogenes Bewegungsverhalten (körperliche Aktivität, die ausgeübt wird um von Standort A zu Standort B zu gelangen, Beispiel: Fahrradfahren zur Uni) erklärt sich zu
- 23,5% auf personenbezogene Determinanten wie
- Mobilen Voraussetzungen (z.B. der Besitz eines Fahrrades),
- Personalen Motivatoren (z.B. Einsparung von Parkgebühren),
- Personalen Barrieren (z.B. Angst vor einem Fahrradunfall) und zu
- 20,4% auf umweltbezogenen Determinanten wie
- Studiumsumgebung (z.B. Erreichbarkeit der Universitätsgebäude) sowie
- umweltbezogenen Motivatoren und Barrieren (z.B. Attraktivität bzw. mangelnde Attraktivität der Fußwege).
Während sich die Bewegungsaktivität der Studierenden in Bezug auf die Studienstandorte innerhalb von Tübingen nicht unterscheidet, gibt es Unterschiede in der Wahrnehmung der verschiedenen Studiumsumgebungen, sowie Barrieren und Motivatoren zum aktiven Transportverhalten – vor allem zwischen den Studienstandorten am Berg und im Tal.
Die scheinbar bewegungsunfreundlichere Umgebung am Berg erzeugt größere Barrieren zur allgemeinen körperlichen Aktivität. Speziell für körperlich inaktive Studierende konnte aufgezeigt werden, dass es Maßnahmen bedarf, die einerseits auf die Alltagsaktivierung – Steigerung der körperlichen Aktivität im Alltag – durch beispielsweise mehr Transporte mit dem Fahrrad abzielen und andererseits (geschlechts-)spezifische, abwechslungsreiche und kostenlose Kurs- oder Bewegungsangebote darstellen. Zusätzlich könnten Workshops zur Wissensvermittlung (beispielsweise als ECTS-Relevante Schlüsselqualifikation) dazu beitragen, dass die Selbstwirksamkeitserwartung erhöht und somit die Wahrscheinlichkeit zur Teilnahme an Sport- und Bewegungsangeboten steigert.
Im Hinblick auf körperlich aktive und inaktive Studierende wurde weitere Evidenz für den Zusammenhang zwischen aerober (Energiegewinnung über den Verbrauch von Sauerstoff) körperlicher Aktivität und Gesundheit gewonnen. Außerdem wurde nachgewiesen, dass die transport-bezogene Aktivität die negativen Auswirkungen von Stressanforderungen im Studium auf die Gesundheit bei männlichen Studierenden abzupuffern vermag.
Allgemein haben Studienanforderungen einen Einfluss auf den Umfang (in Minuten pro Woche) aerob körperlicher Aktivität. Darüber hinaus übt die Ausprägung des Stresslevels lediglich einen Einfluss auf Barrieren für ein aktives Fortbewegungsverhalten, jedoch nicht auf Motivatoren aus – hierbei geht es vor allem um Barrieren, die die Gegebenheiten der Umwelt der Studierenden betreffen.
In Bezug auf die akademische Leistungsfähigkeit wurde aufgezeigt, dass sowohl das Geschlecht als auch die Erfüllung der Bewegungsempfehlungen einen signifikanten Einfluss auf sie haben – hierbei ist jedoch zu betonen, dass lediglich die aerobe Tätigkeit und nicht das reine Krafttraining einen signifikanten Einfluss hat.
Anschließend fasste Monika Teuber, die das Projekt BeTaBalance betreut, die Maßnahmen des Hochschulsports (HSP) in den Strategien für das Wintersemester 2018/19 zusammen:
In Bezug auf das aktive Transportverhalten und die Alltagsaktivitäten verfolgt der Hochschulsport die Strategie des Fahrradfahrens. Hierbei setzt der Hochschulsport vor allem auf Vernetzung und Kommunikation. Es sind Maßnahmen wie Fahrradrallyes, Informationsbereitstellung und Fahrrad-Checks geplant.
Was das strukturierte Bewegungsverhalten und das Kursprogramm betrifft, so erweitert der Hochschulsport sein Programm um die Strategie „HSP plus“. Dabei wird das Kursangebot „beginnen-gewinnen“ angeboten, das sich an körperlich inaktive Erstsemester richtet. Diese sollen von Beginn an den Hochschulsport und den Bewegungsausgleich im Studien-Alltag in Form eines Buddy-Systems kennenlernen, um für einen aktiven Lebensstil nachhaltig gestärkt zu werden. Außerdem wurde der "Bewegungssnack“ konzipiert – ein kurzes, effektives Bewegungsangebot in den Pausen, das Studierende flexibel und unverbindlich für etwa 15 Minuten in den angegebenen Zeiträumen nutzen können. Ebenso gibt es Kurse, sogenannte „Bewegungstreffs“, an denen Studierende flexibel und unverbindlich ohne Anmeldung und ohne Beitragsgebühren teilnehmen können. Diese Angebote bestehen sowohl auf dem Berg als auch im Tal.
Abgerundet wurde die Zwischenbilanz „BeTaBalance – Wo bewegen wir uns hin?“ mit den Stimmen und Anknüpfungspunkten der Kooperationspartnern. Bereits bei der Kick-Off Veranstaltung im Mai hatte der Kanzler der Universität Tübingen, Dr. Andreas Rothfuß, zum Ausdruck gebracht, dass das Projekt BeTaBalance die volle Unterstützung der Hochschulleitung habe. Nun konnten weitere kooperierende Akteure vorgestellt werden, wie beispielsweise das Mobilitätsteam der Universität Tübingen. Auch Tillmann Ottmar, Vertreter der Stadt Tübingen, konkretisierte das Interesse der Stadt an Bewegung und der attraktiveren Gestaltung von Bewegungsräumen und -flächen, das bereits bei der Kick-Off Veranstaltung geäußert wurde: neben der Schaffung von sicheren Fahrradboxen am Bahnhof von Tübingen, soll eine Fahrradbrücke ausgebaut werden sowie durch einen Schutzstreifen im Bereich des Parkhaus‘ König die Fahrradverbindung zwischen Berg und Tal verbessert werden.
Mit der Zwischenbilanz BeTaBalance konnte aufgezeigt werden, was in der kurzen Zeit bereits alles in Bewegung gesetzt worden ist, wohin sich die Bewegung fortsetzen wird und welche großen Potenziale das Projekt noch birgt.
Juliane Moll