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26.05.2014
Exotisches Teilchen bestätigt
Tübinger Forscher: Bei Experimenten mit dem COSY-Beschleuniger Quarks im Sechserpack nachgewiesen
Über Jahrzehnte haben Physiker vergeblich nach exotischen Bindungszuständen gefahndet, die aus mehr als drei Quarks bestehen. Wissenschaftler der Universität Tübingen waren an einem Experiment am Jülicher Beschleuniger COSY beteiligt, das nun zeigt: In der Natur kommen tatsächlich derartige komplexe Teilchen vor. Ihre Erkenntnisse hat die WASA-at-COSY Kollaboration in der Fachzeitschrift „<link http: journals.aps.org prl abstract physrevlett.112.202301 external-link-new-window externen link in neuem>Physical Review Letters“ veröffentlicht.
„Die neuartige Resonanz, die wir beobachtet haben, zeigt, dass Quarks im Sechserpack tatsächlich existieren. Damit ist eventuell ein Tor zu neuen physikalischen Phänomenen aufgestoßen“, berichtet Professor Heinz Clement vom Physikalischen Institut der Universität Tübingen, der Sprecher der Arbeitsgruppe. Die Messungen bestätigen Ergebnisse aus dem Jahr 2011. Damals hatten die mehr als 120 Wissenschaftler aus acht Ländern erstmals starke Hinweise auf die Existenz eines exotischen Dibaryons aus sechs Quarks gefunden.
Lange Zeit konnten Physiker nur zwei verschiedene Klassen von Hadronen sicher nachweisen: flüchtige Mesonen, die aus einem Quark und einem Antiquark bestehen und Baryonen, die sich aus drei Quarks zusammensetzen. Zu letzteren gehören unter anderem die Protonen und Neutronen, aus denen die Atomkerne aufgebaut sind. In den letzten Jahren gab es jedoch vermehrt Hinweise, dass daneben noch weitere Arten von Hadronen existieren, beispielsweise „Hybride“, „Gluebälle“ oder „Multiquarks“. Der Physiker Freeman Dyson hatte bereits 1964 erstmals solche komplexen Zustände vorhergesagt. Doch ein sicherer Nachweis blieb lange aus, kaum eine Messung ließ sich reproduzieren.
Erst in der letzten Zeit hatten andere Forschergruppen unabhängig voneinander starke Indizien für schnelllebige exotische Teilchen aus vier Quarks – sogenannte Tetraquarks – gefunden. Mit dem nun bestätigten Bindungszustand, der 2011 erstmals entdeckt wurde, kommt noch eine weitere Klasse exotischer Teilchen hinzu. Die untersuchte Struktur ist extrem kurzlebig und ließ sich nur über ihre Zerfallsprodukte nachweisen. Der schnell vergängliche Zwischenzustand – Fachbegriff: Resonanz – existiert gerade einmal für die Dauer einer Hunderttrilliardstel („10 hoch -23“) Sekunde. Diese Zeitspanne ist so kurz, dass Licht darin gerade einmal eine Strecke zurücklegt, die dem Durchmesser eines kleinen Atomkerns entspricht. Offen ist die Frage, ob alle sechs Quarks zusammen ein gemeinsames Teilchen oder ein „hadronisches Molekül“ bilden. Eine solche Struktur wäre ähnlich wie viele Atomkerne aus mehreren Kernbausteinen aufgebaut – beispielsweise aus angeregten Protonen und Neutronen, die aber noch ungleich stärker aneinander gebunden sind.
„Die Messungen, die wir 2011 an COSY durchgeführt haben, waren bereits sehr präzise. Doch weil die Experimente an keinem anderen Beschleuniger der Welt wiederholt werden konnten, mussten wir uns einen anderen Versuch einfallen lassen, um die Ergebnisse zu bestätigen“, erläutert Professor Hans Ströher, Direktor am Jülicher Institut für Kernphysik (IKP-2).
Zum weiteren, eindeutigen Nachweis der exotischen Resonanz mit der Bezeichnung d*(2380) haben die Wissenschaftler den relevanten Energiebereich in einem elastischen Streu-Experiment vermessen. Dabei beschossen sie ein Protonen-Target mit polarisierten Kernen des schweren Wasserstoffs, Deuteronen genannt. Der bei der Kollision hervorgerufene, exotische Bindungszustand beeinflusste den Winkel, in dem sich die Teilchen nach dem Zusammenstoß voneinander wegbewegen, und konnte so nachgewiesen werden.
„Die Ergebnisse ordnen sich in ein größeres Bild ein. Wenn dieses Teilchen existiert, dann sind
theoretisch auch eine ganze Reihe anderer exotischer Zustände zu erwarten“, erklärt der Jülicher Direktor am IKP-1 Prof. James Ritman. Der Kernphysiker leitet den Jülicher Beitrag zum PANDA-Detektor am internationalen Beschleunigerkomplex FAIR in Darmstadt, mit dem solche exotischen Strukturen weiter erforscht werden sollen.
Weitere Informationen:
<link http: collaborations.fz-juelich.de ikp wasa index.shtml external-link-new-window externen link in neuem>WASA-at-COSY Kollaboration
<link http: www.fz-juelich.de ikp de home home_node.html external-link-new-window externen link in neuem>Institut für Kernphysik (IKP)
<link http: www.fz-juelich.de ikp de forschung beschleuniger _doc external-link-new-window externen link in neuem>COSY-Beschleuniger
Ansprechpartner:
Sprecher des Experiments:
Prof. Heinz Clement (Physikalisches Institut, Universität Tübingen)
Telefon: +49 7071 29-76352
<link mail ein fenster zum versenden der>clement[at]pit.physik.uni-tuebingen.de
Jülicher Ansprechpartner:
Prof. James Ritman, Prof. Hans Ströher (Institut für Kernphysik, Forschungszentrum Jülich)
Tel: +40 2461 61-3091, -3093
<link mail ein fenster zum versenden der>j.ritman[at]fz-juelich.de, <link mail ein fenster zum versenden der>h.stroeher[at]fz-juelich.de
Der Jülicher Beschleuniger COSY (Cooler Synchrotron) mit einem Umfang von rund 180m Metern stellt für Experimente hochpräzise Strahlen aus spin-polarisierten Protonen und Deuteronen zur Verfügung. Quelle: Forschungszentrum Jülich | |
Blick in den WASA-Detektor: Erst die Kombination aus COSY-Beschleuniger und diesem Detektor, der 2005/2006 aus dem schwedischen Uppsala nach Jülich verlegt worden war, ermöglichte die extrem genauen Messungen. Quelle: Forschungszentrum Jülich |
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