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03.11.2014

Forscher untersuchen den Freispruch

Kriminologen der Universität Tübingen analysieren in DFG-Projekt, warum es trotz vorausgegangener Untersuchungshaft zu einem Freispruch kommen kann

BU: Etwa 300 Menschen jährlich sitzen vor ihrem Freispruch in Untersuchungshaft. Foto: Institut für Kriminologie/Universität Tübingen

Der Freispruch gilt als „Unbekannte des Kriminaljustizsystems“: Obwohl jährlich rund 27.000 Menschen in Deutschland nach einem Prozess für unschuldig erklärt werden, sind Ursachen und Folgen eines mit Freispruch endenden Strafverfahrens für die Betroffenen bislang wenig erforscht. Das Institut für Kriminologie der Universität Tübingen erhebt nun erstmals in einer Querschnittsanalyse alle Freisprüche nach Untersuchungshaft innerhalb eines Jahres ‒ bundesweit ist dies die bislang einzige Vollerhebung dieser Art. Die empirische Untersuchung zu Bedeutung und Auswirkungen eines Freispruchs wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit insgesamt 250.000 Euro für zunächst zwei Jahre gefördert.


Forschungsziel des Projekts ist die Analyse von Freisprüchen im Strafverfahren, im Speziellen von solchen, denen eine Untersuchungshaft vorausging. Zwar enden nur rund drei Prozent aller Strafverfahren pro Jahr mit einem Freispruch, aber mit jährlich etwa 27.000 Freisprüchen sind die Zahlen doch beachtlich, ca. 300 Personen sitzen vorher sogar in Untersuchungshaft. Abgesehen vom menschlichen Leid und möglicher Stigmatisierung der betroffenen Personen stelle sich die Frage, ob hier nicht wertvolle Ressourcen der Justiz verschwendet werden, sagt Professor Jörg Kinzig, Direktor des Instituts für Kriminologie. Bislang finde das Thema „Ursachen von Freisprüchen“ in Strafrechtswissenschaft und Kriminologie jedoch kaum Beachtung.


Als weiteren Schritt wollen die Kriminologen analysieren, inwieweit sich die mit Freispruch endenden Verfahren von Prozessen unterscheiden, die mit Schuldspruch oder Verfahrenseinstellung enden. Denn nach deutschem Strafrecht erhebt die Staatsanwaltschaft nur dann Anklage gegen einen Verdächtigen, wenn sie davon ausgehen muss, dass der Beschuldigte wahrscheinlich verurteilt wird. Zwar gilt für den Beschuldigten auch dann immer noch die Unschuldsvermutung, aber die Strafgerichte lassen eine Anklage nur dann zu, wenn sie eine Verurteilung ebenfalls für wahrscheinlich halten. Warum und wie es dann doch zum Freispruch kommt, wollen die Tübinger Forscher auch anhand von Interviews mit Richtern, Staatsanwälten und Verteidigern erörtern. Auf Basis dieser Grundlagenforschung sollen sowohl Defizite als auch Reformpotential des geltenden Rechts herausgearbeitet werden.


Kontakt:

Prof. Dr. Jörg Kinzig
Universität Tübingen
Juristische Fakultät
Institut für Kriminologie
Telefon +49 7071 29-72549
<link mail ein fenster zum versenden der>kinzig[at]jura.uni-tuebingen.de

Eberhard Karls Universität Tübingen
Hochschulkommunikation
Dr. Karl Guido Rijkhoek
Leitung
Antje Karbe
Pressereferentin
Telefon +49 7071 29-76789
Telefax +49 7071 29-5566
antje.karbe[at]uni-tuebingen.de

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