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15.04.2015
Leopold Lucas-Preis 2015 für Kulturwissenschaftlerin und Koran-Expertin
Evangelische Fakultät der Universität Tübingen zeichnet die renommierte Professorin für Arabistik Angelika Neuwirth aus ‒ Leopold Lucas-Preis für Nachwuchswissenschaftler geht an den Historiker Christian Heinemeyer
Die Kulturwissenschaftlerin Angelika Neuwirth erhält den diesjährigen Dr. Leopold Lucas-Preis. Die Wissenschaftlerin hatte über viele Jahre den Lehrstuhl für Arabistik an der Freien Universität Berlin inne und wirkte auch an zentralen Orten des östlichen Mittelmeerraumes; als Ko-Direktorin des Zentrums für Literatur- und Kulturforschung Berlin sowie aktuell als Leiterin des Forschungsvorhabens Corpus Coranicum. Zu ihrem wissenschaftlichen Werk gehören grundlegende Beiträge zum Koran und zur Koranexegese, die Analyse moderner arabischer Literatur der Levante und die Erforschung der palästinischen Dichtung und der Literatur des israelisch-palästinensischen Konflikts. Durch ihre vielfältigen Kontakte genießt sie höchste internationale Reputation und trägt aktiv zum Dialog zwischen Islam, Judentum und Christentum bei.
Der Dr. Leopold Lucas-Preis für Nachwuchswissenschaftler geht auf Vorschlag der Philosophischen Fakultät (Fachbereich Geschichte) in diesem Jahr an den Historiker Dr. Christian Heinemeyer. Er wird für seine 2014 angenommene Dissertation „Zwischen Reich und Region im Spätmittelalter. Governance und politische Netzwerke um Kaiser Friedrich III. und Kurfürst Albrecht Achilles von Brandenburg“ geehrt.
Die Preisverleihung findet am Dienstag, den 12. Mai 2015 um 17.15 Uhr im Festsaal der Universität Tübingen (Neue Aula, Geschwister Scholl-Platz) statt.
Angelika Neuwirth (geb. 1943) studierte persische Sprache und Literatur in Teheran, Semitistik, Arabistik und Klassische Philologie an der Universität Göttingen sowie Arabistik und Islamwissenschaft an der Hebräischen Universität Jerusalem. In Göttingen wurde sie 1972 promoviert, 1977 habilitierte sie sich an der LMU München für Arabistik und Islamwissenschaft. Als Gastprofessorin lehrte sie sechs Jahre Arabische Philosophie an der Universität von Jordanien in Amman und leitete dort von 1981 bis 1983 eine Sektion an der Royal Academy for Islamic Civilization. Von 1984 bis 1991 wirkte sie an der Universität Bamberg, bevor ihr der Lehrstuhl für Arabistik an der Freien Universität Berlin übertragen wurde. Von 1994 bis 1999 war sie Direktorin des Orient-Instituts der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft in Beirut und Istanbul. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Koranexegese, die moderne arabische Literatur der Levante, palästinensische Dichtung sowie die Literatur des israelisch-palästinensischen Konflikts. Sie stellte den Koran als Text der Spätantike als Element in einer christlich-jüdisch-synkretistischen Debatte vor, indem sie seine Entstehung in den Kontext der kulturellen Milieus einbeschrieb und seine innovative Leistung beim Durchsetzen eines neuen Weltverständnisses sowie in seinen Antworten auf bestehende jüdische und christliche Traditionen charakterisierte. Durch ihre historische und literaturwissenschaftliche Arbeit unternimmt sie einen Brückenschlag zwischen orthodoxer Deutung und neuer Forschung und zeigt, dass der Koran insofern auch ein europäisches Erbe darstellt. (Foto: privat)
1996 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse für ihre Verdienste um die kulturelle Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Libanesischen Republik; 2006 den Förderpreis der Fritz Thyssen Stiftung und der Volkswagen-Stiftung; 2008 wurde sie zum Mitglied der Sektion Kulturwissenschaften der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina berufen. Sie erhielt Ehrendoktorwürden der Universitäten Bamberg, Basel, Salzburg und Yale, ist Foreign Honorary Member der American Academy of Arts and Sciences und wurde 2013 mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa und dem Muhammad-Nafi-Tschelebi-Preis zur Förderung des interreligiösen Dialogs zwischen Religionen, Traditionen und Kulturen ausgezeichnet. Für ihr theologisches Gesamtwerk soll ihr im August 2015 der Theologische Preis der Salzburger Hochschulwochen verliehen werden.
Christian Heinemeyer (geb. in Marburg/Lahn) studierte Geschichte, Rechtswissenschaft und Französisch in Marburg, Aix-en-Provence und Tübingen. In seiner Dissertation (Fach Geschichtswissenschaft, Betreuung Professorin Ellen Widder) untersuchte er die politischen Netzwerke im spätmittelalterlichen Deutschen Reich mit besonderem Fokus auf die Jahre zwischen 1470 und 1475. Es gelang ihm, seine Ergebnisse für alle Bereiche der spätmittelalterlichen Politikgeschichte fruchtbar zu machen. Auf Basis breiten Quellenstudiums und einer systematischen Durchmusterung der reichspolitischen, außenpolitischen, regionalen, lokalen und reichsstädtischen Interessengeflechte erschließt seine Arbeit in neuer Weise das Regierungshandeln Kaiser Friedrichs III. als pragmatisch und effizient und eröffnet damit ein neues Verstehen dieser Epoche. (Foto: privat)
Der Dr. Leopold Lucas-Preis ist mit 50.000 EUR dotiert und würdigt hervorragende Leistungen auf den Gebieten der Theologie, Geistesgeschichte, Geschichtsforschung und Philosophie. Er ehrt Persönlichkeiten, die sich auch um die Verbreitung des Toleranzgedankens verdient gemacht und die Beziehungen zwischen Menschen und Völkern erkennbar gefördert haben. Generalkonsul Franz D. Lucas, Ehrensenator der Universität Tübingen, stiftete den Preis 1972 aus Anlass des 100. Geburtstages seines Vaters, des jüdischen Gelehrten und Rabbiners Dr. Leopold Lucas. Dieser wurde 1872 in Marburg/Lahn geboren und kam 1943 im Konzentrationslager Theresienstadt ums Leben. Die Evangelisch-Theologische Fakultät verleiht den Preis jährlich im Namen der Universität Tübingen.
Zu den bisherigen Preisträgern gehören Gelehrte wie Schalom Ben-Chorin (1974), Karl Raimund Popper (1981), Karl Rahner (1982), Fritz Stern und Hans Jonas (1984), Paul Ricoeur (1989), Moshe Zimmermann (2002), Yosef Hayim Yerushalmi (2005), Dieter Henrich (2008), Seyla Benhabib (2012) und Giorgio Agamben (2013), aber auch Repräsentanten religiösen Lebens wie der 14. Dalai Lama (1988), der polnische Erzbischof Hendrik Muszynski (1997) und der evangelische Bischof Eduard Lohse (2007) sowie Vertreter aus Kultur und Politik wie der senegalesische Dichter und Staatspräsident Léopold Sédor Senghor (1983) und Altbundespräsident Richard von Weizsäcker (2000). Im vorigen Jahr wurde der Preis dem Judaisten Peter Schäfer verliehen.
Der Dr. Leopold Lucas-Nachwuchswissenschaftler-Preis wird seit 1986 vergeben und ist mit 17.500 Euro dotiert. Er zeichnet jährlich abwechselnd hervorragende Dissertationen aus den Bereichen der Evangelischen Theologie, Katholischen Theologie, Philosophie und Geschichtswissenschaft aus.
Kontakt:
Prof. Dr. Jürgen Kampmann, Prof. Dr. Friedrich Hermanni,
Prof. Dr. Christof Landmesser
Universität Tübingen
Evangelisch-Theologische Fakultät
Telefon +49 7071 29-72538
<link>ev.theologie[at]uni-tuebingen.de
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Dr. Karl Guido Rijkhoek
Leitung
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Pressereferentin
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antje.karbe[at]uni-tuebingen.de
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