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06.04.2017
Leopold Lucas-Preis 2017 geht an Joachim Gauck
„Unbeirrtes Engagement für Freiheit und Toleranz“: Evangelische Fakultät der Universität Tübingen zeichnet ehemaligen Bundespräsidenten aus ‒ Nachwuchswissenschaftlerpreis für Philosoph Dahan Fan
Der Dr. Leopold Lucas-Preis der Universität Tübingen geht in diesem Jahr an den ehemaligen Bundespräsidenten Dr. h. c. Joachim Gauck. Die Evangelische Fakultät würdigt mit der Auszeichnung sein unbeirrtes Engagement für Freiheit und Toleranz wie auch für solide und quellenorientierte wissenschaftliche Arbeit. Gauck trete auch in Zeiten eines wachsenden politischen Populismus stets gegen eine Verzeichnung geschichtlicher Wirklichkeit aus politischen Gründen ein, erklärte die Jury. Die Auszeichnung wird am Dienstag, den 16. Mai 2017, um 17 c. t. Uhr im Festsaal der Universität Tübingen (Neue Aula, Geschwister Scholl-Platz) überreicht. Die Veranstaltung ist öffentlich.
Durch den mit 50.000 Euro dotierten Preis werden hervorragende Leistungen auf den Gebieten der Theologie, der Geistesgeschichte, der Geschichtsforschung sowie der Philosophie gewürdigt. Ein Anliegen ist es, besonders solche Persönlichkeiten zu ehren, die sich um die Verbreitung des Toleranzgedankens verdient gemacht und so die Beziehungen zwischen Menschen und Völkern gefördert haben.
Der Dr. Leopold Lucas-Preis für Nachwuchswissenschaftler geht in diesem Jahr auf Vorschlag der Philosophischen Fakultät an den herausragenden Kantforscher Dahan Fan. Der Philosoph wird für seine Dissertationsschrift „Die Problematik der Interesselosigkeit bei Kant: Eine Studie zur Kritik der ästhetischen Urteilskraft.“ ausgezeichnet.
Joachim Gauck (geb. 1940 in Rostock) amtierte von März 2012 bis März 2017 als elfter Bundespräsident. Der Theologe stand von 1965 bis 1990 im Dienst der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und arbeitet viele Jahre als Pastor. Er war 1989 Mitbegründer des Neuen Forums und Mitinitiator des kirchlichen und öffentlichen Widerstands gegen die SED-Diktatur. Von 1991 bis 2000 war Gauck Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen der Stasi. Zudem war er von 2003 bis 2012 Bundesvorsitzender der Vereinigung „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“.
Für sein Wirken wurde Joachim Gauck mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter die Theodor-Heuss-Medaille, der Geschwister-Scholl-Preis, der Europäische Menschenrechtspreis und der Ludwig-Börne-Preis. Er ist Ehrendoktor der Universitäten Rostock, Jena, Augsburg, der National University of Ireland/Galway, der Hebrew University of Jerusalem, der Université Paris-Sorbonne sowie der Universität Maastricht.
Dahan Fan (geb. 1979 in der chinesischen Provinz Hebei) studierte an Chinas führender Hochschule, der Beida (Peking University) Philosophie, Ökonomie und Germanistik. Anschließend kam er nach Tübingen, um seine Studien fortzusetzen und seine Promotion abzuschließen. Seine (in Deutsch geschriebene) Dissertation wurde von Professor Otfried Höffe betreut und mit der höchsten Note bewertet. Sie beschäftigt sich mit der sowohl für die Kantforschung wie für die Ästhetikforschung wichtigen Frage nach der Interesselosigkeit im Bereich des Schönen und Erhabenen. Durch eine überaus gründliche und philosophisch umsichtige Interpretation sei es ihm hierbei gelungen, sowohl die bisherigen Forschungsansätze weit hinter sich zu lassen, als auch das Thema mit einer neuen Klarheit zu entfalten, sagt Professor Höffe.
Foto: privat
Der Dr. Leopold Lucas-Preis wurde 1972 von Generalkonsul Franz D. Lucas, Ehrensenator der Universität Tübingen, gestiftet ‒ aus Anlass des 100. Geburtstages seines Vaters, des jüdischen Gelehrten Dr. Leopold Lucas. Dieser wirkte als Rabbiner in Glogau und zuletzt an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin und kam 1943 im Konzentrationslager Theresienstadt ums Leben. Der zu seinem Gedächtnis gestiftete Preis wird jährlich von der Evangelisch-Theologischen Fakultät im Namen der Universität Tübingen verliehen.
Zu den bisherigen Preisträgern gehören Gelehrte wie Schalom Ben-Chorin (1974), Karl Raimund Popper (1981), Karl Rahner (1982), Fritz Stern und Hans Jonas (1984), Paul Ricoeur (1989), Moshe Zimmermann (2002), Dieter Henrich (2008) und Seyla Benhabib (2012) aber auch Repräsentanten religiösen Lebens wie der 14. Dalai Lama (1988) sowie Vertreter aus Kultur und Politik wie der senegalesische Dichter und Staatspräsident Léopold Sédor Senghor (1983) und Altbundespräsident Richard von Weizsäcker (2000). Im vorigen Jahr wurde der polnische Lyriker und Essayist Adam Zagajewski ausgezeichnet.
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