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09.06.2016
Neuer Biomarker für Nervenzellschäden
Bluttest könnte helfen, die Wirkung einer Behandlung zu überwachen
Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), des Hertie-Instituts für klinische Hirnforschung und der Universität Tübingen
Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), des Hertie-Instituts für klinische Hirnforschung und der Universität Tübingen haben im Blut und Hirnwasser Proteine identifiziert, die Schäden an Nervenzellen widerspiegeln. Die im Fachjournal „Neuron“ veröffentlichten Studienergebnisse legen nahe, dass die Konzentration dieser „leichten Neurofilamente“ über den Verlauf von neurodegenerativen Erkrankungen und die Wirkung einer Behandlung Auskunft geben kann. Ein solcher Biomarker wäre wichtig für die Therapie-Entwicklung.
„Unsere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass sich über die Neurofilament-Konzentration der Krankheitsverlauf verfolgen lässt. Das ist demnach sowohl im Tiermodell als auch beim Menschen möglich“, sagt Mathias Jucker, Gruppenleiter am Tübinger DZNE-Standort und Direktor am Hertie-Institut. „Außerdem haben wir festgestellt, dass die Messwerte empfindlich reagieren, wenn man die Krankheitsmerkmale im Gehirn experimentell beeinflusst. Anhand der Neurofilament-Konzentration könnte es daher möglich sein, die Wirkung einer Behandlung zu überprüfen, sowohl in präklinischen Laboruntersuchungen als auch im Rahmen klinischer Studien. Ein solcher Biomarker wäre für die Therapie-Entwicklung von großem Nutzen.“
Teile des Zellskeletts
Die „leichten Neurofilamente“ – im Englischen „neurofilament light chain proteins“ – sind Komponenten des molekularen Skeletts, das Nervenzellen Form und Stabilität verleiht. Diese fadenförmigen Proteine liegen daher überwiegend im Inneren von Nervenzellen vor, können bei Beschädigungen jedoch freigesetzt werden.
Diese schon länger bekannte Tatsache nahmen Professor Jucker und seine Kollegen – darunter Mehtap Bacioglu, Erstautorin der aktuellen Veröffentlichung – zum Anlass, die Konzentration der Neurofilamente im Blut und Hirnwasser unter die Lupe zu nehmen. Sie untersuchten dazu Mäuse, die ein typisches Merkmal neurodegenerativer Erkrankungen aufwiesen: In deren Gehirnen hatte sich entweder das Protein „Alpha-Synuclein“, „Tau“ oder „Beta-Amyloid“ angesammelt. Solche Ablagerungen werden mit Schäden an Nervenzellen in Verbindung gebracht. Außerdem analysierten die Wissenschaftler auch Bioproben von Patienten mit Alzheimer, Parkinson und anderen neurodegenerativen Erkrankungen.
Empfindliche Messwerte
Bei den Mäusen zeigte sich ein enger Zusammenhang zwischen der Konzentration der Neurofilamente in Hirnwasser und Blut. Überdies waren die Messwerte umso höher, je weiter die Hirnschäden vorangeschritten waren. Wurden die krankhaften Veränderungen verstärkt oder deren Entwicklung gezielt gebremst, so stieg beziehungsweise sank die Konzentration. Bei Patienten korrelierten die Messwerte im Blut und Hirnwasser ebenfalls stark miteinander. Zudem lagen sie höher als bei gesunden Personen.
Hilfsmittel für die Therapie-Entwicklung
„Das besondere Potenzial dieses Biomarkers besteht darin, dass er gleichermaßen im Tiermodell als auch beim Menschen aussagekräftig ist. Dadurch lassen sich die Befunde aus Tiermodellen auf klinische Studien übertragen und deren Ergebnisse direkt miteinander vergleichen. Das ist entscheidend für die Entwicklung neuer Therapien“, sagt Jucker. „Hinzu kommt, dass man nicht auf eine Entnahme von Hirnwasser angewiesen ist. Die dafür nötige Punktion des Rückenmarks kann für die untersuchte Person belastend sein. Unsere Studie zeigt nun, dass die Blutwerte ebenfalls Auskunft geben über die Neurodegeneration im Gehirn, denn die Konzentrationen der Neurofilamente im Blut und Hirnwasser sind eng miteinander gekoppelt. Für klinische Studien am Menschen dürfte daher eine simple Blutprobe ausreichen.“
Originalveröffentlichung
„Neurofilament light chain in blood and CSF as marker of disease progression in mouse models and in neurodegenerative diseases“, Mehtap Bacioglu, Luis F. Maia, Oliver Preische, Juliane Schelle, Anja Apel, Stephan A. Kaeser, Manuel Schweighauser, Timo Eninger, Marius Lambert, Andrea Pilotto, Derya Shimshek, Ulf Neumann, Philipp J. Kahle, Matthias Staufenbiel, Manuela Neumann, Walter Maetzler, Jens Kuhle, Mathias Jucker, Neuron, DOI: 10.1016/j.neuron.2016.05.018
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