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16.03.2015

Wenn der Augenschein trügt

Debatte um die „wahre“ Farbe eines Kleides: Die visuelle Wahrnehmung unterscheidet sich individuell stärker als bisher angenommen, sagt Tübinger Wissenschaftlerin

Ist das Kleid schwarz-blau oder weiß-goldfarben? Diese Frage spaltete in den vergangenen Tagen die Internet-Gemeinde bei der Diskussion um die „wahre“ Farbe des unter folgendem Link abgebildeten Kleides: <link http: swiked.tumblr.com image>swiked.tumblr.com/image/112174461490. Für die Tübinger Forscherin Dr. Annette Werner eine wissenschaftlich hochinteressante Debatte. „Farbe ist eine Art von Illusion, die erst im Gehirn entsteht. Die Netz-Debatte zeigt, dass es stärkere individuelle Unterschiede in der Wahrnehmung gibt, als bisher angenommen“, sagt Werner, die im Forschungsinstitut für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Tübingen und im Werner Reichardt Centre for Integrative Neuroscience der Universität Tübingen tätig ist.

Die Farbe eines Gegenstandes unter unterschiedlichen Beleuchtungen zu identifizieren, sei eine Herausforderung für Augen und Gehirn. „Denn Beleuchtung und Reflektanz – der Grad, in dem ein Objekt charakteristischerweise Licht zurückwirft – sind vermischt“, erklärt die Wissenschaftlerin. Das Sehsystem müsse bei der Verarbeitung der Informationen die Beleuchtung „herausrechnen“. Üblicherweise geschehe das sehr erfolgreich, weshalb die Farbe von Objekten auch als inhärente Eigenschaft bezeichnet werde. „Darüber hinaus werden bei der Farberkennung aber auch kognitive Prozesse wie das Farbgedächtnis – darum sehen wir Bananen tendenziell gelber, als sie sind – oder Annahmen über die Beleuchtung wirksam.“

Keine bislang bekannte Farb- und Helligkeits-Illusionen hat eine solche Kontroverse ausgelöst wie die „Dress-Illusion“. Denn im Gegensatz zu anderen optischen Täuschungen seien bei dieser die Informationen so mehrdeutig, dass Beobachter zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen kämen, sagt Werner. „In der Diskussion der vergangenen Tage gab es möglicherweise unterschiedliche Annahmen über die Beleuchtung des fotografierten Kleides. Diese verschiedenen ‚Standpunkte‘ führten wiederum zu einer Diskrepanz bei der Kompensation der Beleuchtung“, erklärt die Forscherin. Gehe der Betrachter nämlich davon aus, das Kleid sei im Schatten fotografiert worden, erschienen ihm die Farben heller und das Kleid somit als gold-weiß. Nehme der Betrachter aber an, das Kleid werde direkt von der Sonne beschienen, wirkten die Farben auf ihn dunkler und das Kleid insgesamt blau-schwarz. Den individuellen Einfluss und die Rolle kognitiver Prozesse (einschließlich semantischer und kultureller Faktoren) bei der Farbwahrnehmung will das Farblabor am Forschungsinstitut für Augenheilkunde nun in einer interdisziplinären Studie gemeinsam mit dem Institut für Medienwissenschaften weiter untersuchen.

Mehr zu der “Kleid-Illusion“ ist bei den Science Notes am 7. Mai (<link http: www.sciencenotes.de>www.sciencenotes.de) und beim Tübinger Fenster zur Forschung (TÜFFF) am 8. Mai (<link https: www.uni-tuebingen.de aktuelles tuefff-tuebinger-fenster-fuer-forschung.html>www.uni-tuebingen.de/aktuelles/tuefff-tuebinger-fenster-fuer-forschung.html) zu erfahren, wo auch eine Demonstration des „Kleid-Phänomens“ zu sehen sein wird.

Kontakt:

Dr. rer. nat. Annette Werner
Universität Tübingen/Universitätsklinikum Tübingen
Forschungsinstitut für Augenheilkunde, Farblabor
Werner Reichardt Centre for Integrative Neuroscience
Telefon +49 (0)7071 29-84765
<link>annette.werner[at]uni-tuebingen.de

<link http: annettewerner.com>annettewerner.com

Eberhard Karls Universität Tübingen
Hochschulkommunikation
Dr. Karl Guido Rijkhoek
Leitung
Antje Karbe
Pressereferentin
Telefon +49 7071 29-76789
Telefax +49 7071 29-5566
antje.karbe[at]uni-tuebingen.de

<link http: www.uni-tuebingen.de aktuelles external-link-new-window externen link in neuem>www.uni-tuebingen.de/aktuelles

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