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24.04.2014

Zusammenspiel von Gehirnrhythmen koordiniert die Kommunikation der Nervenzellen

Tübinger Neurowissenschaftler untersuchen, wie Bewegungen gesteuert werden

Obwohl wir uns dessen nur selten bewusst sind, beruhen schon einfachste Bewegungen unseres Körpers wie das Heben einer Hand auf der komplexen Kommunikation zahlreicher verteilter Hirnregionen. Neuere Befunde legen nahe, dass die rhythmische elektrische Aktivität von Nervenzellen wesentlich für diese Kommunikationsprozesse ist. Jedoch ist die genaue Funktion verschiedener Hirnrhythmen und ihrer Wechselwirkungen bislang weitestgehend unbekannt.

Dr. Constantin von Nicolai und Dr. Markus Siegel vom Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften (CIN) der Universität Tübingen haben in einer neuen Studie, die aktuell im Journal of Neurosience publiziert wird, neue Erkenntnisse zu diesen Fragen gewonnen. Gemeinsam mit Kollegen aus Hamburg und Oxford untersuchten die Tübinger Wissenschaftler die Kopplung verschiedener Hirnrhythmen zwischen der Hirnrinde und dem Striatum. Das Corpus striatum („Streifenkörper“) ist als Teil der sogenannten Basalganglien eine in der Tiefe des Gehirns liegende Struktur des motorischen Systems, die eine wichtige Rolle für die Generierung von Körperbewegungen spielt.

Um den Zusammenhang zwischen Bewegungen und Hirnrhythmen besser zu verstehen, untersuchten von Nicolai und Kollegen die neuronale Aktivität unter Bewegung auf einem Laufband. Die Wissenschaftler fanden zwei prominente Hirnrhythmen – einen langsamen und einen schnellen –, die beide von der Laufgeschwindigkeit abhingen. Diese Rhythmen traten nicht isoliert voneinander auf, sondern zeigten ein charakteristisches Interaktionsmuster: Die Phase der langsamen Rhythmen, also der genaue Zeitpunkt im Aktivitätszyklus, modulierte die Stärke schneller Rhythmen durch eine sogenannte Phasen-Amplituden-Kopplung. Zudem waren die langsamen Rhythmen zwischen der Hirnrinde und dem Striatum präzise synchronisiert. Die Tübinger Wissenschaftler konnten zeigen, dass diese beiden Prozesse zusammen Pulse von schnellen Rhythmen zwischen den Hirnregionen koordinieren.

Diese Ergebnisse zeigen einen neuen grundlegenden Mechanismus auf, wie verschiedene Hirnrhythmen für die Kommunikation zwischen Hirnregionen zusammenarbeiten können. Langsame Hirnrhythmen synchronisieren die Aktivität von Hirnregionen auf einer globalen Skala, während schnelle Rhythmen wichtig für die lokale Informationsverarbeitung sind. Die Koordinierung schneller Rhythmen zwischen Hirnregionen durch langsame Rhythmen könnte also der Integration von lokalen und globalen Informationsverarbeitungsprozessen dienen.

Die Ergebnisse von von Nicolai und Kollegen leisten auch einen Beitrag zum besseren Verständnis von Erkrankungen des Gehirns. So spielen Veränderungen von Hirnrhythmen wahrscheinlich auch eine Rolle bei verschiedenen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen, wie etwa dem Morbus Parkinson. Tatsächlich treten Störungen der von den Tübinger Wissenschaftlern untersuchten Interaktionen zwischen Gehirnrinde und Striatum auch bei der Parkinsonerkrankung auf. Die Studie liefert wichtige Hinweise für ein besseres Verständnis solcher komplexer Krankheitsmuster.

Publikation:

von Nicolai C, Engler G, Sharott A, Engel AK, Moll CK and Siegel M: Corticostriatal Coordination through Coherent Phase-Amplitude Coupling. Journal of Neuroscience 34(17):5938-5948, April 23, 2014.

Kontakt:

Dr. Constantin von Nicolai
Universität Tübingen
Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften (CIN)
Otfried-Müller-Str. 25 ∙ 72076 Tübingen
Telefon: +49 7071 29-88817
E-Mail: <link mail ein fenster zum versenden der>constantin.von-nicolai[at]cin.uni-tuebingen.de

<link http: www.cin.uni-tuebingen.de research siegel.php>www.cin.uni-tuebingen.de/research/siegel.php

Das Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften (CIN) ist eine interdisziplinäre Institution an der Eberhard Karls Universität Tübingen, finanziert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen der deutschen Exzellenzinitiative. Das CIN strebt nach einem tieferen Verständnis davon, wie das Gehirn Funktionen erzeugt und wie Erkrankungen solche Funktionen beschädigen. Das CIN wird von der Überzeugung geleitet, dass Fortschritte in diesem Bereich nur durch einen integrativen Ansatz möglich sind, der sich über mehrere Organisationsebenen erstreckt.

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