Uni-Tübingen

Pressemitteilungen

30.07.2018

Dozenten der Tübinger Poetik-Dozentur 2018

Uwe Timm und Frank Witzel sind von 25. bis 30. November 2018 als Poetik-Dozenten an der Universität Tübingen zu Gast

Die Schriftsteller Uwe Timm und Frank Witzel sind Gäste der diesjährigen Tübinger Poetik-Dozentur. Die literarische Veranstaltung findet zum 32. Mal an der Universität Tübingen statt. Die Vorlesungen im Audimax und in der Alten Aula stehen allen Interessierten offen, der Eintritt ist frei.

Die Veranstaltungsreihe beginnt mit einer Lesung von Uwe Timm in der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall am Sonntag, den 25. November. Am Montag, den 26. November, eröffnet der Schriftsteller dann mit einer Vorlesung unter dem Titel „Utopische Orte/Utopische Räume“ die Reihe der Tübinger Veranstaltungen. Am zweiten Abend (Dienstag, 27. November) wird er im Gespräch mit Professorin Dorothee Kimmich vom Deutschen Seminar über seine literarischen Anliegen sprechen und seine Reflexionen zu Literatur, Philosophie und Politik vorstellen.

Frank Witzel beschäftigt sich in seinen beiden Vorträgen (Mittwoch, 28. November und Donnerstag, 29. November) mit möglichen Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Schreib- und Denkweisen von Erzählen und Theorie. Als Ausgangspunkt dienen ihm die Arbeiten des russischen Literaturtheoretikers Wiktor Schklowski (1893–1984) und des amerikanischen Schriftstellers David Markson (1927–2010). Anhand verschiedener Beispiele aus Literatur und Philosophie geht er der Frage nach, ob nicht jede theoretische Spekulation beinahe automatisch ein Narrativ entwickelt, also immer auch so etwas wie eine Erzählung sein muss. Im Erzählen wiederum tauchen Strukturen auf, die als Theorie gedeutet werden können.

Am Freitag, den 30. November, wird Witzel diese Fragen mit dem Philosophen Professor Marcus Steinweg diskutieren.

Die Termine im Überblick

Lesung von Uwe Timm am Sonntag, 25. November 2018, 16.00 Uhr, Kunsthalle Würth, Schwäbisch Hall (Anmeldung erforderlich unter kunsthalle@wuerth.com)

Vorlesungen von Uwe Timm und Frank Witzel an der Universität Tübingen:

  • Montag, 26. November: Vorlesung von Uwe Timm: „Utopische Orte/Utopische Räume“ (Audimax)
  • Dienstag, 27. November: Gespräch zwischen Uwe Timm und Dorothee Kimmich (Audimax)
  • Mittwoch, 28. November: Vorlesung von Frank Witzel: Theoretisches Erzählen (Alte Aula)
  • Donnerstag, 29. November: Vorlesung von Frank Witzel: Erzählte Theorie (Alte Aula)
  • Freitag, 30. November: Theorie und Erzählen. Gespräch zwischen Frank Witzel und Prof. Dr. Marcus Steinweg (Alte Aula)

Die Veranstaltungen in Tübingen finden um 20 Uhr c. t. im Audimax (Neue Aula, Geschwister Scholl Platz, 72074 Tübingen) und der Alten Aula (Münzgasse 30, 72070 Tübingen) der Universität Tübingen statt.

Die Tübinger Poetik-Dozentur ist ein Projekt der Stiftung Würth. Sie wird seit 1996 am Deutschen Seminar der Universität Tübingen ausgerichtet. Einmal im Jahr werden Autorinnen und Autoren eingeladen, die öffentliche Vorlesungen halten sowie Seminare und Workshops für Studierende der Universität anbieten. Zu Gast waren unter anderem bereits Siri Hustvedt, Hans Magnus Enzensberger, Christoph Ransmayr, Raoul Schrott, Jonathan Franzen, Daniel Kehlmann, Juli Zeh, Feridun Zaimoğlu, Ilija Trojanow, Péter Esterházy, Terézia Mora, Brigitte Kronauer, Lars Gustafsson, Ruth Klüger, Amos Oz und Herta Müller. Die Lesung in der Kunsthalle Würth wird gefördert von der Adolf Würth GmbH & Co. KG.

Weitere Informationen unter www.poetik-dozentur.de.

Kontakt: 

Prof. Dr. Dorothee Kimmich
Universität Tübingen
Deutsches Seminar, Leitung der Poetik-Dozentur
Telefon +49 7071 29-75323
dorothee.kimmich@uni-tuebingen.de

Kurzbiografien

Uwe Timm, 1940 in Hamburg geboren, gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Schriftsteller im deutschsprachigen Raum. Der Autor zahlreicher Romane, Erzählungen und Essays, Drehbücher, Gedichtbände, Hörspiele und preisgekrönter Kinder- und Jugendbücher lebt in München und Berlin. Nach einer Kürschnerlehre studierte er in München und Paris Philosophie und Germanistik, promovierte zu Albert Camus und studierte anschließend Soziologie und Volkswirtschaftslehre.

Als einer der literarischen Vertreter der 68er-Generation, der die Bewegung als Student aktiv miterlebte, thematisiert er die Ereignisse der Jahre 1967 und 68 erstmals in seinem Roman Heißer Sommer (1974). Die Aufarbeitung dieser Zeit zieht sich durch sein Werk: Kerbels Flucht (1980), Rot (2001), Der Freund und der Fremde (2007) und Freitisch (2011) widmen sich dieser Thematik aus je unterschiedlichen Perspektiven. Doch ist Timm auch an der Auseinandersetzung mit anderen Abschnitten der deutschen Geschichte interessiert und richtet den Blick auf europäische und außereuropäische Kontexte. So berichtet Morenga (1978) vom deutschen Kolonialkrieg in Südwestafrika, Der Schlangenbaum (1986) spielt in Südamerika, und Vogel, friß die Feige nicht. Römische Aufzeichnungen (1989) dokumentiert Timms Aufenthalt in Rom. Der Essay „Reise an das Ende der Welt“ (2015) berichtet aus einem Flüchtlingslager im Tschad.

Uwe Timm ist „dem Besonderen im Alltäglichen auf der Spur“: Reale Erlebnisse und persönliche Erinnerungen (Mann auf dem Hochrad, 1984; Entdeckung der Currywurst, 1993) bilden ebenso Anlässe seines Schreibens wie der Versuch einer Geschichte über die Kartoffel (Johannisnacht, 1996), gesellschaftspolitische Betrachtungen (Kopfjäger, 1991; Rot, 2001), Historisches (Halbschatten, 2008) oder alltägliche existenzielle Erfahrungen (Vogelweide, 2013). In seinem politisch-historischen Roman Ikarien (2017) setzt er sich anhand der Geschichte des Großvaters seiner Ehefrau, des Eugenikers Alfred Ploetz, mit Nationalsozialismus und Rassenhygiene auseinander. Nicht nur sei sein Schreiben, so betont Timm, immer biografisch geprägt, auch müsse Literatur heute aus seiner Sicht und angesichts der Weltereignisse politisch sein.

Für seine in zahlreiche Sprachen übersetzten Werke erhielt er viele Auszeichnungen, u.a. 2001 den Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, 2002 den Literaturpreis der Landeshauptstadt München, 2006 den Jakob-Wassermann-Literaturpreis und den Premio Napoli, 2009 den Heinrich-Böll-Preis und die Heinrich-Heine-Gastdozentur. 2012 wurde er mit der Carl-Zuckmayer-Medaille ausgezeichnet, 2013 mit dem Kulturellen Ehrenpreis der Landeshauptstadt München, 2016 mit der Ehrenplakette der Freien Akademie der Künste in Hamburg und 2018 mit dem Schillerpreis der Stadt Mannheim.

Frank Witzel, geboren 1955 in Wiesbaden, ist Schriftsteller, Illustrator, Radiomoderator und Musiker. Er publizierte fünf Romane, drei Lyrikbände, zahlreiche Essays, Erzählungen, Hörspiele und ein Theaterstück und veröffentlicht weitere Texte und Bilder auf seiner Webseite und im Rahmen seines Blogs. Er befasst sich – auch in Kollaboration mit Thomas Meinecke, Thomas Walter, Philipp Felsch und Marcus Steinweg – unter anderem mit Beat- und Popliteratur, Avantgarde und Politik, und spielt in seinen absurden Romanen vielfach auf Literaturgeschichte, Theorie und Populärkultur an. Bluemoon Baby erschien 2001, Revolution und Heimarbeit 2003.

Witzels vielbeachteter Roman Die Erfindung der Roten Armeefraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969 (2015) berichtet aus der Perspektive eines 13-Jährigen über den Deutschen Herbst. Für den Roman erhielt er 2015 den Deutschen Buchpreis sowie – für das damals noch im Entstehen begriffene Werk – 2012 den Robert-Gernhardt-Preis, 2013 das Stipendium des Deutschen Literaturfonds sowie 2016 ein Stipendium des Nederlands Letterenfonds. Außerdem erhielt er für dessen Hörspielfassung 2017 gemeinsam mit Leonhard Koppelmann den Deutschen Hörbuchpreis. Derzeit (WS 17/18–SoSe 18) hat er die Friederichs-Stiftungsprofessur der Hochschule für Gestaltung Offenbach inne. 

Über seinen 2017 erschienenen Roman Direkt davor und kurz danach sagt Witzel, er suche sich in „ein Gefühl vorzufühlen oder hineinzutasten, wo man sich nie ganz sicher sein kann, also ich auch beim Schreiben nicht. Das, was Sie beim Lesen erleben, spiegelt irgendwie auch ein bisschen den Prozess beim Schreiben.“ 2018 erschien seine Heidelberger Poetik-Vorlesung Über den Roman – hinaus. Sein im August dieses Jahres erscheinender Roman Vondenloh über eine Schriftstellerin, deren Romane eine Länge von 120 Seiten nie überschreiten, verknüpft Dorfgeschichte und Literaturbetriebskrimi zu einer humorvoll-grotesken Mischung.

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