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06.08.2018

UV-Strahlung bremste die Ausbreitung der frühesten sauerstofffreisetzenden Bakterien

Internationales Forscherteam unter Beteiligung der Universität Tübingen untersucht Teilchen aus Eisen und Kieselsäure als Sonnenschutz im frühen Ozean

© George Owttrim, Alberta, Canada
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von frei im Wasser schwebenden Cyanobakterien.

Vor rund drei Milliarden Jahren enthielt die Erdatmosphäre Sauerstoff nur in Spuren. Das änderte sich in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum dramatisch: Vor etwa 2,4 Milliarden Jahren gipfelte der Anstieg dieses für die damaligen Lebewesen giftigen Gases in der sogenannten Großen Sauerstoffkatastrophe. Einen großen Anteil dieses Sauerstoffs setzten die Vorfahren heutiger Cyanobakterien in massenhafter Ausbreitung im Ozean über mehrere Hundert Millionen Jahre als Abfallprodukt der Fotosynthese frei. Nach Einschätzung von Wissenschaftlern hätten sie sich allerdings noch schneller ausbreiten müssen. Als Hemmnis stand die UV-Strahlung im Verdacht, die wegen der damals noch fehlenden schützenden Ozonschicht in der Atmosphäre mehrfach stärker war als heute. Nun hat die Geomikrobiologin Dr. Aleksandra Mloszewska unter der Leitung von Professor Andreas Kappler von der Universität Tübingen, den Professoren Kurt Konhauser und George Owttrim von der University of Alberta sowie weiteren Kollegen von der Yale University erforscht, inwieweit Partikel aus Eisen und Kieselsäure die Cyanobakterien im frühen Ozean gegen die UV-Strahlung abschirmen konnten. Den Ergebnissen zufolge war der Sonnenschutz nur teilweise gegeben und die Ausbreitung der Cyanobakterien daher gebremst. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

„Dass die Cyanobakterien trotz der starken UV-Strahlung überleben konnten, hatte weitreichende Folgen“, sagt George Owttrim. Für die frühen Lebewesen auf der Erde, für die Sauerstoff giftig war, hatte zwar der starke Anstieg des Sauerstoffgehalts der Atmosphäre katastrophale Folgen. „Doch führte dieser Wandel zur Evolution der Sauerstoffatmung und der vielzelligen Organismen.“ Bisher sei jedoch rätselhaft, warum es so lange dauerte, bis sich der freie Sauerstoff in der Atmosphäre anreicherte.

Von biofilmbildenden Mikroorganismen im frühen Ozean in mineralreichen heißen Quellen war bekannt, dass sie häufig von Krusten aus Eisen und Kieselsäure umgeben und auf diese Weise vor der UV-Strahlung geschützt waren. Aleksandra Mloszewska wollte daher untersuchen, ob die vorhandenen eisen- und kieselsäurereiche Teilchen die frei im Wasser schwebenden Organismen, zu denen auch die Cyanobakterien gehören, in ähnlicher Weise schützen könnten.

Teilchen schützen nur im Schwebezustand

Für ihre Laborstudien an der Universität Tübingen und der University of Alberta wählte sie ein Meerwassermedium, das in seiner Zusammensetzung der der frühen Ozeane entsprach. Die Wirkung der UV-Strahlung auf das Wachstum der Cyanobakterien und den Grad der Strahlungsdurchlässigkeit durch das Meerwasser erhob sie mithilfe einer Kombination aus mikrobiologischen, spektroskopischen und geochemischen Methoden sowie Simulationstechniken. „Eisen kann UV-Strahlung absorbieren und so unschädlich machen. Doch in Kontakt mit freiem Sauerstoff bildet es festes Eisenoxid, das in der Wassersäule nach unten sinkt“, erklärt Mloszewska. Kieselsäure verhindere die Bildung dieser Mineralien, und die leichtere Verbindung aus Eisen und Kieselsäure bleibe längerfristig im Schwebezustand. „Diese Teilchen können tatsächlich einen gewissen Sonnenschutz für die Cyanobakterien dargestellt und sie vor den tödlichen Strahlen bewahrt haben“, sagt Andreas Kappler. „Da aber sicherlich ein Teil der Strahlung hindurchdrang, war die Ausbreitung der Bakterien dennoch eingeschränkt.“ Aleksandra Mloszewska fügt hinzu: „Selbst wenn die Bakterien ins tiefere Wasser ausgewichen wären, wo die Wirkung der UV-Strahlen reduziert war, so hätten sie mangels Sonnenlicht keine optimalen Fotosyntheseraten erreicht und wären in ihrer Produktivität eingeschränkt gewesen.“„Die neuen Erkenntnisse über den Einfluss hoher Strahlung auf der frühen Erde und die Dynamik der Sauerstoffanreicherung in unserer Atmosphäre kann man auch als Fallstudie sehen“, sagt Kappler. „Die hilft uns zu verstehen, welchen Schwierigkeiten aufkommendes Leben auf der Oberfläche von Exoplaneten mit hoher UV-Strahlung ausgesetzt wäre.“

Publikation:

Aleksandra M. Mloszewska, Devon B. Cole, Noah J. Planavsky, Andreas Kappler, Denise S. Whit-ford, George W. Owttrim, and Kurt. O Konhauser: UV radiation limited the expansion of cyanobacte-ria in early marine photic environments. Nature Communications, DOI 10.1038/s41467-018-05520-x.

Kontakt:

Prof. Dr. Andreas Kappler
Universität Tübingen
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Zentrum für Angewandte Geowissenschaften
Telefon +49 7071 29-74992
andreas.kappler@uni-tuebingen.de

Dr. Aleksandra Mloszewska
University of Toronto
Department of Earth Sciences
aleksandra.mloszewska@utoronto.ca

Prof. Kurt Konhauser
University of Alberta
Earth and Atmospheric Sciences
kurtk@ualberta.ca

Prof. George Owttrim
University of Alberta
Department of Biological Sciences
gowttrim@ualberta.ca

Pressekontakt:

Eberhard Karls Universität Tübingen
Hochschulkommunikation
Dr. Karl Guido Rijkhoek
Leitung
  
Janna Eberhardt
Forschungsredakteurin
Telefon +49 7071 29-77853
Telefax +49 7071 29-5566
janna.eberhardt@uni-tuebingen.de

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